Auswahl des Telematiksystems

Auswahl des Telematiksystems„Technikfreaks treffen auf Unternehmer“Telematikanbieter wirken auf Unternehmer nicht selten technikverliebt. Richtig eingesetzt helfen sie bei der Unternehmensführung. Experten geben Tipps zur Auswahl des richtigen Telematiksystems.Mühe und Investition in die Einführung eines Telematiksystems lohnen sich, so die klare Ansage von Franck Leveque bei der VerkehrsRundschau-Veranstaltung Telematik-Kaufberatung im Rahmen der IAA Nutzfahrzeuge. Und der Vice President Growth Consulting bei der Beratungsfirma Frost & Sullivan hat Zahlen parat: 19 Monate Amortisationszeit und 72 Prozent Return on Investment im ersten Jahr waren die Ergebnisse eines Telematikprojektes beim Logistikdienstleister Havi Logistics. Das Unternehmen ist vor allem für den Hamburger-Brater McDonalds unterwegs. Die Werte seien umso beachtlicher, als dass Havi bereits gut aufgestellt gewesen sei und nur wenige direkte Kostenfaktoren in die Kalkulation eingeflossen seien: Durch verbesserte und verkürzte Streckenführungen sind Fahrzeug- und Dieselkosten sowie Fahrerlöhne gespart worden. Durch den automatischen Download der Daten aus dem digitalen Tachografen entfielen die Tätigkeiten für den manuellen Download. „Die Telematiklösung hat aber nicht nur die Kosten gesenkt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die verbesserte Zusammenarbeit zwischen McDonalds und Havi“, berichtet Leveque von dem Projekt. Mit den Telematikdaten konnte die Fastfood-Kette ihre Logistikprozesse im Warenein- und -ausgang verbessern. Der Vorteil für den Logistikdienstleister: verbesserte Kundenbindung. Hier sieht Leveque auch eine wichtige Stärke von Telematik: „Sie senkt nicht nur die Kosten, sie hilft auch Umsätze zu halten oder neue zu gewinnen.“ Doch vor der Ernte kommt die Saat – sprich Auswahl, Einkauf und Einführung des passenden Telematiksystems. Und hier prallen Welten aufeinander. „Softwareverliebte Technikfreaks treffen auf Transportunternehmer“, weiß Bernd Schoob, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Fleetconsult. An dieser Stelle liegt daher der erste Stolperstein auf dem Weg zum richtigen Telematiksystem. „Sie dürfen sich bei der Auswahl nicht von technischen Möglichkeiten blenden lassen, sondern müssen sich vorher überlegen, welche Einflussbereiche – Fuhrpark, Disposition oder Verwaltung – sie verbessern wollen“, rät Experte Schoob.Nicht alles auf einmalDabei sollte sich kein Unternehmer überfordern und erst einmal mit dem Bereich anfangen, in dem der Schuh am meisten drückt. Diese Anforderungen gilt es in eine möglichst detaillierte Ausschreibung zu gießen. „Es reicht, wenn dann die beiden nach Preis-Leistung besten Anbieter zur Präsentation eingeladen werden“, sagt Schoob. Wichtig dabei: sich die Funktionen vorführen lassen, um die es geht, und nicht in einer Komplettpräsentation verzetteln. Von Testinstallationen rät der Berater dagegen ab. Sie, so seine Erfahrung, kosten viel Zeit und brächten selten das erhoffte Ergebnis. Passende Referenzprojekte indes seien ein gutes Zeichen.Zwei bis drei Monate veranschlagt Schoob für die Auswahl inklusive Ausschreibung. Hinzu kommen mindestens drei Monate für Einbau und Einführung. Wer einen straffen Zeitplan einhalten will, darf sich nicht von der Fraktion der Softwarefreaks blenden lassen. Die können zwar alles programmieren, das aber kostet Zeit und erhöht das Risiko. Besser sind konfigurierbare Systeme, die sich einfach in die vorhandenen Speditionssysteme integrieren und anpassen lassen. Aus der Einbindung in vorhandene Prozesse und Speditionssoftware