Interview der Woche

Interview der WocheWofür soll der Bund sein knappes Geld ausgeben?SPD und Grüne haben Konzepte zur künftigen Infrastrukturpolitik vorgelegt. Was halten Sie von den Ideen?Ich freue mich darüber, dass das Thema hohe Priorität bekommen hat. Einige der grundsätzlichen Ideen des Deutschen Verkehrsforums wurden in den Konzepten der Opposition, aber auch der Regierungsparteien und des Bundesverkehrsministeriums aufgegriffen. Wir sehen vier Säulen als Grundlage für Infrastrukturpolitik: Effizient investieren, nachhaltig finanzieren, zügig realisieren und aber auch mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur. Sowohl im Vorschlag der Grünen als auch der SPD sind richtigerweise Elemente enthalten, die auf Engpassbeseitigung und Priorisierung der Mittel zielen.Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer plädiert für Erhalt vor Neubau. Findet dies Ihre Unterstützung?Wir brauchen beides, deshalb heißt es Erhalt vor Neubau und nicht Erhalt statt Neubau. Wir haben in Deutschland ein sehr gutes Verkehrsnetz. Dieses muss gepflegt werden. In den letzten Jahren wurde der Erhalt vernachlässigt, dies macht sich beispielsweise am Zustand der Brücken und den vielen Schlaglöchern auf den Straßen bemerkbar. Wofür soll der Bund sein knappes Geld ausgeben?Wir brauchen Investitionen in erster Linie dort, wo die meisten Verkehrsströme laufen und die größte Entlastung erzielt wird. Das sind für alle Verkehrsträger die großen Nord-Süd- und Ost-West-Magistralen – etwa die Rheintalstrecke für die Schiene oder die Autobahn A 8. Hier müssen Engpässe beseitigt werden. Und ganz wichtig: Bei der Priorisierung muss der Güterverkehr stärker berücksichtigt werden als in der Vergangenheit.Müssen sich die Länder von Projekten verabschieden, die national keine Bedeutung haben?Der Bundesverkehrswegeplan ist derzeit unterfinanziert und überfrachtet. Deshalb fordern wir, Projekte von nationaler und regionaler Bedeutung zu definieren und dafür getrennt Geld bereitzustellen. Der Länderproporz lässt sich nicht völlig abschaffen, aber mit dieser Lösung würde er zumindest begrenzt. Ich plädiere zudem für einen radikalen Neuanfang: Die Projektlisten des Bundesverkehrswegeplans müssen komplett neu aufgesetzt werden. Das wird nicht nur auf Gegenliebe stoßen, denn einige derzeit als vorrangig eingestuften Baumaßnahmen würden sicher nicht mehr berücksichtigt.Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass Sie einer zusätzlichen Nutzerfinanzierung zustimmen?Der effiziente überjährige Einsatz des Geldes muss sichergestellt sein. Zudem muss der Bund seine Investitionen erhöhen, die sogenannte Investitionsquote ist seit 1998 von damals 13 auf heute 8 Prozent gesunken. Zwei wesentliche Grundvoraussetzungen sind derzeit nicht erfüllt: Die Nutzereinnahmen müssen zusätzlich in den Verkehrsetat fließen und langfristig für den Verkehrsbereich zweckgebunden werden. Deshalb lehnen wir derzeit zusätzliche Lasten für Verkehrsteilnehmer, etwa die Ausweitung der LKW-Maut oder eine PKW-Maut, ab. ❙❚■ Sebastian BolligThomas Hailerwar Redakteur bei der Augsburger Allgemeinen Zeitung und später Brüsseler Korrespondent der VerkehrsRundschau. Von 1996 bis 2001 leitete er die Vertretung des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung in Brüssel. Seit 2002 ist Thomas Hailer Geschäfts-führer des Deutschen Verkehrsforums in Berlin. sbNachgefragt beiKünftige InfrastrukturpolitikDie Folgen der Finanz- und der anschließenden Eurokrise haben zu einem Wandel in der Verkehrspolitik geführt. Nicht nur Peter Ramsauer an der Spitze des Verkehrsministeriums, sondern auch den Politikern der Oppositionsparteien SPD und Grünen ist klar geworden, dass das knappe Geld möglichst effektiv in die Verkehrswege investiert werden muss. Dass der Fokus auf den Erhalt der Infrastruktur und ein Kernnetz gerichtet werden muss, ist fast parteiübergreifend Konsens geworden. sbum was es geht

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