Ende der Hängepartie

Bund und Länder haben ihren Streit um die Reform der Erbschaftsteuer beigelegt. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einigte sich am 22. September 2016 auf einen Kompromissvorschlag. Die Neuregelung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Ende 2014 einige Normen im Gesetz als zu weitgehend gekippt hatte. Die Regelungen sehen vom Grundsatz her vor, dass Erwerber eines Unternehmens unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaft- oder Schenkungsteuer befreit werden können. Die Details der erforderlichen Neuregelung waren jedoch bis zuletzt strittig. Gute Nachrichten für den Mittelstand Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, der den Mittelstand aufatmen lässt. So einigte sich der Ausschuss auf eine Obergrenze für begünstigungsfähiges Vermögen. Das BVerfG hatte in seiner Entscheidung bemängelt, dass auch große Unternehmen in den Genuss der Steuerbefreiung gelangten, obwohl sie die Erbschaft- oder Schenkungsteuer ohne Existenzgefährdung zahlen könnten. Nun soll es ab einem Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro eine Bedürftigkeitsprüfung geben. Der Erwerber muss nachweisen, dass ihn die Zahlung der Steuer überfordern würde. Bei dieser Prüfung muss er auch sein Privatvermögen offenlegen. Das kann zur Hälfte zur Besteuerung herangezogen werden. Die breite Masse der Mittelständler dürfte jedoch kaum davon betroffen sein. "Laut einer statistischen Erhebung des Bundesfinanzministeriums erhalten nur knapp 1,5 Prozent aller Firmenerwerber Produktivvermögen von 26 Millionen Euro oder mehr", sagt Christopher Riedel, Fachanwalt für Steuerrecht in Düsseldorf. Gerungen wurde auch um das sogenannte Abschmelzmodell, das es bislang nicht gab: "Beim Erwerb eines Betriebsvermögens von mehr als 26 Millionen Euro wird nun der Verschonungsabschlag abgeschmolzen", erklärt Elke Volland, Fachanwältin für Steuerrecht in der Steuerrechtspraxis Rödl & Partner in Nürnberg. Mit wachsendem Unternehmensvermögen muss also ein größerer Teil des Betriebsvermögens versteuert werden. Ab einem Erbe von 90 Millionen Euro wird gar keine Verschonung mehr gewährt. Nachgebessert wurde im Vermittlungsausschuss beim wichtigsten Knackpunkt - der Unternehmensbewertung. Das jetzige Verfahren führt angesichts der Niedrigzinsen zu unrealistisch hohen Firmenwerten. "2016 betrug der Kapitalisierungsfaktor, mit dem die Erträge der letzten drei Jahre multipliziert werden, 17,85 Prozent", weiß Steuerberater Riedel. Das sei viel zu hoch, kaum ein mittelständisches Transport- und Logistikunternehmen könne einen solchen Wert am Markt erzielen. "Nun wurde überraschend ein fester Kapitalisierungsfaktor von 13,75 Prozent festgelegt, der rückwirkend zum 1.1.2016 gelten soll", so der Jurist. Je nach Zinsentwicklung soll der aber in den kommenden Jahren angepasst werden. Außerdem wird zwischen begünstigungsfähigem Vermögen und Verwaltungsvermögen unterschieden. "Zum begünstigungsfähigen Vermögen zählt etwa Betriebsvermögen, zum Beispiel in Form eines Grundstücks, auf dem das Unternehmen betrieben wird", sagt Volland. Dieses Vermögen kann steuerlich begünstigt werden. "Zum Verwaltungsvermögen zählt dagegen beispielsweise eine an Dritte vermietete Immobilie", weiß die Steuerexpertin. Verwaltungsvermögen muss versteuert werden. Für Familienunternehmen wird es künftig für begünstigtes Vermögen einen