Deutschland prescht vor

Deutschland prescht vorVöllige Freigabe oder konsequente Beschränkung: EU-Kommission, Europäisches Parlament und Bundesregierung streiten über die Zukunft der Kabotage.Die Bundesregierung beabsichtigt offenbar, im nationalen Alleingang eine Regelung zur Kabotage in Deutschland zu verabschieden, die auf europäischer Ebene noch strittig ist. Dies legt die Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion nahe. Darin hatten die Liberalen Auskunft darüber verlangt, ob die Regierung eine Begrenzung der Kabotagefahrten anstrebt, bevor sich der genaue Inhalt der europäischen Regelung abzeichnet. Im Kern geht es um eine Präzisierung des Begriffs der "zeitweiligen Kabotage" für eine zeitlich begrenzte Übergangszeit und eine sich anschließende völlige Freigabe. Die Regierung will wie die EU-Kommission die Fahrten ausländischer Unternehmer auf drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen begrenzen. Eine entsprechende Verordnung liegt dem Bundesrat vor. Dabei geht es um die Fragen, wie lange sich ein ausländischer LKW-Fahrer in Deutschland aufhalten darf und wie viele Transportleistungen er hier zu Lande erbringen darf. EU-Parlament strebt völlige Freigabe anDie Mehrheit des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments hatte allerdings dafür plädiert, diese Kabotagebeschränkungen stufenweise von drei Fahrten in sieben Tagen über sieben Fahrten in sieben Tagen bis zur völligen Freigabe im Jahr 2015 zu lockern und bis dahin die steuer- und sozialrechtlichen Rahmenvorschriften zu harmonisieren. Damit hatten sich die Parlamentarier klar für eine Änderung des Vorschlags der EU-Kommission ausgesprochen.Der Verordnungsentwurf der Regierung schweigt sich aber hinsichtlich einer mittel- bis langfristigen Freigabe von Kabotagefahrten – wie sie die Europaabgeordneten befürworten – aus. Unternehmen des Güterkraftverkehrs könnten bei einer Begrenzung der Kabotage auf drei Fahrten innerhalb von sieben Tagen besser kontrolliert und deutsche Unternehmen gegen unzulässige Kabotageleistungen geschützt werden, heißt es lapidar in der Antwort der Regierung. Da nicht abzuschätzen sei, wann die neuen Markt- und Berufszugangsvoraussetzungen in Kraft träten, sei zum Schutz des heimischen Gewerbes "eine nationale Kabotageregelung zwingend erforderlich", argumentiert die Regierung. Mit dem EU-Beitritt von acht überwiegend osteuropäischen Staaten zum 1. Mai 2004 war für diese Staaten ein zunächst auf zwei Jahre befristetes Kabotageverbot in Kraft getreten. Davon sind die Tschechische Repub-lik, die Slowakische Republik, Estland, Lettland und Litauen noch bis April 2008 betroffen, jedoch prüft die Regierung eine Verlängerung um zwölf Monate. Für Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien gilt das Verbot bis Dezember 2009. Im Falle Bulgariens und Rumäniens besteht die Option, das Kabotageverbot bis Dezember 2011 zu verlängern.Der FDP-Verkehrspolitiker Patrick Döring bemängelt eine fehlende Liberalisierungsperspektive der Koalition und der EU-Kommission und wies darauf hin, dass jede eingesparte Leerfahrt ein Beitrag zum Umweltschutz sei. Dagegen biete das Votum der EU-Abgeordneten die Möglichkeit, eine Zementierung des europaweiten Güterverkehrs durch nationale Regelungen zu verhindern. Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Verordnung spätestens Ende Juni in Kraft treten.❙❚■ Jörg Kürschner, Korrespondent in Berlin

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