Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Baumeister ohne Plan Dass Verkehrsprojekte ins Stocken geraten, liegt nicht immer am fehlenden Geld. Häufig ist Personalmangel der Grund, warum bewilligte Mittel nicht abgerufen werden. Nach seinem Ausflug in die Welt der digitalen Infrastruktur hat sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nun auch der klassischen Infrastruktur aus Beton zugewandt. Bei einem Besuch der Schleusenanlagen in Brunsbüttel versprach der Ressortchef die vollständige Finanzierung der fünften Schleusenkammer des Nord-Ostsee-Kanals (NOK). Medienberichte über eine Kostenexplosion bei dem ursprünglich auf 375 Millionen Euro veranschlagten Projekt wollte er nicht bestätigen. Zuvor hatten Branchenverbände ausreichend qualifiziertes Personal verlangt, um bereitgestellte Infrastrukturmittel zu verbauen. Bund sichert Finanzierung des NOK „Der Bund wird die Finanzierung für die fünfte Schleusenkammer sicherstellen“, sagte der Minister anlässlich der Unterzeichnung der Planungsvereinbarung für den Ausbau des NOK. Dies gelte auch für mögliche Kostensteigerungen. Für die Exportnation Deutschland sei der Nord-Ostsee-Kanal sehr wichtig. Die geplante fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel soll nach dem Willen des Ministers bereits in sechs Jahren zur Verfügung stehen. „2020 wird das erste Schiff durchgehen“, sagte Dobrindt. Begleitet wurde der CSU-Politiker von seinen parlamentarischen Staatssekretären Enak Ferlemann (CDU) und Dorothee Bär (CSU). Im Koalitionsvertrag wird dem NOK eine „zentrale Rolle“ bescheinigt. Der 400 Mitglieder starke Unternehmerverband Unterelbe-Westküste hatte kritisiert, die Sanierung, die bereits in diesem Jahr abgeschlossen sein sollte, werde weiter verschleppt. Ein gut funktionierender Kanal sei auch für Hamburg, Deutschlands größten Hafen, ein Wettbewerbsfaktor, betonte der parteilose Wirtschaftssenator der Hansestadt, Frank Horch. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) erinnerte daran, dass im vergangenen Jahr knapp 200 Millionen Euro aus dem Etat für Wasserstraßen nicht ausgegeben wurden, da der Bund nicht in ausreichendem Maße fertig geplante und baureife Projekte vorliegen hatte. BDB-Präsident Georg Hötte: „In der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) fehlen mehrere hundert Planungsingenieure und Juristen, um sämtliche Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen an den Flüssen und Kanälen zeitnah zu realisieren“. Dobrindts Sprecher, Stefan Ewert, räumt ein, derzeit sei die Personalausstattung in der WSV durch die jahrelangen haushaltsrechtlichen Einsparauflagen äußerst knapp bemessen. Personalnot in Bauverwaltungen Personalmangel in der Bauverwaltung behindern die Sanierung von Infrastrukturprojekten nicht nur in Schleswig-Holstein. In Stuttgart bestätigte das Verkehrsministerium, dass Millionen für den Straßenbau nicht abgerufen worden seien. Die Straßenbauverwaltung sei „an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit angekommen“. Die oppositionelle CDU spricht von mindestens 100 Millionen Euro, die Baden-Württemberg durch die Lappen gegangen seien, die grün-rote Koalition von 15 Millionen Euro. In Berlin konnten 2013 statt der bewilligten 10,5 nur 6,4 Millionen Euro ausgegeben werden. Insgesamt sind 78 Brücken in der Hauptstadt in einem so schlechten Zustand, dass sie dringend saniert werden müssten. Auch beim Neubau von Brücken hinkt die Senatsverwaltung hinterher. Statt 15 seien nur 7,3 Millionen Euro ausgegeben worden. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Nord-Ostsee-Kanal Der Nord-Ostsee-Kanal ist die meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Während der größte Teil des rund 100 Kilometer langen Kanals längst ausgebaut wurde, ist der Ostabschnitt arg in die Jahre gekommen. Mit dem Ausbau sollen die Fahrspur und die Kurveninnenseiten erweitert werden, sodass größere und tiefer gehende Schiffe die Wasserstraße passieren können. Ein Dauerproblem sind dabei die Schleusenanlagen, die zum Teil noch aus der Kaiserzeit stammen. Jährlich passieren rund 35.000 Schiffe den Kanal. jök