Forum Automobillogistik: Was führt in die Zukunft?

In Kürze Unter dem Motto "Ready to transform!?" lud in diesem Jahr das 11. Forum Automobillogistik des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und der Bundesvereinigung Logistik (BVL) zum Branchentreff der Automobilwirtschaft und -logistik. Welche Themen und Trends die Unternehmen bewegen, was sie in der Logistik deshalb planen. Die Herausforderungen sind gewaltig, doch die gute Laune lassen sich die Akteure in der Automobilwirtschaft trotzdem nicht verderben. Zumindest nicht nach außen hin. Das zeigte das 11. Forum Automobillogistik (FAL), das die Bundesvereinigung Logistik (BVL) und der Verband der Automobilindustrie (VDA) in diesem Jahr auf dem Firmengelände der Schaeffler Gruppe in Herzogenaurach veranstalteten. 340 Teilnehmer aus der automobilen Wertschöpfungskette (Industrie, Zulieferer und Dienstleister) zog es auf das Event, das zeigte: Die deutsche Automobilbranche muss und wird sich neu erfinden. Kürzere Lieferketten Ganz oben auf der Agenda der Akteure stehen da vor allem zwei Themen: Nachhaltigkeit und Resilienz. Das machte bereits das Eingangs-Statement von Andreas Schick, Vorstand Produktion, Supply Chain Management und Einkauf der Schaeffler Gruppe, deutlich. Für Schaeffler heißt das: mehr lokale Produktion, mehr Zusammenarbeit mit regionalen Partnern vor Ort - sprich, die Lieferketten werden in Zukunft kürzer. "Wir wollen dort sein, wo unsere Kunden und unsere Märkte sind", unterstrich Schick. Gleichzeitig will das Herzogenauracher Unternehmen, das sich mittlerweile als Technologiekonzern und nicht mehr ausschließlich als Automobil- und Maschinenbau-Zulieferer versteht, die Opportunitäten der globalen Wirtschaft nutzen. Ausführungen, die zeigen, wohin die Reise der Schaeffler-Gruppe, aber auch vieler anderer Player in der deutschen Automobilindustrie und der Zulieferer schon geht und noch stärker gehen wird; aus Gründen der Nachhaltigkeit und Resilienz, wohl aber auch, weil sich die Automobilwirtschaft dadurch niedrigere Transportkosten verspricht, nachdem diese in den Pandemiejahren stark gestiegen waren. China - das große Fragezeichen Was die Akteure ebenfalls umtreibt, ist nach wie vor das Thema China: wie mit diesem gigantischen Player umgehen - als Partner oder als Systemrivale? Es ist wohl kein "Entweder-oder", sondern eher ein "Sowohl-als-auch". Das zeigten die Ausführungen von Thomas Heck, Leiter der China Business Group der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC). Klar sei, betonte er, dass China die lange Lockdown-Phase nicht geschlafen habe, sondern sich weiterentwickelt habe: "Chinas Zulieferer sind mittlerweile in der Lage, alle Komponenten für E-Autos zu fertigen." Noch vor fünf Jahren sei dies unvorstellbar gewesen. Eine Stärke von China sei auch, schnell skalieren zu können. Außerdem sei davon auszugehen, sagte Heck, dass das Land seine durch die Pandemie angeschlagene Wirtschaft nun durch Subventionen wieder ankurbeln werde. Jetzt auf Konfrontation gegenüber China zu gehen, hält er für den falschen Weg. Allein wegen der globalen Aufgaben des Klimaschutzes, appellierte Heck, solle man auch immer nach Kooperationsmöglichkeiten suchen. Mehr Schiene nutzen Eine wichtige Botschaft des Forums Automobillogistik war auch: Die Bahn rückt in der Automobilbranche als Verkehrsträger verstärkt in den Fokus. Nicht nur, was die Fahrzeug-Distribution betrifft, sondern auch in der Inbound-Logistik, sprich in der Beschaffung von Materialien und Teilen für die Produktionsversorgung. Da sind laut der Studie "Potenziale eines Automotive Rail Networs" von ITCL Consulting - International Transfer Center for Logistics die Verlagerungspotenziale von der Straße auf die Schiene längst nicht ausgereizt, zeigte ITCL-Projektleiterin Riana Wegner auf. Projektpartner der Studie sind unter anderem der VDA, BMW, Mercedes Benz, Volkswagen, Ford, Bosch und Schaeffler. Konkret ließen sich der Studie zufolge in der Inbound-Logistik 2,6 Millionen Tonnen Güter von der Straße auf die Schiene verlagern. Auch Ansgar Hermes, Direktor Transportnetz Volkswagen Konzernlogistik, bekannte sich zu mehr Schiene: "Wir glauben daran, dass wir langfristig