Interview

Interview VitaHubertus Kobernuß Hubertus Kobernuß leitet die Spedition Kobernuss, Uelzen, die 1984 als Transportunternehmen für landwirtschaftliche Produkte gegründet worden war. Die Flotte besteht aus 90 Euro-5-Fahrzeugen. Er ist außerdem Vorstandsvorsitzender der Transfrigoroute Deutschland, dem Verband für temperaturgeführte Transportlogistik. bbBlick nach vorne: Hubertus Kobernuß im Gespräch mit VerkehrsRundschau-Chefredakteurin Birgit Bauer Der UmsteigerWie bei jeder neuen Abgasnorm möchte die Transportbranche vor der offiziellen Einführung auch von Euro 6 nur wenig wissen. Warum er das anders sieht, erklärt Hubertus Kobernuß im Verkehrs-Rundschau-Interview.In der Transportbranche tut sich Euro 6 schwer, begeisterte Anhänger zu finden, vor allem wegen der zu erwartenden Mehrkosten. Sie stehen hier auf einem anderen Standpunkt.Hubertus Kobernuß: Ich werde Euro-6-Fahrzeuge bestellen, sobald das möglich ist. Die Abgasnorm ist politisch gewollt und wird ohnehin 2014 eingeführt.Aber was ist Ihre Motivation für diese Entscheidung?Ich glaube, dass diese Fahrzeuge in vier Jahren einen besseren Rückgabepreis erzielen werden als die Euro-5-Fahrzeuge. Dann wird Euro 6 Standard sein. Außerdem: Unser Gewerbe steht im Fokus der Öffentlichkeit. Sie und meine Kunden erwarten von dem, der eine Umweltverschmutzung mit seiner Arbeit produziert, eine ganzheitliche Betrachtung seiner Arbeit unter ökologischen Gesichtspunkten. Das bedeutet auch, bestmögliches ökologisches Arbeitsgerät einzusetzen. Das wird nun mal Euro 6 sein. Nicht zu vergessen ein künftig wichtiger wirtschaftlicher Aspekt: Egal welche Parteien ab 2013 die Regierung stellen, die Maut wird steigen, für Euro-5- wahrscheinlich stärker als für Euro-6-Fahrzeuge. Die Politiker denken in die Zukunft, genau wie ich als Unternehmer. Für Euro 6 werden acht- bis zwölftausend Euro mehr aufgerufen. Sie müssen doch auch mit spitzen Fingern rechnen? Wenn man die Fördermöglichkeiten mitnimmt und anschließend einen Fahrer auf das Fahrzeug setzt, der in der Lage ist, ökologisch und ökonomisch zu fahren, wird es meiner Meinung nach zu überschaubaren Mehrkosten kommen. Das hängt natürlich auch davon ab, wie man mit dem Lieferanten verhandelt – und es kommt darauf an, wie der Hersteller die Nachteile des Euro-6-Motors kompensiert. Außerdem gibt es ja noch keine Preislisten. Ende Juni werden wir wissen, wo wir landen.Und das reicht, um relativ kostenneutral arbeiten zu können?Wir spekulieren über Zahlen, die noch nicht feststehen. Wenn die Verkaufspreise veröffentlicht sind, verhandeln wir die neuen Leasingraten mit den Herstellern. Ich glaube, dass Euro-6-Fahrzeuge im Betrieb nicht teurer sind als meine Euro-5-Fahrzeuge heute. Da wir im Lebensmittelbereich tätig sind, erwarten Auftraggeber und Empfänger der Ware, dass wir ein ökologisches Empfinden besitzen und ökologische Verbesserungen wie Euro 6 auch einsetzen. Die kaufmännische Seite muss in diesem Fall für einen überschaubaren Zeitraum auch mal ein Stück zurücktreten. Außerdem sagen mir einige Hersteller, ihre Euro-6-Fahrzeuge würden – je nach Topografie des Einsatzes – etwas weniger verbrauchen als die aktuellen Euro-5-Fahrzeuge. Wie sehen das die Auftraggeber?Wir haben die Akzeptanz der Kunden. Sie erwarten unter dem Begriff grüne Logistik eine gesamtheitliche Vorgehensweise im Unternehmen, die Ressourcenschonung und Reduktion der Emissionen einschließt. Schließlich setzen sie uns ein, obwohl wir teilweise eine höhere Fracht verlangen – und bekommen – als der Wettbewerb. Wenn die Kunden sich mit unserer Philosophie identifizieren können, ist das auch ein wichtiges Bindungsinstrument. