IAA-Nutzfahrzeuge-Symposium

IAA-Nutzfahrzeuge-SymposiumUnsicherheiten beigeballter LadungDie Ladungssicherung von Altpapierballen sorgt regelmäßig für Diskussionsstoff. So auch auf der IAA Nutzfahrzeuge 2012. Auf dem Symposium von BGL und VDA veranschaulichten Experten die Probleme mit dem Transportgut und kündigten eine Verladeempfehlung an.Wie die Ladungssicherung für Altpapier auszusehen hat, darüber scheiden sich bei Kontrollen oft die Geister. Im Rahmen des Symposiums „Ladungssicherung: Aus der Praxis für die Praxis“ informierten sich auf der 64. IAA Nutzfahrzeuge 2012 in Hannover deshalb rund 250 Teilnehmer unter anderem über die neuesten Erkenntnisse zur Ladungssicherung der zugleich in sich stabilen und doch losen Altpapierballen.„Die Vielfalt der Transportgüter mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften erfordert es, individuelle Verladevorschriften für die Ladungssicherung in Abhängigkeit von den jeweiligen Fahrzeugen zu erstellen“, erklärte BGL-Vizepräsident Klaus Peter Röskes bei der Begrüßung der Messebesucher. Dass es nicht immer einfach ist, solche Regeln auszuarbeiten, veranschaulichten anschließend Experten der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) und der Dekra.Profis erarbeiten VerladeempfehlungBei der BG Verkehr arbeitet André Schemel seit 2009 zusammen mit Kollegen und unter Mitwirkung der Transportlogistikverbände an einer Verladeempfehlung für Altpapierballen. Diese soll noch in diesem Jahr erscheinen. „Um Anweisungen für die Ladungssicherung geben zu können, brauchten wir erst einmal eine Bestandsaufnahme“, erläuterte er. „Wir mussten uns also anschauen, wie die Altpapierballen in der Praxis gefahren werden und welche Zurrmittel dabei zum Einsatz kommen.“Im Laufe seiner Recherche stieß Schemel auf physikalische Besonderheiten, welche die Ladungssicherung von Altpapierballen erschweren: Die größte Herausforderung besteht darin, dass sie sehr unterschiedlich sind. „Je nachdem, wie dicht das Papier gepresst worden ist und aus wie vielen Lagen der Ballen besteht, schwanken Maße und Masse“, sagte Schemel. Zwischen 350 und 600 Kilogramm wiege ein solcher Ballen demnach. Fast jeder sei anders beschaffen, denn es gebe 67 Sorten von Altpapier.„Wer Altpapierballen sicher transportieren will, muss wissen, wie sie verpresst, verpackt und verladen sind“, sagt Schemel. Es geht also darum, welche Maße sie haben, wie die Bindedrähte positioniert sind, aus welchen Sorten sie zusammengesetzt sind, und ob sie längs oder quer gestapelt und verladen werden. „Wenn man die Eigenschaften des Transportgutes nicht kennt, sollte man bei der Ladungssicherung von der größtmöglichen Masse pro Ballen ausgehen beziehungsweise die Ladung wiegen“, rät der Experte der BG Verkehr.Gleitreibbeiwert ist nicht einheitlichUm verhindern zu können, dass Altpapierballen auf der Ladefläche verrutschen oder kippen, muss man deren Gleitreibbeiwert kennen. Laut Schemel gibt es allerdings keinen einheitlichen Reibungswiderstand, da die Oberflächenstruktur des Transportgutes nie gleich ist. „Einmal ist es Zeitungspapier, einmal Pappkarton – hinzu kommt, dass die Ballen je nach Witterung leichter oder schwerer sind, weil sie Feuchtigkeit aufnehmen.