EU-Kommission: Bald freie Fahrt für Lang-Lkw?

In Kürze Lang-Lkw wurden europaweit lange Zeit kritisch beäugt. Nun scheint sich die EU-Kommission einen Ruck zu geben, denn die großvolumigen Kombinationen sollen mehr Freiheiten erhalten, vor allem beim Grenzübertritt. Bis zu einer Umsetzung können aber noch viele Monate vergehen. Daumen hoch für Lang-Lkw - und diesmal ganz offiziell: Die bis zu 25,25 Meter langen Fahrzeugkombinationen sollen der EU dabei helfen, den CO2-Ausstoß aus dem Straßenverkehr zu verringern. "Greening Freight" (den Güterverkehr grüner machen) heißt das Paket, in dessen Rahmen die EU-Kommission Lang-Lkw mehr Freiheit zugestehen möchte. Probleme an der Grenze Was bislang als Ausnahme möglich ist, nämlich der grenzüberschreitende Verkehr von Lang-Lkw zwischen zwei Ländern, in denen sie fahren dürfen, soll bald keine Ausnahme, sondern die Regel sein können. Neu auch: Die Lang-Lkw sollen künftig mehrere Landesgrenzen überfahren dürfen. Bei der Vorstellung der Ideen machte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean das am Beispiel einer Tour von Dänemark über Schweden nach Finnland deutlich: "Bislang darf der Lang-Lkw nur von Dänemark nach Schweden fahren. Seine Ladung muss dann an der schwedisch-finnischen Grenze auf zwei Lkw umgeladen werden." Und das, obwohl auch in Finnland Lang-Lkw zugelassen sind. Mit den neuen Regeln ließen sich Emissionen und vor allem CO2 einsparen, begründet die EU-Kommission ihren Vorschlag. Mit diesem Argument hatten Befürworter schon immer die Zulassung von Lang-Lkw gefordert. Auch 2012 war das die Hauptbegründung für den damaligen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, grenzüberschreitende Fahrten von Lang-Lkw erstmals als Ausnahme zuzulassen. Damals sorgte das für große Proteste gerade im EU-Parlament, weil Kallas einfach nur bestehende EU-Vorschriften neu auslegte. Jetzt geht die Kommission mit offenem Visier ins Gefecht und schlägt ausdrückliche Änderungen an der EU-Richtlinie zu Maßen und Gewichten von Lkw vor. Breite Zustimmung, aber auch Kritik Lob bekommt sie dafür vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) in Deutschland: "Die regelmäßigen Anpassungen der (EU-)Richtlinie sind unabdingbar für die Gestaltung einer zeitgemäßen und praxistauglichen Logistik", heißt es in einer BGL-Stellungnahme. "Ziemlich zufrieden" lautet auch das Urteil des niederländischen Verbands für Transport und Logistik (TLN). Einwände gegen die Pläne zu den Lang-Lkw hat TLN nicht. Die Niederlande gelten als eines der Vorreiterländer für Lang-Lkw in der EU. Grundsätzlich begrüßt auch der europäische Verband für Spedition, Transport und Logistik Clecat die geplanten Neuerungen für Lang-Lkw, zeigt aber Unverständnis gegenüber dem Willen der Kommission, den grenzüberschreitenden Verkehr von Lang-Lkw mit Verbrennungsmotoren ab 2035 wieder zu verbieten. "Die Kommission gibt selbst zu, dass die Lang-Lkw dabei helfen, die CO2-Emissionen zu verringern", teilt Clecat-Generaldirektorin Nicolette van der Jagt mit. Warum ab 2035 nur noch Lang-Lkw mit Null-Emissionen Grenzen überfahren dürften, wo doch auch Lang-Lkw mit Verbrennungsmotoren CO2 einsparen würden, sei nicht zu verstehen. Zumal diese Lang-Lkw in nationalen Verkehren weiter zugelassen sein dürften. Ganz anders sieht das der europäische Umweltverband Transport & Environment (T&E). "Längere und schwerere Lkw sollten nur dann im grenzüberschreitenden Verkehr erlaubt sein, wenn sie emissionsfrei fahren, Straßen in städtischen Gebieten vermeiden und nicht mit dem Bahnverkehr konkurrieren", kommentiert T&E-Güterexperte Bernardo Galantini die Kommissionsvorschläge. Skeptisch zeigt sich auch der Verband der europäischen Eisenbahnbetreiber CER. "Längere und schwerere Lkw auf grenzüberschreitenden Strecken zuzulassen beinhaltet das Risiko, einen negativen Einfluss auf den Güterverkehr mit der Bahn zu haben und dadurch kontraproduktiv für den Modal-Shift zu sein", teilt der Verband in einer Stellungnahme mit. Verabschiedet sind die geplanten Änderungen noch nicht. Nach der Sommerpause müssen sich zum einen das Europaparlament und zum anderen die EU-Mitgliedstaaten im EU-Rat auf ihre Version des "Greening Freight"-Pakets einigen. Abschließend müssen Parlament und Rat dann einen Kompromiss aushandeln. Da diese Prozesse viele Monate dauern können, ist es fraglich, ob endgültige Entscheidungen noch in dieser Legislatur getroffen werden können. Sprich: vor Frühjahr 2024. Die Inhalte des "Greening-Freight"-Pakets Die Zulassung von grenzüberschreitenden Fahrten von Lang-Lkw über mehrere Grenzen Die Anhebung des Maximalgewichts bei grenzüberschreitenden Fahrten von Lkw auf grundsätzlich 44 Tonnen; Lkw mit Null-Emissionen sollen 48 Tonnen wiegen dürfen Ein einheitliches System für die Messung von Treibhausgasen im EU-Verkehrswesen Im Bahnverkehr: Mehr Flexibilität bei der Vergabe von grenzüberschreitenden Fahrtgenehmigungen vor allem mit dem Ziel, den grenzüberschreitenden Güterverkehr auf der Schiene zu stimulieren

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