Euro-7: EU-Kommission plant strengere Regularien

Brüssel geht demnächst in die Wahlkampf-Pause. Bis April sind allerdings noch Entscheidungen und Vorentscheidungen möglich, die sich auf bessere Luftqualität richten - und den Güterverkehr der nächsten Jahre betreffen (Stand: 20. März). In der Verkehrspolitik wie auch sonst schreibt die EU unter ihrer Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen gerne große Überschriften. Null Verkehrstote sollen es bis 2050 zum Beispiel sein; eine weitgehend schadstofffreie Umwelt zum gleichen Zeitpunkt - was sich mit der Zielmarke der EU deckt, Mitte dieses Jahrhunderts Klimaneutralität hergestellt haben zu wollen. Die Einlösung solcher Maximalversprechen steht dahin, die Unwägbarkeiten sind beträchtlich und nicht durchgängig plan- und regulierbar. Ein Resultat zeitigen sie jedoch sehr zuverlässig: maximale Aufregung bei den betroffenen Akteuren. Stichwort Schadstoff-Emissionen: Kurz vor der Europawahl hat die EU noch mehrere Gesetzgebungsvorhaben dazu in der Pipeline. Die neue Euro-7-Norm ist bereits mehr oder weniger beschlossene Sache; sie fällt für Pkw gemäßigt aus, verschärft die Anforderungen an Lkw und Busse aber beträchtlich - zum Beispiel bei Stickstoffdioxid-Emissionen um minus 60 Prozent. Die entsprechende Verordnung soll bis Ende des Jahres in Kraft treten; die neuen Standards für Lkw gelten dann vier Jahre später. Jens Gieseke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, hebt hervor: "Für schwere Nutzfahrzeuge wie Lkw oder Busse werden die Grenzwerte verschärft. Dies gilt insbesondere für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid und Feinstaub. Bei Feinstaub werden künftig deutlich kleinere Partikel erfasst - mit einem Durchmesser von weniger als zehn Nanometern." Verband ACEA übt Kritik Für den Verband Europäischer Automobil-Hersteller (ACEA) sind die neuen Regeln daher alles andere als zahnlos, auch wenn die Grünen im EU- Parlament das so darstellten ("gesundheitlicher Skandal!"). Bus- und Lastwagen-Hersteller, so der Verband, werde ein weiteres Päckchen beim mühsamen Aufstieg zur Entfossilisierung ihrer Produkte aufgebürdet, für den es an angemessenen Begleitmaßnahmen mangele. Eine reformierte Luftreinhaltungs-Richtlinie ("Ambient Air Quality Directive", kurz: AAQD) ist außerdem noch in der Mache; zudem neue Anforderungen an die Messung der gesamten SchadstoffBelastungen durch den Verkehr. Die Brüsseler Vertreter der Logistik- und Speditionsbranche treibt derzeit die Sorge um, dass es zu wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Überlastungen kommen könnte. Ihnen steht eine breite Allianz aus Gesundheits- und Umwelt-Organisationen gegenüber, die asthmageschädigte Kinder, Herzinfarkte und Schlaganfälle unter Erwachsenen, Diabetes, gar eine Zunahme der Demenz-Fälle ins Feld führt. Und das, obwohl die Luftqualität in der EU in den vergangenen Jahren beständig zugenommen hat - allerdings mit beträchtlichen regionalen Unterschieden. Deshalb dringen die davon am meisten betroffenen östlichen und südosteuropäischen EU-Mitgliedstaaten auch am vehementesten auf Ausnahme-Tatbestände im Falle weiterer Verschärfungen. Diese hält der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, übrigens für "technisch nicht machbare Grenzwerte". Und selbst die ergeben nur dann Sinn, wenn man die auftretenden Luft- und Klimabelastungen durch den Verkehr zuverlässig und zudem einheitlich messen kann. Wie weit man dabei gehen soll - auch darüber liegen die Meinungen stark auseinander. Ein Vorschlag der EU-Kommission dafür hat in den Kernpunkten weitgehend unverändert den Verkehrs- und Umweltausschuss des Europäischen Parlaments passiert und soll noch im April zur Abstimmung ins Plenum kommen. Die neue Verordnung über die Erfassung von Treibhaus-Gasen im Verkehr ("Count Emissions EU") soll für die entsprechende Belastung durch Güter-Verkehrsarten aller Art die ISO-Norm 14083 zum Maßstab machen - für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wohl in abgespeckter Form. Strenge Regeln Brisant: In den Treibhausgas-Fußabdruck werden möglicherweise alle Umstände aufgenommen, die von der Herstellung bis zur Entsorgung der Fahrzeuge Einfluss nehmen - also nicht nur das, was am Auspuff gemessen wird. Von den Schienen-Lobbyisten kam dafür Applaus; der Europäische Verband für Spedition, Transport, Logistik und Zolldienstleistungen (CLECAT) machte "tiefe Besorgnis" geltend: Es gebe derzeit keine zuverlässige Methode, all diese Lebenszyklus-Risiken einer Transportmethode verlässlich festzuhalten. Ein "Umwelt-Fahrzeug-Pass" wird unabhängig davon mit den neuen Euro-7-Regeln Pflicht. Die EU hat aber noch einen weiteren Pfeil im Köcher: Derzeit läuft ein Beratungsverfahren über die sogenannte Ergrünung von Fahrzeugflotten. Die Halter von Leicht- und Schwertransport-Fuhrparks sind aufgerufen, bis Ende April ihre Vorschläge dafür einzubringen, wie sie sich ihren Weg zur "Null-Emissions-Mobilität" vorstellen. Aller aufwendbaren Imaginationsgabe hilft wenig, dass der Aufbau eines zuverlässigen europäischen Ladenetzes für E-Nutzfahrzeuge gerade mal in den Kinderschuhen steckt.

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