Güterkraftverkehrsgesetz

GüterkraftverkehrsgesetzNeue Spielregeln für den BerufszugangAm 4. Dezember tritt die EU-Berufszulassungsverordnung in Kraft, die auch Änderungen des Güterkraftverkehrsgesetzes nach sich zieht. Unternehmen müssen unter anderem einen Verkehrsleiter benennen. Änderungen ergeben sich jedoch auch in anderen Bereichen. Die Verunsicherung unter den Unternehmern ist derzeit groß. Jeder hat schon etwas gehört, doch keiner weiß etwas Genaues. Nur so viel ist klar: Zum Jahresende tritt eine EU-Verordnung in Kraft, die auch Änderungen des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) nach sich zieht. Unternehmen sollen dann unter anderem einen Verkehrsleiter benennen müssen. Schwer zu durchblicken ist das Ganze, weil hier europäische und deutsche Vorschriften ineinander greifen. Die Änderung des GüKG wird notwendig, weil die Berufszugangsverordnung (EG) 1071/2009, die die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers regelt, am 4. Dezember 2011 Gültigkeit erlangt. Sie wurde von der Europäischen Union zusammen mit der Marktzugangsverordnung (VO (EG) 1072/2009) und der Verordnung über den Zugang zum Markt des Straßenpersonenverkehrs (VO (EG) 1073/2009) als sogenanntes Road Package auf den Weg gebracht und im Amtsblatt der Europäischen Union bereits Ende 2009 veröffentlicht.Zwar entfalten Europäische Rechtsverordnungen anders als Richtlinien unmittelbare Wirkung, müssen also nicht extra umgesetzt werden. Die Anpassung des nationalen Rechts ist allerdings dennoch nötig. Denn ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens müssen einerseits alle Anforderungen, die die Verordnung an die nationale Verwaltung stellt, auch praktisch erfüllt sein. Zum anderen muss die Legislative die Spielräume, die die Verordnung ihr lässt, ausfüllen.Es wird keinen rechtsfreien Raum gebenDer Zeitplan für den deutschen Gesetzgeber ist somit eng gesteckt. Die Bundesregierung hat am 15. April 2011 den Entwurf für ein Gesetz zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und des Personenbeförderungsgesetzes vorgelegt. Er muss nun den parlamentarischen Weg durch den Bundestag nehmen. „Sollten die deutschen Normen nicht rechtzeitig angepasst werden, wird es jedoch keinen rechtsfreien Raum geben“, erklärt Sabine Lehmann, stellvertretende Geschäftsführerin der Abteilung Verkehr und Logistik der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. „Die EU-Verordnung gilt direkt. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Vorschriften für den Güterkraftverkehr pünktlich da sind.“Wenn die neuen Vorschriften in Kraft treten, kommen auf Transport- und Logistik-unternehmer zahlreiche neue Regelun-gen zu. So müssen Unternehmen ab dem 4. Dezember zwingend einen Verkehrs-leiter benennen. Er muss die Verkehrstätigkeit des Unternehmens tatsächlich und dauerhaft leiten und in einer echten Beziehung zum Unternehmen stehen, beispielsweise als Anteilseigner, Geschäftsführer oder leitender Angestellter. So sieht es Artikel 4 Absatz 1 der EU-Verordnung vor. Diese Position kann der Unternehmer selbst einnehmen oder einen Mitarbeiter beschäftigen. „Wer auch immer die Position übernimmt – er muss fachkundig sein“, erklärt IHK-Expertin Lehmann. Und sie stellt auch noch einmal klar: „Diese Regelung gilt nur für den gewerblichen Güterkraftverkehr, nicht für Unternehmen, die ausschließlich im Werkverkehr fahren.“Neu: der externe VerkehrsleiterEinig sind sich die Experten darin, dass sich im Hinblick auf die Funktion des Verkehrsleiters für Unternehmer nicht viel ändern dürfte. „Bisher wurde statt des Begriffs „Verkehrsleiter“ der Begriff „der Unternehmer oder die zur Führung der Güterkraftverkehrsgeschäfte bestellte Person“ verwendet“, sagt Lehmann. Detlef Neufang, Geschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) weist darauf hin, dass der neue, einfachere Begriff des Verkehrsleiters auch eine Klarstellungsfunktion hat. „Zudem wird durch die Neuregelung auch deutlich, dass der Verkehrsleiter niemand sein muss, der aus der Unternehmerfunktion kommt oder Prokura haben muss.