Kontraktlogistik: Planvoll wachsen

Es war eines ihrer traditionsreichen Standbeine: Und doch hat die mittelständische Würfel-Gruppe mit Hauptsitz in Bremerhaven soeben ihr Speditionsgeschäft mit rund 70 Lkw und 1000 Jumbo-Wechselbrücken für großvolumige Ladungen an Westfalia Intralog verkauft. Die Volatilität in diesem Segment in puncto Transportbedarfe sei einfach zu hoch geworden, vor allem in der Automobilbranche, begründet Karim Gebara die Entscheidung. Als geschäftsführender Gesellschafter führt er seit 2010 gemeinsam mit Hans-Jürgen Schlausch die Geschäfte der Unternehmensgruppe. "In der einen Woche benötigen unsere Kunden 50 Prozent mehr Transportkapazitäten, in der Woche darauf 50 Prozent weniger." Letztlich habe es also nur zwei Optionen gegeben, sagt er: entweder die Jumbo-Aktivitäten aufzustocken oder aber diese zu verkaufen. Über ihre Unternehmenstöchter Garant Spedition & Logistik, Spetra Berlin und Würfel-Massong Logistik werde die Würfel-Gruppe weiterhin Teil- und Komplettladungsverkehre mit rund 200 eigenen Lkw erbringen und im speditionellen Geschäft hingegen über langjährige Speditionspartner. Wachsen über Zukäufe und Joint Ventures "Unser Fokus wird in Zukunft aber ganz klar auf der Kontraktlogistik liegen. Da wollen wir wachsen", kündigt Gebara an. Dafür investiere das Unternehmen derzeit zum Beispiel in neue Logistikflächen - wie zuletzt in der Nähe von Bremen, bei Osnabrück, und aktuell wird an dem Standort in Paderborn projektiert. Selbst gezielte Zukäufe von kleineren Branchenspezialisten und Joint Ventures mit speditionellen Marktbegleitern schließt der Geschäftsführer nicht aus, um in der Kontraktlogistik zu punkten. "Wenn uns das Know-how von Unternehmen hilft, unsere Kunden in der Kontraktlogistik noch besser bedienen zu können, können wir uns auch Übernahmen gut vorstellen - wie 2018 bei der Spedition Massong. Das muss aber von der Struktur und Philosophie gut zu uns passen." Zu schnelles Wachstum lehnt Gebara aber kategorisch ab. "Wir wollen langsam und mit Bedacht wachsen. Wir wollen uns da nicht übernehmen, um unsere Kunden optimal zu bedienen." Konkrete Wachstumsziele dafür habe sich die Würfel-Gruppe aber nicht gesetzt, auch keine Zielkundenbranchen definiert, die sie nun verstärkt angehen werde. "Angesichts der momentan vielen Unwägbarkeiten ist dies gar nicht möglich", meint er. "Außerdem sind wir als Mittelständler da auch ein gutes Stück opportunitätsgetrieben." Will heißen: Strategie sei es, aus langjährig bestehenden Kundenbeziehungen heraus Neugeschäfte in der Kontraktlogistik zu generieren. Gute Mundpropaganda sei da das A und O. Kompetenz in der gesamten Supply Chain Angst vor potenziellen Wettbewerbern in der Kontraktlogistik hat Gebara nicht. "Als Würfel-Gruppe haben wir seit vielen Jahren eine wahnsinnige Kompetenz in der gesamten Wertschöpfungskette", zeigt er sich selbstbewusst. "Da denke ich zum Beispiel an unsere Tochterfirma Garant im hessischen Ginsheim-Gustavsburg, ein Joint-Venture, das wir in der Papierlogistik schon 1995 mit der Wackler Spedition & Logistik gegründet haben." Garant bewirtschafte unter anderem für einen namhaften Papierhersteller ein 26.500 m2 Lager im Drei-Schicht-Betrieb inklusive deutschland- und europaweiter Distribution. Zudem habe Würfel Automotive in Mahndorf bei