besser mit den Verkehren auf der langen Strecke auf der Bahn unterwegs sind", sagte er. "Das heißt aber nicht", betonte Hermes auch, "dass wir das nicht mehr mit dem Lkw machen werden. Allerdings glauben wir, dass wir auf einzelnen Korridoren und geeigneten langen Strecken Volumina bündeln müssen, wo wir auch eine gewisse Kompetenz im Konzern und auch Volumina haben, die man entsprechend auf die Bahn bringen kann." Die aktuelle Performance sei ein Thema. "Wir analysieren gerade jegliche Relation, und da muss man Richtung Bahn sagen: Es muss aktuell noch eine Schippe draufgelegt werden." Wohin künftig der Modal-Split in der Automobilwirtschaft geht, diskutierten auch Professor Thomas Wimmer, Vorstandsvorsitzender der BVL, Pierre Timmermanns, Vorstand Vertrieb von DB Cargo, und Michael Nikolaides, Leiter Produktionsnetzwerk und Logistik von BMW. "Ab 300 Kilometer Entfernung sind wir für Sie (die Automobilindustrie - Anm. d. Red.) der richtige Partner", durfte Timmermanns die Werbetrommel für die Schiene rühren, die vor allem bei größeren Mengen mit überschaubaren Schwankungen und weiteren Distanzen ihre Stärken ausspielen könne. Nikolaides von BMW sagte denn auch: "Wir (die gesamte Automobilindustrie - Anm. d. Red.) müssen schneller werden, um mehr auf die Schiene zu bringen." Gleichzeitig machte er aber auch deutlich, was für Logistiker in der Automobilindustrie zählt: "Am Ende entscheidet die betriebswirtschaftliche Frage, was am günstigsten ist." VW gewinnt VDA-Logistik-Award Konsequenterweise erhielt in diesem Jahr der Volkswagen-Konzern mit seinem Konzept "MEB Batterielogistik" den VDA-Logistik-Award. MEB steht für Modularen E-Antriebsbaukasten. Ziel des ausgezeichneten Logistikkonzepts des VW-Konzerns ist die kosteneffiziente und nachhaltige Produktion und Logistik von Zellmodulen und Batteriesystemen. Grundlage dafür sei, heißt es seitens des VDA, ein standardisierter Prozess zusammen mit der Transport- und Lagertechnik sowie ein schlanker, nachhaltiger, kosteneffizienter und automatisierter Materialfluss, der wiederholbar in allen Werken des Konzerns anwendbar ist. Mit der Auszeichnung des Konzepts wurde seitens der Jury vor allem das Zusammenbringen von Multi-Innovationen zu einer intelligenten Prozesskette gewürdigt. Zu den Pilotwerken gehören das Werk in Braunschweig, das Fahrwerk-Komponenten wie Lenkungen, Batteriesysteme und Achsen entwickelt sowie fertigt, außerdem das Volkswagen-Werk in Zwickau und das Stammwerk der Marke Skoda in Mladá Boleslav. Diese drei Werke haben, heißt es, gemeinsam einen kostenoptimierten, umwelteffizienten und standardisierten Logistikprozess geschaffen, der als Blaupause für alle Marken im Volkswagen-Konzern dienen soll. Hauptverkehrsträger des gemeinsamen Batterielogistik-Konzepts ist die Bahn inklusive eines automatisierten Be- und Entladens der Waggons. Digitale Tools senken Logistikkosten Neben dem Siegerkonzept würdigte die Jury auch die Einreichungen von Bosch und Schaeffler für ihre Innovation und Realisierbarkeit. So entwickelte Bosch die integrierte Plattform "Next Generation Transport Management" (NGTM), in der Lieferanten, Werke und Logistikdienstleister eingebunden werden. Die starke Integration mit der Materialwirtschaft biete Vorteile für alle Akteure entlang der Lieferkette, heißt es: So reduziere sich für Lieferanten unter anderem der Aufwand für Transportbestellungen, und Logistikdienstleister könnten auf diese Weise ihre Kapazitäten durch langfristige Vorhersagen noch besser planen. Die größten Vorteile für Bosch seien jedoch eine Transportkosten- und CO2-optimierte Beschaffung, die Sendungsverfolgung auf Materialbasis sowie automatisierte Prozessen in Wareneingang und Versand. Das Logistikteam bei Schaeffler hat mit dem "Transportation Data Cube" (TDC) ein digitales Logistik-Tool entwickelt, das ermitteln kann, welches Transportmittel und welche Transportroute am preisgünstigsten, zuverlässigsten, schnellsten und dabei möglichst klimaneutral ist. Das Tool filtert laut Schaeffler aus Milliarden von Daten diejenigen heraus die für die Bestimmung des jeweils optimalen Transportwegs erforderlich seien.

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