Brüssel. Die Chipkrise bedroht die Existenz der Fahrzeuglogistiker. Die Unternehmen blicken in den Abgrund, warnt der Verband der Europäischen Fahrzeuglogistik (ECG) in Brüssel. Grund dafür ist, die Produktion in der Automobilindustrie sinkt dem Verband zufolge aufgrund der Materialengpässe weiter, die Nachfrage schwankt und verlässliche Prognosen gibt so gut wie keine.
Fahrzeuglogistiker kämpfen ums Überleben
Die Chip-Engpässe überlagern demnach aktuell alles. So werden die geplanten Diskussionen über die Dekarbonisierung der Lieferkette zwar fortgesetzt. Der Schwerpunkt habe sich aber auf das wirtschaftliche Überleben der Branche verlagert. Die Automobilindustrie müsse, fordert der Verband der Europäischen Fahrzeuglogistiker, deshalb alle möglichen Schritte unternehmen, um ihre Logistiklieferanten zu unterstützen.
So arbeite die Branche traditionell mit Verträgen, bei denen keine Mengen garantiert werden, wodurch die damit verbundenen Risiken vollständig von den Spediteuren getragen werden. Aktuell sei es unmöglich, formuliert es der Verband, vertraglich vereinbarte Dienstleistungen zu erbringen, die auf nicht mehr vorhandenen Mengen basieren. Die Kostenbasis steige und das Serviceniveau sei in diesem Umfeld nicht mehr zu halten, eine Herausforderung, die noch dadurch erschwert werde, dass fast jedes Fahrzeug verkauft werde, was zu weiteren Nachfragespitzen führe.
Fast über Nacht in der Verlustzone
„Ich habe noch nie einen so schnellen Vertrauensverlust in dieser Branche erlebt. Selbst Lehman Brothers und die darauffolgende Finanzkrise hatten nicht annähernd die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Sektor, welche die derzeitigen Lieferprobleme verursachen“, betont ECG-Präsident Wolfgang Göbel. „Die Unternehmen sind fast über Nacht in die Verlustzone geraten, der Cashflow wird für viele kritisch und wir müssen zumindest dafür sorgen, dass die Kunden ihre Rechnungen pünktlich bezahlen.“
So berichten ECG-Mitglieder, dass die Fahrzeugbestände in den Lagern und Terminals in ganz Europa ein Rekordtief erreicht haben. Eine Folge davon ist, dass einige Betreiber ihren Betrieb bereits an einem oder zwei Tagen in der Woche schließen, um der Nachfrage gerecht zu werden – eine Lösung, die theoretisch auf den gesamten Sektor ausgeweitet werden könnte. In einigen Fällen würden sogar ganze Betriebe vom Netz genommen. In ähnlicher Weise verlängern die Reedereien die Umläufe und Vorlaufzeiten, wenn Kapazitäten abgebaut werden, aber auch dies sollte mit allen Herstellern koordiniert werden. Alles dies geschieht laut dem ECG in einer Zeit, in der die Kosten schnell steigen und die Investitionen, die zur Unterstützung einer sich wandelnden Industrie notwendig sind, ebenfalls zunehmen.
OEMs müssen jetzt mit ihren Zulieferern zusammenarbeiten
„Die Zukunft wird ernsthaft beeinträchtigt werden“, findet Göbel deutliche Worte. „Wer heute Fahrer verliert oder Anlagen veräußert, kann sie nicht einfach ersetzen. Man muss sich nur den Containermarkt und den massiven Anstieg der Raten ansehen, der durch einen Kapazitätsmangel verursacht wurde, um sich vorzustellen, was passieren wird, wenn das Volumen wieder steigt. Die zugrunde liegende Nachfrage ist eindeutig sehr stark.“ Um so dringlicher fordert er: „Die Branche braucht Hilfe, um zu überleben und für den Aufschwung gerüstet zu sein.“ Dies aber werde nur gelingen, betont er, „wenn die OEM jetzt mit ihren Zulieferern zusammenarbeiten, um die Auswirkungen zu minimieren und sicherzustellen, dass sie den Aufschwung erleben.“
Vor diesem Hintergrund wird der ECG auf seiner Jahreskonferenz am 14. Und 15. Oktober 2021 in Brüssel zusätzlich zum geplanten Schwerpunktthema Nachhaltigkeit auch das Thema „Strategien zum wirtschaftlichen Überleben in der Chipkrise“ ganz oben auf ihre Tagesordnung setzen, teilt der Verband mit. (eh)