ergibt sich die Maßgabe: nicht kleckern, sondern klotzen. Wer auf Telematik setzt, sollte diese im ganzen Unternehmen oder in abgeschlossenen Teilbereichen einführen. Die Ausstattung nur der Neufahrzeuge führt zu Stückwerk. Tachodaten nutzenEin ähnlicher Flickenteppich entsteht, wenn nicht alle vorhandenen Systeme miteinander verbunden werden. Dazu zählt nicht zuletzt der digitale Tachograf als wichtiger Datenlieferant für die Lenk- und Ruhezeiten. „Durch den nun möglichen Remote Download ist es an der Zeit, das Telematiksystem mit dem Tacho zu verbinden“, sagt Alexander Németh, ANE Projektmanagement & Training.Dabei warnt der Tacho-Experte vor zwei Stolpersteinen: Zum einen erfüllen nur die signiert vom Tacho heruntergeladenen Daten die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Archivierungspflicht. Bei älteren Geräten können die Daten zu den Lenk- und Ruhezeiten zwar über die D8-Schnittstelle vom Telematiksystem abgegriffen und ebenfalls zu Dispositionszwecken verwendet werden, sie haben aber wegen der fehlenden Signatur nur einen Informations-charakter. Zum anderen birgt die möglicherweise unterschiedliche Taktung von Tacho und Telematiksystem Tücken. Letzteres meldet Ereignisse mitunter sekundengenau, während der digitale Tachograf auf Minutenbasis arbeitet. Das kann in der Disposition zu unterschiedlichen Angaben zur Restlenkzeit führen. Hier gilt es, die Tachodaten als Planungsbasis zu nutzen. Von den vier derzeit in Deutschland erhältlichen digitalen Tachografen bieten laut Németh nur die Geräte von Stoneridge den Remote Download ohne zusätzliche Hardware. „Deren Transferprotokolle können über die Hardware des Telematikanbieters genutzt werden“, erklärt Németh. „Das ist der Königsweg“ und Némeths persönlicher Tipp, wenn schon ein Telematiksystem vorhanden ist. Ist nur ein einfaches Tracking und Tracing geplant und noch keine Telematiklösung angeschafft, wäre der VDO eine Überlegung wert. Dessen Hardware für den Remote Download sei telematikfähig und unterstütze diese Funktionen. Wer will, oder auf Druck seiner Kunden muss, kann neben der ziehenden Einheit auch seinen Trailer telematikfähig machen. „Während die Zugmaschinensysteme im Fokus der Transporteure stehen, ist die Trailertelematik im Fokus des Verladers und der Spediteur tut wohl, wenn er sich darauf einstellt“, mahnt Karl-Heinz Neu, Geschäftsführer von Cargobull Telematics. Trailertelematik sei eine Ergänzung zur Zugmaschinentelematik. Die Systeme sind ähnlich aufgebaut. Es gibt ein Steuergerät inklusive der Technik für Kommunikation, Ortung und Navigation. Hinzu kommen je nach Bedarf Sensoren zur Überwachung von Ladung und Laderaum sowie Sensoren, die die technischen Komponenten des Trailers im Blick haben.Die Datenübertragung erfolgt über das Mobilfunknetz und verschiedene angebotene Dienste helfen bei der Nutzung der gewonnenen Daten. Der Einstieg beginnt bei einer Investition von rund 600 Euro für ein Ortungssystem bei einem Planenauflieger. Die obere Grenze sind 1300 bis 1400 Euro für die Ausstattung eines Kühltrailers mit allen verfügbaren Sensoren. Hinzu kommen, je nach gebuchtem Service, 20 bis 40 Euro an monatlichen Gebühren. „Diese Investition amortisiert sich in der Regel in unter einem Jahr“, rechnet Neu. Er rät dazu, die Daten mit den Daten der anderen Systeme in die Speditionssoftware zu integrieren. „Alles andere ist unter dem Strich teurer.“ ❙❚■ Serge VoigtAuswahl des TelematiksystemsCargobull- Telematics-Geschäftsführer Karl-Heinz Neu: „Trailertelematik rechnet sich in einem Jahr“

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