Tübingen/Mainz. Bei Arbeits- und Staatsrechtsexperten herrscht Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit eines Streiks bei den Lokführern der Deutschen Bahn. Während der Tübinger Arbeitsrechtlers Prof. Hermann Reichold das Verbot des Streiks durch das Nürnberger Arbeitsgericht als „fragwürdig“ bezeichnete, kam Zustimmung vom Mainzer Staatsrechtlers Prof. Friedhelm Hufen. Seiner Meinung nach ist der von der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) angestrebte Arbeitskampf unverhältnismäßig, da die Möglichkeiten von Tarifgesprächen noch nicht ausgereizt worden seien. Hufen sagte der dpa: „Es ist nicht das letzte Mittel, so wie vom Grundgesetz gefordert.“ Zusätzlich sei das Streikziel rechtswidrig, da keine unterschiedlichen Löhne und Arbeitsbedingungen je nach Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gewerkschaft gewährt werden dürften - zumal bei einem geltenden Tarifvertrag. Das Nürnberger Gericht hatte unter anderem beschieden, dass jeder Streik zur Durchsetzung eines eigenständigen Tarifvertrags für Lokführer und Zugbegleiter „unverhältnismäßig und rechtswidrig“ sei. „Wenn ich so argumentiere, heißt das, dass ich zwischen einem Streik erster und einem Streik zweiter Klasse unterscheide“, sagte Reichold. Arbeitnehmer, die wie die Lokführer im Bereich der Daseinsvorsorge tätig sind, hätten es nach dieser Logik schwerer, ihre Rechte durch einen Streik durchzusetzen, als Beschäftigte in der Privatwirtschaft, erläuterte der Jurist. Auch Vorwürfe des Rechtsmissbrauchs an die GDL ließ Reichold nicht gelten. „Die Gewerkschaft hat sich doch zunächst auf den Güterverkehr beschränkt und sich auch offen für den Einsatz eines Vermittlers gezeigt. Das zeigt doch, dass keine missbräuchlichen Absichten vorliegen.“ (dpa)
Experten streiten über Gerichtsentscheidung

Hintergrund: Arbeits- und Staatsrechtsexperten sind sich über die Rechtmäßigkeit von Lokführerstreiks uneins