“Neu ist hingegen, dass sich Unternehmen, die die Anforderungen an die fachliche Eignung nicht erfüllen, künftig eines externen Verkehrsleiters bedienen können. Nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung darf dieser maximal vier Unternehmen mit einer Flotte von insgesamt höchstens 50 Fahrzeugen leiten. Voraussetzung dafür ist ein ständiger Aufenthalt in der Europäischen Union. Zu seinen Aufgaben zählen laut Verordnung unter anderem das Instandsetzungsmanagement, die Prüfung der Beförderungsverträge und -Dokumente, die grundlegende Rechnungsführung sowie die Zuweisung der Ladung. Auch er muss fachkundig sein.Wie sich diese Vorgaben in der Praxis gestalten werden, ist derzeit noch offen. Insbesondere die Frage, ob ein externer Verkehrsleiter, der sich laut EU-Verordnung auch in einem anderen Staat aufhalten kann als die von ihm betreuten Unternehmen, diesen Aufgaben überhaupt gewachsen sein wird. „Unklar ist auch, was in der Praxis passiert, wenn einer der betreuten Betriebe expandiert und die Zahl von 50 Fahrzeugen überschreitet“, gibt Alex Schindler, Justiziar des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) zu bedenken. Eingetragen wird das Ganze in jedem Fall in ein zentrales Register. Die Folge wäre nach Einschätzung von IHK-Expertin Lehmann die, dass der Verkehrsleiter dann für eines der Unternehmen nicht mehr als Verkehrsleiter tätig sein kann.Strengere Vorgaben sollen ab Ende des Jahres für das Kriterium der persönlichen Zuverlässigkeit gelten. Bei besonders schweren Verstößen gegen Gemeinschaftsvorschriften, die in einem Anhang zur EU-Verordnung aufgeführt sind und auch als „die sieben Todsünden“ bezeichnet werden, muss die zuständige nationale Behörde ein Verwaltungsverfahren einleiten, das regelmäßig zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen soll. Dazu zählt beispielsweise die Überschreitung der sechstägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeit um 25 Prozent (siehe auch Kasten auf S. 67). „Das kommt einem europaweiten Berufsverbot gleich“, erklärt BGL-Justiziar Schindler. Nur dann, wenn sich diese harte Sanktion als unverhältnismäßig darstellen sollte, kann die Behörde von der Maßnahme absehen. Wird die Zuverlässigkeit aberkannt, muss das Unternehmen einen neuen Verkehrsleiter bestimmen – anderenfalls droht ihm die Entziehung der Lizenz. Die Kommission erstellt außerdem eine Liste weiterer schwerwiegender Verstöße, die neben den „sieben Todsünden“ zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen können. Wann genau diese Liste vorliegen wird, ist derzeit noch nicht klar.Neues RisikoeinstufungssystemFür mehr Transparenz in Sachen Zuverlässigkeit soll außerdem ein Risikoeinstufungssystem sorgen. Darin sollen alle in Artikel 6 der Verordnung genannten Verstöße berücksichtigt werden und zwar nach ihrer Schwere und Häufigkeit. Abgestellt werden soll dann unter anderem auf Straßenverkehrs- und Führerscheinrecht und die Fahrerqualifikation, aber auch auf Straftaten wie Menschen- und Drogenhandel. Unternehmen mit einer hohen Risikoeinstufung sollen künftig häufiger und strenger geprüft werden als solche mit einer niedrigen. An der Risikoeinstufung arbeitet derzeit der Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik. Der BGL hält die europäischen Vorgaben in diesem Bereich grundsätzlich für richtig: „Diejenigen, die bei Verkehrskontrollen häufiger auffallen, sollen auch mit häufigeren Betriebskontrollen bedacht werden“, sagt Schindler. „Denn wer ständig gegen Vorschriften verstößt, verschafft sich einen Wettbewerbsvorteil.“Europaweites elektronisches RegisterDie Europäische Berufszugangsverordnung verpflichtet die Mitgliedsstaaten außerdem, bis zum 4. Dezember 2011 ein elektronisches Register einzuführen. In ihm sollen alle Informationen über den Unternehmer sowie Name und Anschrift des Verkehrsleiters veröffentlicht werden. Im nicht öffentlichen Teil des Registers sollen die schwerwiegenden Verstöße, gewerberechtlichen Maßnahmen und diejenigen Verkehrsleiter, deren Zuverlässigkeit aberkannt wurde, aufgeführt werden. Dieser Teil soll nur den Behörden zugänglich sein. Die bisherige Speicherfrist für Daten wird dabei von einem auf zwei Jahre angehoben. Einzelheiten dieser Verkehrsunternehmensdatei wird eine Rechtsverordnung regeln. Vorgesehen ist außerdem, dass bis Ende 2012 die elektronischen Register aller Staaten miteinander vernetzt werden. Damit soll EU-weit jede Lizenzbehörde Einblick in jedes Register nehmen können. Kontaktstelle in Deutschland wird das Bundesamt für Güterverkehr sein.Ob die Änderungen im Güterkraftverkehrsgesetz pünktlich zum 4. Dezember 2011 in Kraft treten werden, ist derzeit noch offen. Auch ob sich an der einen oder an-deren Stelle nicht doch noch kleinere inhaltliche Änderungen ergeben. Angesichts der Gesetzesänderung ist die Verunsicherung bei den Unternehmen in jedem Fall groß. Rechtsanwalt Neufang vom BWVL beruhigt jedoch: „ Die Marschrichtung, die der Gesetzgeber schon vor Jahren eingeschlagen hat, ändert sich nicht, nur das Tempo, europaweit gleiche Bedingungen zu schaffen und zu überwachen, zieht merklich an.