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Calais: Umgangston bei Migrantenkrise wird schärfer

07.08.2015 10:37 Uhr
Calais: Umgangston bei Migrantenkrise wird schärfer
Französische Polzeikräfte patroullieren nachts entlang der Gleise zum Eurotunnel auf der Suche nach Migranten
© Foto: Picture Alliance/EPA/Etienne Laurent

In ihrer Hilflosigkeit angesichts des Migrantenansturms liefern sich britische und französische Politiker unschöne Ausfälle. Brüssel macht Hilfsgelder für Frankreich und Großbritannien locker.

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Paris. Auch in dieser Woche haben wieder hunderte Flüchtlinge versucht, durch den Eurotunnel illegal nach Großbritannien zu kommen. In der Nacht von Montag auf Dienstag zählte die Polizei rund 600 Versuche. Die Nacht davor waren es 1700 und die Verärgerung auf der französischen Seite über die britische Haltung wächst. Seit mehreren Monaten habe er London gedrängt, mehr zu tun und sich stärker für ein Problem zu engagieren, das „die Briten genauso betrifft wie uns“, gab der Pariser Innenminister Bernard Cazeneuve gegenüber der christlichen Zeitung „La Croix“ zu Protokoll.

In Frankreich stehen die Regionalwahlen vor der Tür. Der Kandidat der in Les Républicains umgetauften Sarkozy-Partei für die Region Nord-Pas-de-Calais, Xavier Bertrand, übt inzwischen keinerlei diplomatische Zurückhaltung mehr und erinnert die Engländer daran, dass deren Grenze nicht in Calais, sondern bei Dover liege. Und die Küste bei Calais mit Stacheldrahtzäunen abzusperren, wie dem britischen Premier David Cameron vorschwebe, lehne er strikt ab.

Drohungen auf französischer Seite

Als unverantwortliches pures Wahlkampfgetöse kritisierte die Lokalpresse den jüngsten medialen Paukenschlag des Politikers, der am Sonntag in einem Interview mit der Zeitung Journal du Dimanche (JDD) gefordert hatte, falls London seine Asylpolitik nicht ändere und Frankreich mit dem Massenandrang von Migranten quasi weiter allein lasse, die Absperrungen schlicht zu öffnen und damit den Weg auf die britischen Inseln uneingeschränkt freizugeben. Das werde der Schwere der Situation nicht gerecht, hieß es dazu in der La Voix du Nord.

Denn auf dem Eurotunnel-Gelände gebe es immer wieder Tote, die Schutzanlagen um Calais machten aus der Stadt eine „verbotene Zone“ und die ohnehin nicht gerade wohlhabende Kommune leide wirtschaftlich unter der angespannten Lage und bräuchte dringend neue Investoren. Warum solle man auf die Exzesse der britischen Medien, die Frankreich in der Frage systematisch runterputze, verbal noch einen drauflegen, fragt das Blatt. Und wie solle man die Öffnung bewerkstelligen? Indem man die Migranten in den Eurostar stecke oder auf Schiffe verfrachte? Und wenn England sie dann zurückschickte?

Beifall für seinen effektheischenden Vorstoß hat Bertrand bislang nur von einer Grünen-Kandidatin bekommen, - auch für seine Forderung, die im Februar 2003 zwischen Paris und London geschlossene Vereinbarung von Touquet neu zu verhandeln. Diese sieht in 25 Artikeln die Einrichtung nationaler Kontrollbüros in den Häfen Dover, Calais, Boulogne-sur-Mer und Dunkerque vor und ist seither vielfach kritisiert worden. Aus französischer Sicht hat sie die britische Grenze in der Tat auf das gegenüber liegende staatliche Territorium vorgeschoben.

Brüssel will finanziell helfen

Inzwischen hat das Problem auch eine Brüsseler Dimension erhalten. Der EU-Kommissar für Migrantenfragen, Dimitris Avramopoulos, kündigte am Dienstag nach einem Gespräch mit den betroffenen Innenministern diesseits und jenseits des Kanals der französischen Seite „im Rahmen des Europäischen Fonds für Asyl, Migration und Integration“ 20 Millionen Euro an. Aus demselben Topf hatte London schon 27 Millionen erhalten. Insgesamt sind in Brüssel bis 2020 für Frankreich 266 Millionen und für England 370 Millionen Euro an Unterstützungsgeldern im Etat vorgesehen. Avramopoulos erklärte, er habe vollstes Vertrauen in die Fähigkeit beider Länder, das Migrantenproblem zu regeln. Die Situation in Calais zeige aber, wie dringend es sei, eine größere Solidarität und Verantwortlichkeit im Umgang mit dem Migrationsdruck in Europa zu praktizieren. (jb)

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