Im Umbruch

Hildegard Müller, neue Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), nimmt ihre Aufgabe ernst. Das zeigte ihr Auftritt auf dem 8. Forum Automobillogistik in Leipzig, das der VDA wieder gemeinsam mit der Bundesvereinigung Logistik (BVL) veranstaltete. Die Logistikkosten werden steigen "Die Politik muss die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen", forderte Müller in ihrem Vortrag eindringlich, "damit die deutsche Automobilindustrie ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit steigern und die für die Transformation nötigen Investitionen vornehmen kann." Denn sicher sei: "Wir müssen kurz- und mittelfristig den CO2-Ausstoß massiv senken und langfristig CO2-frei werden." Die Branche habe sich zu den Zielen von Paris ja eindeutig verpflichtet, betonte die VDA-Präsidentin. Die Aussagen auf dem Forum zeigten: Die Automobilindustrie macht ernst in Sachen Nachhaltigkeit. So will der Volkswagen Konzern in der Logistik bis 2025 den CO2-Ausstoß um 30 Prozent reduzieren und strebt bis 2050 sogar völlige CO2-Neutralität an. Das kündigte Thomas Zernechel an, Leiter der Volkswagen-Konzernlogistik. So sei der Volkswagen-Konzern heute schon bei der Bahn in Deutschland, Österreich, Tschechien und die Niederlande mit nachhaltigem Strom unterwegs und setze zum Beispiel LNG-Lkw und Lkw mit Garbage Fuel ein. Außerdem werde Volkswagen voraussichtlich im April zwei RoRo-Schiffe mit LNG-Antrieb für die Automobil-Distribution einsetzen. Diese hängen aber wegen des Coronavirus noch in China fest. Fest steht auch: Diese Anstrengungen kosten Geld. "Die Logistikkosten werden durch den Kapazitätsmangel und die Dekarbonisierung deutlich steigen, wenn die Prozesse so bleiben, wie sie heute sind", mahnte Zernechel. Er meint sogar, dass die Logistikkosten in Europa bald höher sein könnten als die Fertigungskosten. Denn während die Logistikkosten steigen, würden die Kosten der Fertigung wohl eher stabil bleiben. Lieferanten näher an die Produktion Und diese Entwicklung werde natürlich auch die Prozesse ändern, zeigte sich Zernechel überzeugt. "Wir müssen deshalb noch stärker da produzieren, wo der Markt ist", betont er. Und im nächsten Schritt werde sich durch die steigenden Logistikkosten auch das Netzwerk Produktion, Logistik und Lieferanten verändern. Der Logistikchef wörtlich: "Die Lieferanten werden wieder näher an die Produktion heranrücken." Die OEM müssten vor ihren Produktionswerken also entsprechend Fläche vorhalten, um dort wieder eine Lieferantenansiedlung zu ermöglichen. Das bleibt nicht ohne Folgen für die Transportwege und die Dienstleister, die die Transporte abzuwickeln haben. Und die Einschnitte könnten sogar noch größer werden. Darauf verwies Erik Wirsing, Vice President Global Innovation von Schenker in Frankfurt/Main, der in seinem Vortrag auf die Chancen, aber auch auf die Risiken einging, die sich für Logistikdienstleister aus den Möglichkeiten des 3D-Drucks ergeben. Wirsing: "Das Schlimmste für einen Logistiker ist, wenn alles schon da ist, wo es sein soll." Sprich: Wenn der Kunde ein nötiges Teil bei Bedarf selbst ausdrucken kann, braucht es dafür keine Transporte mehr - für ein Unternehmen für Schenker quasi der Super-Gau. Noch spreche man hier von "homöopathischen Mengen", die im 3-D-Druck hergestellt werden. Doch für die Kunden werde dieses Thema wichtiger. Deshalb sei Schenker schon vor Jahren in die additive Fertigung eingestiegen und biete Kunden eine Lösung. "Die Serienproduktion ist derzeit nicht das Ziel", betonte er. "Wir drucken aber Teile, die es nicht mehr gibt." Alles das zeigt: Die Automobilindustrie ist im Umbruch und mit ihr die traditionellen Lieferketten und Logistikkonzepte. Fest steht aber auch: Die Digitalisierung wird den Unternehmen durch die entsprechende Bereitstellung von Informationen massiv helfen. In Kürze Welche Trends gewinnen an Bedeutung, welche Aufgaben stehen in der Automobillogistik an? Dies diskutiert das Automobillogistikforum jedes Jahr mit Herstellern, Zulieferern und Dienstleistern. Mega-Themen in diesem Jahr: Decarbonisierung und Digitalisierung. Beides wird die Logistikkosten maßgeblich verteuern.

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