Bremen 2021 binnen nur zehn Monaten für einen Kunststofftankhersteller eine neue Lagerhalle von 2000 m2 errichtet. Dort übernehme das Unternehmen zusammen mit den Mitarbeitern dieses Kunden die Endmontage der Teile und liefere die fertigen Tanksysteme dann just-in-sequence bis ans Band des OEMs in Bremen. Und das sind nur sehr wenige Beispiele, die zeigen, wie eng die Würfel-Gruppe bereits mit Kunden in der Kontraktlogistik zusammenarbeitet, etwa im Automotive-Segment über die Würfel-Tochter Lorel Logistik in Bremen, einem seit 1996 bestehendes Joint Venture mit Bursped. Über ihre Tochtergesellschaft Lemförder Logistik in Damme verfüge Würfel sogar über Know-how in der Produktionslogistik. "Wir versorgen die Produktion mit Roh- und Halbfertigprodukten und entsorgen diese dann mit den Fertigwaren, die wir dann versenden." Dieses Know-how, das das Unternehmen in der Kontraktlogistik in jeder seiner Kundenbranchen - Automotive, Food sowie in der Chemie-, Papier- und Verpackungsindustrie - gesammelt habe, ließe sich auf jede andere Kundenbranche übertragen, ist sich Gebara sicher. Und offenbar trägt die strategische Neuausrichtung der Würfel-Gruppe schon erste Früchte: So hat das Unternehmen soeben einen Groß-Tender eines namhaften deutschen Unternehmens in der Kölner Region gewonnen, verrät Gebara. Würfel werde für diesen unter anderem eine Logistikimmobilie betreiben und das Eingangs-Handling von Überseecontainern inklusive Einlagerung, Zollabwicklung und Warenausgangssteuerung in die Produktion des Herstellers übernehmen - rund 80 zusätzliche Mitarbeiter und mehrere Millionen Euro Umsatz könnte das Neugeschäft bringen. Mehr zum Thema finden Sie unter #Kontraktlogistik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Soeben hat das mittelständische Speditions- und Logistikunternehmen Würfel-Gruppe mit Hauptsitz in Bremerhaven seinen Traditionsbereich, die Jumbo-Wechselbrücken-Sparte, an Westfalia Intralog verkauft und fokussiert sich nun verstärkt auf die Kontraktlogistik. Transport Intelligence-Studie: Kontraktlogistik wächst weiter Der globale Kontraktlogistikmarkt könnte 2022 um 7,1 Prozent (2021: + 8,7 Prozent) wachsen. Das sagt das britische Marktforschungsinstitut Transport Intelligence (TI) in der Studie "Global Contract Logistics Market Size & Forecasting, 2021 - 2026)" voraus. Das gesamte Marktvolumen in diesem Segment beziffert TI 2022 auf knapp 255 Milliarden Euro. Größter Wachstumstreiber wird 2022 der E-Commerce sein. Vom Wachstum in der Kontraktlogistik dürften 2022 laut TI weltweit alle Regionen profitieren. Der asiatisch-pazifische Raum bleibt in diesem Segment der am stärksten wachsende Markt nach Regionen. Im europäischen Kontraktlogistikmarkt erwartet TI 2022 ein Wachstum um 6,2 Prozent (2021: plus 7,3 Prozent), das sich in den Folgejahren bis 2026 im Schnitt auf 2,8 Prozent jährlich verlangsamen dürfte. eh Die Würfel-Gruppe Die Würfel-Gruppe mit Hauptsitz in Bremerhaven wurde 1946 von Heinz Würfel gegründet. Heute umfasst das Speditions- und Logistikunternehmen 17 Standorte in Deutschland und Ungarn. 2020 lag der Umsatz der Gruppe bei 142 Millionen Euro mit 1600 Mitarbeitern. Neue Zahlen liegen nicht vor. Würfel verfügt über 200 eigene Lkw und 258.000 m2 Lagerfläche. eh

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