Berlin/Frankfurt. Bei der Deutschen Bahn gerät angesichts drohender neuer Streiks das mühsam gefundene Gerüst für eine Einbindung aller drei Gewerkschaften ins Wanken. Die größeren Gewerkschaften Transnet und GDBA beanspruchten am Mittwoch die Vertretung für die Lokführer wieder für sich. Der Konzern ging darauf aber nicht ein und setzt weiter auf eine Kooperation der Arbeitnehmervertretungen, um den seit fast einem Jahr schwelenden Tarifkonflikt endlich zu befrieden. Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, bekräftigte indes die Entschlossenheit, am kommenden Montag einen unbefristeten Streik zu starten. Die Industrie warnte vor Schäden für die Wirtschaft. Transnet-Chef Norbert Hansen und der GDBA-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel hatten sich nach dem Abbruch der Verhandlungen zwischen Bahn und GDL an Bahnchef Hartmut Mehdorn gewandt. Nach dem Verhalten der GDL bestehe „unsererseits keine Bereitschaft mehr (...), einen Vorrang der GDL für lokführerspezifische Themen zu akzeptieren“, heißt es in dem Schreiben. Beide wollten auch „eine Tarifbindung“ eines von der GDL ausgehandelten Vertrages für die eigenen Mitglieder nicht hinnehmen. Transnet und GDBA verlangten daher vom Konzern umgehend Verhandlungen über einen Lokführertarifvertrag. Deutsche-Bahn-Personalvorstand Margret Suckale sagte, der Konzern wolle sich aber wie ursprünglich geplant mit allen drei Gewerkschaften gemeinsam verständigen. „Nur so können wir ein gegenseitiges Hochschaukeln der Gewerkschaften vermeiden.“ Dafür müsse die GDL ihre Verweigerungshaltung aufgeben und an den Verhandlungstisch kommen. „Wir wollen, dass unsere Lokführer endlich in den Genuss höherer Löhne kommen.“ Suckale bekräftigte, dass für ein Inkrafttreten des mit der GDL ausgehandelten Entgelttarifvertrags zusätzliche Vereinbarungen zur Eingliederung in das gesamte Tarifgefüge des Konzerns nötig seien. Dafür ist vorgesehen, dass unter dem Dach allgemeiner Regeln die GDL einen Vertrag für die Lokführer bekommt. Transnet und GDBA sind für fünf weitere Berufsgruppen zuständig. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen von der Bahn verlangten übergeordneten Grundlagenvertrag hatte die GDL am Dienstag einen unbefristeten Arbeitskampf angekündigt. Damit will sie die Unterschrift des Konzerns unter den Ende Januar ausgehandelten Lokführer-Tarifvertrag mit elf Prozent Einkommensplus erzwingen. Von Montag, 0.00 Uhr, an sollen im Fernverkehr, Güterverkehr, Regionalverkehr und bei S-Bahnen „die Räder still“ stehen. Der Arbeitskampf soll für neue Verhandlungen nicht unterbrochen werden. GDL-Chef Schell sagte, er sei zwar bereit, Lohnforderungen mit den anderen Gewerkschaften abzustimmen. Die Bahn dürfe dies aber nicht vorschreiben. An eine Einigung am Wochenende glaubt Schell nicht: „Für uns steht das bombenfest, dass wir Montag beginnen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag) zu dem angekündigten Streik. Im Nachrichtensender „N24“ sagte er am Mittwoch, um Streiks doch noch abzuwenden, gebe es für die Bahn nur eine Möglichkeit: „Da gibt's nur eins: Bis 23.59 Uhr am Sonntagabend uns sagen, jawohl, wir machen die Unterschrift. Dann ist alles in Ordnung.“ Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte, die Bahnstreiks im Güterverkehr unbedingt zu vermeiden. „Es ist unfair, diesen Konflikt auf dem Rücken der Wirtschaft und Millionen von Arbeitnehmern auszutragen“, sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann am Mittwoch in einer Mitteilung. Die Einigung zwischen Deutscher Bahn und GDL liege auf dem Tisch und müsse endlich umgesetzt werden. Unterstützung erhielt die GDL vom CDU-Politiker Heiner Geißler, der in dem Tarifkonflikt bereits als Vermittler tätig war. Ein Streik sei „völlig berechtigt“, sagte Geißler der Zeitung „taz“ (Donnerstag). Die Bahn müsse auf unzumutbare Bedingungen verzichten, die im Grundlagentarifvertrag aufgestellt worden seien. (dpa)
Deutsche Bahn will Gewerkschafts-Kooperation
Die Gewerkschaften Transnet und GDBA wollen nach dem Abbruch der Tarifverhandlungen zwischen Deutscher Bahn und GDL selbst verhandeln