Paris. Auch an diesem Wochenende war der Betrieb in den französischen Nordsee-, Atlantik- und Mittelmeerhäfen erneut durch Streiks so gut wie lahmgelegt. Le Havre sollte in diesem Monat von 120 Containerschiffen angelaufen werden, 50 davon sind inzwischen nach Antwerpen und Rotterdam ausgewichen, berichtet die Nachrichtenagentur „AFP". In Marseille wurde nur das Erdölterminal Lavera von den Streiks ausgenommen, nicht dagegen das benachbarte Terminal im Bereich von Fos-sur-mer. Nicht behindert waren der Ro/Ro- und der Passagierverkehr. In Rouen, Nantes-Saint-Nazaire, La Rochelle und Bordeaux lief seit Freitag nichts mehr. Lediglich in Dunkerque, wo die ansonsten überall führende Gewerkschaft CGT in der Minderheit ist, wurde normal gearbeitet.
Hintergrund der neuerlichen Streikbewegung in Frankreichs Seehäfen ist eine nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Arbeitgebern und den Dockergewerkschaften zustande gekommene Vereinbarung über die Möglichkeit eines um vier Jahre vorgezogenen Renteneintritts für solche Hafenarbeiter, deren Arbeit als besonders penibel gilt. Sie würde rund 6000 Personen betreffen und wurde im Oktober unter Beteiligung und mit Zustimmung der damaligen Minister Jean-Louis Borloo (Umwelt) und Dominique Bussereau (Verkehr) ausgehandelt.
Paris weigert sich jedoch, das Abkommen zu ratifizieren und verweist auf die kurz danach verabschiedete Rentenreform, die für diese Art von Arbeit lediglich eine Vorruhestandsregelung von maximal zwei Jahren festgeschrieben habe, und zwar verbindlich für das ganze Land. Ein Nachgeben in der Frage zugunsten einer einzelnen Gruppe sei den anderen Berufskategorien nicht zumutbar.
Auf Seiten der in den Häfen tätigen Unternehmen fragt man sich, wie die Regierung ihre Rentenreform vorbereiten und durchdrücken konnte, ohne dabei die zur selben Zeit laufenden Verhandlungen über einen Sonderstatus bestimmter Kategorien von Hafenarbeitern zu berücksichtigen. Jetzt soll diese Woche über einen Ausweg aus dem Dilemma gesucht werden. Der neue Verkehrsstaatssekretär Thierry Mariani hat jedoch schon angekündigt, die Regierung werde im Kern hart bleiben. Darüber, für welche Tätigkeitskategorien im Einzelnen man eventuelle Lockerungen ins Auge fassen könne, sei die Regierung jedoch gesprächsbereit. Die CGT erklärte, sie werde die Streiks bis zum Beginn der Verhandlungen fortsetzen. (jb)