“ IHK-Verkehrsexpertin Lehmann sagt dazu: „Die neuen Regelungen machen deutlich, dass Europa näher zusammenrückt und sich besser vernetzt.“ Sie rät Unternehmen, sich rechtzeitig auf die geänderten Spielregeln einzustellen. ❙❚■ Ina ReinschNeue Regeln im Güterkraftverkehr: Der Sanktionsdruck auf Unternehmen dürfte zunehmenGüterkraftverkehrsgesetzAb dem 4. Dezember 2011 gelten neue Berufszugangsvoraussetzungen.VR 31-32: Was sich rechtlich ändertVR 33-34: Der Verkehrsleiter in der PraxisGüterkraftverkehrsgesetzDiese Verstöße können zur Aberkennung der Zuverlässigkeit führen 1. a) Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 % oder mehr. b) Während der täglichen Arbeitszeit Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 % oder mehr ohne Pause oder ohne ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 4,5 Stunden.2. Fehlender Fahrtenschreiber und/oder fehlender Geschwindigkeitsbegrenzer oder Verwendung einer betrügerischen Vorrichtung, durch die die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts und/oder der Geschwindigkeitsbegrenzer verändert werden können, oder Fälschung der Schaublätter oder der vom Fahrtenschreiber und/oder von der Fahrerkarte heruntergeladenen Daten.3. Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, und/oder sehr schwer wiegende Mängel u. a. an Bremssystem, Lenkanlage, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.4. Beförderung gefährlicher Güter, deren Beförderung verboten ist oder die mit verbotenen oder nicht zugelassenen Mitteln zur Verwahrung oder ohne entsprechende Gefahrgutkennzeichnung am Fahrzeug befördert werden, von der eine solche Gefahr für Menschenleben und Umwelt ausgeht, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.5. Beförderung von Personen oder Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen, das nicht im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz ist.6. Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist.7. Güterbeförderung unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen und um 25 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 12 Tonnen.Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009, Liste der schwersten Verstöße gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe aPersönliche Zuverlässigkeit: „Die sieben Todsünden“ Geltungsdauer soll auf zehn Jahre verlängert werden Neben der Berufszugangsverordnung treten am 4. Dezember 2011 auch Teile der Marktzugangsverordnung (EG) 1072/2009 in Kraft. Artikel 4 dieser Verordnung sieht vor, dass die Gemeinschaftslizenz künftig für die Dauer von bis zu zehn Jahren erteilt wird. Die geplante Neuregelung des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) passt nun auch die Geltungsdauer der Güterkraftverkehrserlaubnis an den neuen europäischen Rahmen an. Statt der bisher fünfjährigen Geltungsdauer soll sie künftig ebenfalls für die Dauer von bis zu zehn Jahren erteilt werden (künftiger § 3 Absatz 2 GüKG). irGüterkraftverkehrserlaubnis und GemeinschaftslizenzGüterkraftverkehrsgesetzWas ändert sich beim Berufszugang?Am 27. September 2011 veranstaltet die VerkehrsRundschau in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik e.V. (BWVL) ein Online-Seminar zum Thema: Neue Spielregeln für den Berufszugang – was ändert sich für gewerbliche Güterkraftverkehrsunternehmer? Inhalte des Seminars sind unter anderem:Welche Änderungen treten am 4. Dezember in Kraft und wer ist von den Änderungen betroffen?Was müssen gewerbliche Güterkraftverkehrsunternehmen beachten, wenn sie ab dem Stichtag zwingend einen Verkehrsleiter benennen müssen?Welche rechtlichen und praktischen Probleme können sich bei der Benennung eines externen Verkehrsleiters ergeben?Welche Anforderungen stellen die neuen Regelungen an die persönliche Zuverlässigkeit?Welche Konsequenzen ergeben sich bei Rechtsverstößen des Verkehrsleiters (Todsündenliste)?Referent: Detlef Neufang, Geschäftsführer des BWVL und Fachanwalt für Transport und SpeditionsrechtEin Online-Seminar findet über das Internet statt. Sie nehmen am Seminar teil, indem Sie sich von Ihrem eigenen PC aus kurz vor der Veranstaltung in einen virtuellen Seminarraum einloggen. Dort sehen Sie den Referenten und bekommen wichtige Charts eingeblendet. Der Moderator führt durch die Veranstaltung. Mithilfe einer Chat-Funktion haben Sie die Möglichkeit, Fragen an den Referenten zu stellen.Weitere Informationen und Anmeldung unter www.verkehrsrundschau.de/events, der Telefonnummer 089/20 30 43-1285 oder events@springer.com. ir

Suchbegriff

Güterkraftverkehrsgesetz

Datum:

ARTIKEL TEILEN MIT

ZURÜCK ZUR HOMEPAGE

WEITERLESEN

NEWSLETTER