Bewertungsabschlag von bis zu 30 Prozent geben. "Voraussetzung ist allerdings, dass die für Familienunternehmen typischen gesellschaftsvertraglichen Beschränkungen vorliegen wie etwa die Begrenzung der Entnahme oder Ausschüttung auf 37,5 Prozent des Nachsteuerergebnisses", sagt Volland. Bis zu sieben Jahre Aufschub Neu geregelt wurde im Kompromiss auch die Stundung. "Gehört zum Erbe begünstigtes Vermögen, kann dem Erwerber die Erbschaftsteuer unter bestimmten Voraussetzungen bis zu sieben Jahre gestundet werden", erklärt Volland. Der erste Jahresbetrag sei ein Jahr nach der Festsetzung der Steuer fällig und bis dahin zinslos, danach erfolge eine Verzinsung mit sechs Prozent. Bislang war eine Stundung bis zu zehn Jahren möglich. Neuerungen gibt es auch für Erwerber von Kleinbetrieben. Künftig sollen nur Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern davon ausgenommen sein, den Erhalt von Arbeitsplätzen nachzuweisen - eine Grundvoraussetzung für die Steuerbefreiung. "Das ist eine echte Verschärfung für kleine Unternehmen. Sie müssen nun ab sechs Arbeitnehmern den Lohnsummentest durchführen. Das bedeutet einen erheblichen Bürokratieaufwand und Kosten", warnt Volland. Allerdings gibt es für Betriebe zwischen sechs und zehn Arbeitnehmern sowie zwischen elf und fünfzehn Arbeitnehmern gewisse Erleichterungen (siehe Kasten). Die Regelung betrifft damit den Großteil der Branche. Laut Statistischem Bundesamt beschäftigten im Jahr 2015 rund 85 Prozent der Güterbeförderungsunternehmen zwischen einem und neun Arbeitnehmer. Der Kompromiss, der auch noch andere Streitpunkte klärt, kam in letzter Minute. Das BVerfG hatte bereits angekündigt, sich Ende September mit dem ErbStG zu befassen, sollte bis dahin keine Einigung erzielt worden sein. Das Gesetz muss nun noch von Bundestag und Bundesrat abgenickt werden. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Steuern www.verkehrsrundschau.de/dossiers Lohnsummenklausel Künftig wird nach Betriebsgröße gestaffelt Für Unternehmensnachfolger gibt es derzeit zwei Möglichkeiten, sich von der Erbschaftund Schenkungsteuer zu befreien: die Regelverschonung sowie die Optionsverschonung (siehe auch VR 25/2015, S. 37). Beiden Modellen ist gemein, dass der Erwerber das Unternehmen über einen bestimmten Zeitraum fortführen und die Arbeitsplätze erhalten muss. Als Nachweis dient die sogenannte Lohnsummenklausel. Sie besagt, dass die Summe der Löhne und Gehälter bei der Regelverschonung während der fünfjährigen Behaltenspflicht summiert betrachtet mindestens 400 Prozent der ursprünglichen Ausgangslohnsumme betragen muss. Bei der Optionsverschonung muss der Betrieb sogar sieben Jahre lang fortgeführt werden und die maßgebliche Lohnsumme steigt auf 700 Prozent. Die Lohnsummenklausel fand bislang keine Anwendung auf Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmern.Nun soll die Grenze bei fünf Mitarbeitern liegen. Wer zwischen sechs bis zehn Mitarbeiter beschäftigt, muss bei der Regelverschonung auf eine Lohnsumme von 250 Prozent kommen. Bei Betrieben zwischen zehn und 15 Mitarbeitern sind es 300 Prozent. Auch bei der Optionsverschonung gibt es eine Staffelung. Für Betriebe mit sechs bis zehn Mitarbeitern beträgt die maßgebliche Lohnsumme nach sieben Jahren 500 Prozent, bei Betrieben mit elf bis 15 Arbeitnehmern 565 Prozent. ir

Ende der Hängepartie

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