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HHLA will Slot-Management für LKW einführen

07.08.2014 10:28 Uhr
HHLA will Slot-Management für LKW einführen
HHLA-Vorstand Stefan Behn benennt eine ganze Reihe von Faktoren, die zu Abfertigungsproblemen am Burchardkai geführt haben
© Foto: HHLA

Stefan Behn, der als HHLA-Vorstand für das Segment Container verantwortlich ist, erklärt, was die Ursachen für die Abfertigungsprobleme in Hamburg sind und wie man ihnen begegnet.

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Haben Sie den Hamburger Hafen nicht im Griff?
Stefan Behn: Der Hamburger Hafen besteht ja nicht nur aus der HHLA. Wir als HHLA haben unsere Anlagen im Griff. Dazu zählen allein drei große Containerterminals: Burchardkai, Altenwerder und Tollerort. Kurzfristig hatten wir ausschließlich am Burchardkai größere Probleme. Aber die dortige Lage hat sich seit längerer Zeit schon wieder normalisiert.

Was waren die Ursachen dafür?
Der Hauptgrund ist die überraschend gute Buchungslage vor allem in Ostasien: Wir haben derzeit mehr Mengen, als wir alle erwartet haben. Sofern ich das beobachten kann, sind auch die Kaimauern der Eurogate hier in Hamburg sehr gut gefüllt.

Waren die Mengen die einzigen Ursachen für die Probleme?
Nein. Hinzu kam die Verweildauer der Container im Hafen, die sich deutlich erhöht hat. Das liegt daran, dass einige Reeder – nicht alle – mit deutlichen Verspätungen zu kämpfen haben. Zum Teil sind das im Durchschnitt 70 Stunden und mehr. Dadurch ist die Verweildauer der Exportboxen stark gestiegen. Welche Folgen das hat, verdeutlicht folgendes Beispiel: Wenn sich auf dem Terminal Altenwerder mit einer Jahreskapazität von 3 Millionen TEU die Verweildauer um einen Tag verlängert, heißt das bei Vollauslastung 200.000 TEU weniger in der Jahreskapazität. Unser zweites Problem: Die Zahl der Container pro Anlauf ist bei den großen Containerschiffen in den letzten vier, fünf Jahren von 4000 auf 6000 bis 7000 Boxen gestiegen. Wenn sich der Eingang solcher Mengen zudem verzögert, bedeutet das für jeden Hafen der Welt ein Problem. Schiffsverspätungen führten auch an den übrigen großen Nordrange-Häfen zu Staus, zum Beispiel in Rotterdam.

Warum ist vor allem der Burchardkai betroffen?
Zum einen ist es die größte Anlage. Zum anderen konnten an einem Wochenende im Bahnverkehr in der Tat zwei Schichten nicht arbeiten, weil uns Personal aus Krankheitsgründen im Leitstand gefehlt hat. Dieses Personal lässt sich nicht so ohne weiteres ersetzen, da man dafür spezielles Know-how und entsprechende Befugnisse benötigt. In einer Schicht schlagen wir zwischen 1200 und 1500 Container um. Das entspricht 10 bis 15 Zügen. Wenn die nicht abgefahren werden, entsteht natürlich ein Problem.

Aber auch in der LKW-Abwicklung lief nicht alles rund.
Richtig. Uns hat die Sperrung von zwei Röhren im Elbtunnel über zweieinhalb Monate zu schaffen gemacht. Das hat Rückstaus verursacht, unter denen die Trucker gelitten haben. Das liegt aber auch daran, dass wir kaum Möglichkeiten haben, zeitlich auszuweichen. Die verladende Wirtschaft hält daran fest, ab Freitag mittag ihre Läger zu schließen. Uns wäre auch sehr geholfen, nach 19.00 Uhr auszuliefern, da wir unsere Terminals 24 Stunden an sieben Tagen die Woche geöffnet haben. Doch auch da spielt ein Großteil der verladenden Wirtschaft nicht mit.

Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, dass sich solche Staus nicht wiederholen?
Natürlich bereiten wir uns schon seit Langem auf die großen Schiffe vor. So nehmen wir im August einen neuen Großschiffsliegeplatz in Betrieb, an dem wir auch 18.000-TEU-Schiffe abfertigen können. Außerdem werden wir jetzt nochmals 50 neue Mitarbeiter einstellen, um diese Mengen besser abwickeln zu können. Wir werden für den Hafen einen Rail-Operations-Manager bekommen. Dieser Mitarbeiter der DB Netz soll den Bahnverkehr koordinieren. Und wir wollen an der LKW-Abfertigung ein Slotmanagement einführen: Wir werden Zeitscheiben vergeben. Wer keinen Slot findet, muss sich dann anders organisieren. Wir hoffen, dadurch die unkontrollierte Staubildung zu vermeiden.

Da werden die Trucker nicht begeistert sein.
Das müssen wir abwarten. Wir wollen damit versuchen, die Nachfrage zu glätten. Ohne Zweifel ist die Maßnahme ein Eingriff. Sie bewirkt aber, dass Wartezeiten vermieden werden.

Sind Kunden oder Reeder abgesprungen aufgrund der Probleme?
Wir können das nicht feststellen. Wir schlagen allerdings auch 400.000 Container im Monat um und ich will nicht ausschließen, dass der eine oder andere umgeroutet hat und wir das nicht erfahren haben. Aber mir ist kein Unternehmen bekannt, das Hamburg aufgrund der zuletzt aufgetretenen, mittlerweile aber wieder behobenen Probleme den Rücken gekehrt hat.

Es kommen immer größere und immer mehr große Schiffe in den Markt. Müssen Sie nicht befürchten, dass die Abfertigungsprobleme früher oder später wieder auftauchen?
Das kann man nicht ausschließen. Aber mit dem Problem haben alle größeren Häfen zu kämpfen. Die Abwicklung funktioniert jedoch, solange die Schiffe gemäß Fahrplan laufen. Die Fahrplaneinhaltung ist das oberste Gebot. Erst recht, weil es nämlich ein Unterschied ist, ob sich 2000 Container oder 6000 Container verzögern. Das lässt sich dann immer schwerer auffangen.

Kann es sein, dass der Hafen an seine Kapazitätsgrenze stößt?
Es kommt immer auf die Reaktionszeiten an. Wenn innerhalb eines halben Jahres die Mengen um 25 Prozent steigen, kann das problemlos wahrscheinlich kein Hafen der Welt bewältigen. Aber der hiesige Hafenentwicklungsplan geht davon aus, dass Hamburg weit über 20 Millionen TEU umschlagen kann. Zu dieser Aussage würde ich heute immer noch stehen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass die Verweildauer der Container wieder auf ein normales Maß zurückkehrt und die Schiffe wieder im Fahrplan fahren.

Der Hamburger Spediteursverband VHSp hat sich mit einem 12-Punkte-Plan zu Wort gemeldet. Was halten Sie von den Vorschlägen?
Darin finden sich viele gute Ansätze. Beispielsweise unterstützten wir die Forderung, die Abfuhr in die Rand- und Nachtzeiten zu verlegen. Einige Unternehmen nutzen dies auch bereits.

Befürworten Sie die Einrichtung einer Fast-Lane für Trucker?
Das sehen wir skeptisch, weil das einen Eingriff in die Terminalorganisation bedeutet. Wir haben seitens der Trucker auch immer wieder vernommen, dass alle gleich behandelt werden sollen und es nur Ärger geben würde, sollten einige Unternehmen bevorzugt behandelt werden.

 

Das Interview führte VR-Redakteur Michael Cordes

 

Hintergrund:

Züge, die nicht abgefertigt werden. LKW, die sich im Hafen stauen. Diese Abfertigungsprobleme vor allem am Burchardkai der HHLA haben große Wellen geschlagen: Es gab einen Krisengipfel mit dem Hamburger Hafensenator Frank Horch und dem Chef der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube. Und auch der Verband der Hamburger Spediteure (VHSp) hat sich mit einem Zwölf-Punkte-Plan zu Wort gemeldet. (cd)

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