Brüssel. Der Europäische Rechnungshof (EuRH) bewertet die Verwendung der EU-Gelder, die für Eisenbahninfrastruktur im Rahmen des transeuropäischen Verkehrsnetzwerks (TEN-V) verwendet werden, als sinnvolle Investitionen. In vielen Bereichen, vor allem dem Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecken für den Personenverkehr, habe die EU-Kofinanzierung zu einer raschen Verwirklichung der Projekte und einer besseren Wettbewerbsfähigkeit der Schiene im Vergleich zu Straßen- und Luftverkehr geführt. Beim Ausbau der Strecken, die für Gütertransport oder gemischten Personen- und Güterverkehr genutzt werden, sähe es allerdings anders aus, wie das luxemburgische EuRH-Mitglied Henri Grethen heute Vormittag auf einer Pressekonferenz in Brüssel mitteilte.
Grundlage für diese Wertungen ist eine Studie, die der EuRH anhand von Stichproben bei acht Eisenbahnachsen vorgenommen hat, die alle zu den 30 vorrangigen TEN-V-Projekten gehören. 21 Streckenabschnitte wurden untersucht. Keiner der Abschnitte, die für den Transport von Gütern benutzt wird, sei bislang fertig gestellt worden, so der EuRH-Befund. Hinderlich seien vor allem die Systemzwänge, die dem Eisenbahnsektor bekannt seien: unterschiedliche technische Anforderungen für das Befahren der Strecken in einzelnen Ländern, unterschiedliche Verwaltungen, unterschiedliche Vorschriften und so weiter.
Grundsätzlich sieht der EuRH die Eisenbahninfrastruktur „nicht sonderlich für moderne transeuropäische Verkehrsdienste geeignet", wie es in der Studie heißt. Ein wettbewerbsfähiger Markt für europäische Eisenbahnverkehrsleistungen müsse erst noch entstehen. Seit 2007 seien rund 92 Milliarden Euro aus verschiedenen Quellen in den Ausbau europäischer Eisenbahninfrastruktur geflossen. Weitere 200 Milliarden Euro seien nötig, um das Schienennetz richtig wettbewerbsfähig zu machen. Empfehlungen, woher das Geld kommen könnte, wollte Grethen nicht geben.
Grundsätzlich rät der EuRH den EU-Einrichtung mit Planungs- und gesetzgeberischen Entscheidungsbefugnissen, die vorrangigen Projekte nach einheitlichen Standards neu zu definieren. Dabei sollte man aus den Fehlern lernen, die 2004 bei der ersten Definition der TEN-V-Projekte gemacht wurden. Außerdem sollten wichtige Seehäfen, die bislang nicht an TEN-V-Schienenprojekte angebunden sind, mit dem Netz verknüpft werden. Marseille, Rostock und Bremerhafen wurden auf der Pressekonferenz genannt.
Die EU-Kommission ist zurzeit dabei, die Richtlinien für die TEN-V-Politik zu überarbeiten. Neu darin soll vor allem die Definition eines Kernnetzes von besonders wichtigen Verkehrsachsen sein. Die Veröffentlichung dieser Pläne ist für das erste Halbjahr 2011 angekündigt. (kw)