“ Er empfiehlt Unternehmern, die unterschiedliche Güter transportieren und die Eigenschaften von Altpapierballen nicht aus Erfahrung oder Fahrversuchen kennen, bei der Ladungssicherung analog zu Baustahlmatten auf Holz von einem Gleitreibbeiwert von 0,2 auszugehen.Komplizierter ist die Berechnung der Reibungskräfte, wenn sich die Altpapierballen türmen. „Durch Verpressung und Umreifung sind einzelne Ballen zwar in sich stabil, unterschiedliche Maße und Oberflächen erschweren aber das Zusammenstellen größerer Ladeeinheiten“, sagt Schemel.Welche Eigendynamik mehrere Stapel an Altpapierballen im Auflieger entwickeln können, weiß Wolfgang Bühren nur zu gut. „Die in sich gesicherten Stapel kippen bei Bremsmanövern an und beginnen zu rutschen“, so der Sachverständige der Dekra. Auf dem IAA-Nutzfahrzeuge-Symposium des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) berichtete er vom Versuch, verschiedene Altpapiersorten in bestimmte Klassen zusammenzufassen und daraus Anforderungen an die Ladungssicherung abzuleiten. Als Basis hierfür stellte er die Messergebnisse aus Fahrversuchen auf dem Testgelände der Prüfgesellschaft in Bielefeld vor.Ein Zurrgurt genügt laut DekraBei Tests mit gemischtem und geschreddertem Altpapier ist die Dekra zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ballen bei Fliehkräften von über 0,4 zu kippen und dann zu rutschen beginnen. „Da die Transportgüter hinterher nicht wieder ihre ursprüngliche Form annehmen, muss man zusätzliche Hilfsmittel einsetzen – zum Beispiel Antirutschmatten.“ Das rutschhemmende Material sollte laut Bühren aber für Altpapiertransporte geeignet sein. „Ist das nicht der Fall, spielt es auch keine Rolle, ob man mit einem, zwei oder drei Gurten niederhält – das Altpapier bewegt sich trotzdem.“Der Experte hält eine Klassifizierung der Altpapiersorten für möglich, sofern in Aufbaulängsrichtung formschlüssig geladen wird. „Das heißt so, dass die gesamte Stirnwand des Aufliegers mit der ersten Ballenreihe belastet ist“, sagt Bühren. Weitere Voraussetzungen seien, dass der Fahrzeugboden schmierfrei und die formstabilen Ballen trocken sind, und dass ganz unten im Stapel trockene Ballen liegen, die einen Gleitreibbeiwert von 0,45 erlauben und die Gleitreibbeiwerte der formstabilen Ballen untereinander sich im Bereich von 0,45 bis zu 1,57 (Widerstandsbeiwerte) bewegen.Trotz Einhaltung des Formschlusses müsste das Transportgut zusätzlich durch Zurrgurte gesichert werden, betonte Bühren. Um eine Ballenstapelreihe zu festigen, empfahl der Sachverständige einen Zurrgurt, der einmalig nach der Beladung mit über 350 Dekanewton vorgespannt wird. „Das Einschneiden des Gurtes in die Ballenkante ist dabei durchaus gewollt“, erklärte der Experte. Es trage zur Sicherheit bei. Auch bei lastverteilungsbedingter ein- und mittelreihiger Ballenstapelung bei einer vollflächigen Belastung der Stirnwand genüge ein Niederhaltegurt. ❙❚■ André GießeIm Rahmen einer Fahrzeugpräsentation wurde auf der IAA die Ladungssicherung von Altpapierballen gezeigtLadungssicherung: Aus der Praxis für die PraxisAuf der IAA Nutzfahrzeuge 2012 unterstrichen der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) und der Verband der Automobilindustrie (VDA) den hohen Stellenwert, den sowohl die Transportlogistikunternehmer als auch die Hersteller von Fahrzeugen, Anhängern und Aufbauten der Ladungssicherung beimessen. Die gemeinsame Veranstaltung im Rahmen der Messe fand bereits zum sechsten Mal statt. Inzwischen ist sie ein wichtiges Diskussionsforum für die Sicherheitsthemen rund um das Nutzfahrzeug und hat sich als Gradmesser für technische Innovationen und neue Methoden im Bereich der Ladungssicherung bewährt. agIAA-Nutzfahrzeuge-Symposium

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