Brüssel. Die Dachgesellschaft der ehemals staatlichen belgischen Eisenbahnunternehmen SNCB-Holding hat angekündigt, die vorgesehenen 135 Millionen Euro für die Ausgliederung der Frachtsparte SNCB Logistics als eigenständiges Unternehmen eventuell nicht bereitstellen zu wollen. Grund dafür ist das vorläufige Scheitern der Verhandlungen zwischen SNCB und Gewerkschaften über die Frage, wie die Ausgliederung für die rund 3000 Beschäftigten von SNCB Logistics sozial verträglich gestaltet werden kann. Die beiden wichtigsten Gewerkschaften hatten vergangene Woche mit 60 beziehungsweise 70 Prozent der Mitglieder die Vorschläge der SNCB-Führung abgelehnt. Sollten die SNCB-Holding die 135 Millionen Euro nicht zur Verfügung stellen, droht der seit Jahren defizitär arbeitenden Frachtsparte der SNCB das Aus.
Eine Entscheidung über die Finanzierung der Ausgliederung soll am kommenden Freitag (26. November) auf einer Sitzung des SNCB-Aufsichtsrats fallen. Sollte dieser sich für die Einstellung des Frachtverkehrs aussprechen, müsste diese Entscheidung noch von dem Paritätsausschuss der SNCB bestätigte werden. Die Gewerkschaften haben für den 30. November eine erste Streikwarnung abgegeben. Davon könnte auch der Personenverkehr betroffen sein.
Die Umwandlung der ehemaligen Frachtsparte B-Cargo in ein eigenständiges Unternehmen SNCB Logistics ist notwendig im Zuge der Privatisierung des Bahngüterverkehrs innerhalb der EU. Seit zwei Jahren laufen bereits die Verhandlungen zwischen SNCB-Führung und den Gewerkschaften darüber. Letztere möchten zugesicherte Langzeitperspektiven sowohl für das Unternehmen als auch die Mitarbeiter. Die bisherigen Vorschläge reichen den Gewerkschaften nicht aus.
Die Frachtsparte der SNCB hat seit Jahren mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Laut belgischen Zeitungsberichten wurden in den vergangenen drei Jahren 300 Millionen Euro Verlust erwirtschaftet. Eine grundlegende Umstrukturierung sehen Experten als notwendig an, um SNCB Logistics wettbewerbsfähig zu halten gegenüber den mächtigen Konkurrenten aus Deutschland und Frankreich, den Frachtsparten der Deutschen Bahn und der französischen SNCF. (kw)