Ausnahmezustand in Italien – das war die Meldung der vergangenen Woche und noch ein echter Aufreger kurz vor Jahresende. Mehrere Transportverbände hatten zum Streik aufgerufen und ihre Drohung wahrgemacht. Vier Tage lang blockierten aufgebrachte LKW-Fahrer wichtige Autobahnen und Zugangsverbindungen um die Städte und trieben so in kürzester Zeit eine ganze Nation in den Verkehrskollaps. Erst nachdem die Regierung Entgegenkommen bei den Spritpreisen signalisiert hatte, bröckelte die Streikfront und entließ das Land aus seiner Geiselhaft. Die Geschichte lässt sich so oder so lesen. Die Einen spenden Applaus und freuen sich über den vermeintlichen Sieg der italienischen Transporteure, die offenbar geschafft haben, was die Lokführer hier zu Lande nicht geschafft haben: ein Land ins Chaos zu stürzen. Mancher ist ob dieser Genugtuung gar versucht, es den Italienern gleichzutun. Man stelle sich vor: LKW-Streik in Deutschland, nichts geht mehr, leere Regale in den Supermärkten und kein Sprit an den Zapfsäulen. Doch Vorsicht, so einfach ist die Geschichte nicht. Der Streik in Italien war vor allem ein Streik der „kleinen Transportunternehmer“. Beileibe nicht alle Verbände haben den Ausstand mitgetragen, schon gar nicht die gro-ßen Speditionen. Es war deshalb vor allem ein Streik der Verzweifelten, derjenigen, die in einem ruinösen Preiswettbewerb das Nachsehen haben und ums nackte Überleben kämpfen. Entsprechend verheerend war das Bild nach außen: Messerstecher und Reifenschlitzer werden in der Erinnerung haften bleiben. Am Ende gelang es der Regierung, die Streikfront in Einzelverhandlungen auseinanderzudividieren und mit unverbindlichen Zusagen zu besänftigen. Ein echter Verhandlungserfolg sieht anders aus – dies war ein nutzloser Akt der Ohnmacht. Dietmar Winkler Redakteur
Kommentar der Woche: Die pure Ohnmacht
VR-Redakteur Dietmar Winkler analysiert das Thema der Woche