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Briefkastenfirmen beschäftigen EU-Parlament

06.05.2014 11:14 Uhr
Briefkastenfirmen beschäftigen EU-Parlament
Gestrandete bulgarische Fahrer an einer Autobahn in den Niederlanden. Sie erhielten seit zwei Monaten keinen Lohn.
© Foto: Picture Alliance/ANP/Bas Czerwinski

So genannte Briefkastenfirmen sind das rechtliche Vehikel für organisiertes Sozialdumping im Straßengütertransport. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament, Brian Simpson, spricht von moderner „Sklavenarbeit“.

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Brüssel. Bei einer Aussprache im EU-Parlament zum Thema Briefkastenfirmen im Straßengütertransport, griff der Brite Brian Simpson zu dratischen Worten: „Es gibt im Jahr 2014 in Europa einen Wirtschaftssektor, in dem Sklavenarbeit zunimmt. Und dieser Sektor ist der Straßengütertransport.“ Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament beklagte, dass die Zahl der Briefkastenfirmen, die laut EU-Gesetz verboten (EG 1071/2009) sind, derzeit sogar noch zunehme. „Es gibt Belege dafür, dass Briefkastenfirmen nicht nur weiter bestehen, sondern ihre Zahl sogar zunimmt“, sagte Simpson. Damit nehme auch das Sozialdumping zu. Diese Firmen seien die Hauptquelle für systematisches und organisiertes Sozialdumping. Simpson stützte seine Aussagen auf eine 2013 veröffentlichte Studie des Parlaments.

Briefkastenfirmen seien ein „klassisches Modell für Sozialdumping“: Unternehmen aus Ländern mit hohen Sozialstandards eröffnen in Ländern mit niedrigen Standards Firmen ohne echte Infrastruktur und beschäftigen Fahrer zu den Bedingungen dieser Länder. „Das muss ein Ende haben und die Gesetze müssen richtig angewendet werden“, so Simpson (siehe Kasten).

Konkret wollte er im Namen aller Abgeordneten wissen, was die Kommission und die EU-Mitgliedsländer gegen die geübte Praxis unternommen habe. Es gebe keinerlei Zahlen oder Belege dafür, dass die seit zwei Jahren geltenden Vorschriften umgesetzt würden. Einige Mitgliedstaaten weigerten sich sogar, auf Bitten anderer Mitgliedstaaten gegen solche Firmen vorzugehen.

Länder haben Berichte erstellt

„Es ist schwierig, über illegale Dinge Statistiken zu führen“, wehrte sich EU-Umweltkommissar Janez Potočnik in Vertretung von Verkehrskommissar Siim Kallas. Die EU-Mitgliedstaaten hätten erst Ende 2013 über die Umsetzung des 2011 in Kraft getretenen Gesetzes berichten müssen. Die Kommission werte diese Berichte derzeit aus und werde bald eine Zusammenfassung veröffentlichen.

Gegen sieben Mitgliedstaaten habe die Kommission bereits Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet: Zypern, Tschechien, Griechenland, Luxemburg, Polen, Portugal und Irland. Sie hätten bis Ende 2012 nicht dafür gesorgt, dass Behörden aus anderen Staaten Zugriff auf eingetragene Straßengütertransportunternehmen in nationalen elektronischen Registern erhalten.

Kritik an Kallas‘ Arbeit

Außerdem werde die EU-Kommission gegen Ende des Jahres eventuell neue Regeln zur Durchsetzung der Verordnung EG 1071/2009 vorschlagen – und damit auch den Kampf gegen die Briefkastenfirmen verstärken. Über aktuelle Maßnahmen oder Beobachtungen aus den vergangenen Jahren berichtete Potočnik nichts.

„Das ist beschämend und bezeichnend für die Arbeiten von Kallas“, wertete die Grüne Eva Lichtenberger. Der EU-Verkehrskommissar sei immer schnell dabei gewesen, Unternehmen zu fördern und Liberalisierungen voranzutreiben. Das Thema Sozialdumping habe er dagegen immer unterschätzt, ja sogar abschätzig behandelt. (kw)

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