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und in der Politik beruht nicht immer auf sachlichen und rationalen Aspekten, sondern oft auf emotionalen. Dem muss ich im gewissen Umfang Recht zollen. Das mag dem einen oder anderen betriebswirtschaftlich und kaufmännisch als schwachsinnig erscheinen. Aber man muss dieses Feld eben ganzheitlicher betrachten, als es viele Kollegen heute tun. Ich möchte an die Diskussion Euro 3, Euro 5 erinnern. Als ich Euro 5 gekauft habe, haben viele Kollegen noch an Euro 3 festgehalten, weil es günstiger war. Als es dann zu einer veränderten Mauthöhenverordnung kam, ging das große Jammern und Zähneklappern los. Letztendlich hat sich erwiesen, dass meine Kaufentscheidungen hinsichtlich der Technik bisher nicht falsch gewesen sind.Bedeutet das, die Kunden zahlen Ihnen mehr, weil Sie Euro 6 fahren?Wenn ich eine teurere Technik anschaffe, weil ich diese Philosophie vertrete, ist das meine Sache. Dafür mach ich meine Auftraggeber nicht haftbar. Aber wenn mein Kunde im Rahmen der Verhandlungen auch dieses Teil des Bildes, das ich als Logistiker darstelle, akzeptiert und sagt, es passe genau an seine Wand, weil es farbig und flexibel ist, dann will er mich und dann zahlt er auch dafür. Das ist eine individuelle Sache zwischen zwei Partnern. In zwei Jahren ist die Diskussion darüber sowieso obsolet.Welchen Unternehmen würden Sie raten, Euro 6 anzuschaffen?Unternehmen, die in komplexen Systemen arbeiten, die in einer logistischen Kette in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Ich empfehle es denen, die mit Kunden und Auftraggebern zu tun haben, die selber eine Grüne-Logistik-Diskussion führen und im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Logistik findet vorwiegend auf der Straße statt. Wer Transport auf der Straße organisiert und durchführt, der muss überlegen, was er dazu beitragen kann, in der Öffentlichkeit eine Meinungsänderung über unsere Branche im positiven Sinne herbeizuführen. Dazu gehört es auch, die bestmögliche Schadstoffklasse einzusetzen. Auch wenn sie sachlich gesehen hirnrissig ist.Was ist mit dem zusätzlichen Gewicht?250 Kilogramm verliere ich auch, wenn ich größere Tanks einbaue oder Ersatz-teile mitnehmen muss. 250 Kilogramm Nutzlast spielen im Tagesgeschäft bei den Produkten, die wir befördern, nur bedingt eine Rolle. Im Gefahrgutbereich beispielsweise oder bei Silo- und Tankfahrzeugen ist das anders zu sehen. Wieso eigentlich Ihre generelle Entscheidung für Leasing?Ich habe über 48 Monate einen fixen Kos-tenblock, der Wartung und Reparaturen einschließt. Den kann ich aus jetziger Sicht eines knapp kalkulierenden Kaufmanns rechtfertigen. Ich bin aufgrund meines Betriebsergebnisses nicht in der Lage, überhaupt eine andere Konstruktion zu wählen: Ich kann keine Finanzierung machen, bei der Raten und Abschreibung wesentlich höher sind als eine Leasingrate. Und ich kann nicht das Risiko eingehen, dass ich ab einer bestimmten Laufzeit das Fahrzeug weiter betreibe, weil dann der Reparaturaufwand wesentlich höher wird. Unsere Kundschaft zwingt uns zur Pfennigfuchserei. ❙❚■ Birgit Bauer, Eva HassaInterview

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