Arbeitsrecht: Nicht ohne Einwilligung

In Kürze Das allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Datenschutz verhindern, dass ein Arbeitgeber Informationen ohne die Einwilligung des Arbeitnehmers weitergeben darf. Davon gibt es nur sehr seltene Ausnahmen. Hält sich ein Arbeitgeber nicht daran, kann der Angestellte dagegen vorgehen. Darf ein Unternehmer oder Personalverantwortlicher einfach anrufen, um sich bei einem früheren Arbeitgeber über einen neuen Arbeitnehmer oder einen Bewerber zu erkundigen? Und darf ein Unternehmen Informationen über einen Arbeitnehmer ohne weiteres weitergeben? "Dass der neue potenzielle Arbeitgeber zum Hörer greift, ist nachvollziehbar und tägliche Praxis, wenn auch rechtlich nicht zwingend zulässig. Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das ist eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und grundgesetzlich geschützt", so Joanna Zoglowek, Senior Associate und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle. "Es beinhaltet das Recht, selbst über die Verwendung und Preisgabe seiner personenbezogenen Daten zu entscheiden." Jeder Arbeitnehmer kann also selbst entscheiden, ob ihn betreffende Informationen an andere weitergegeben werden. Zugleich sei das Datenschutzrecht zu beachten: egal ob ein möglicher künftiger oder der neue Arbeitgeber den alten anruft, oder ob der ursprüngliche zum Hörer greift. Eine Datenverarbeitung sei ohne Rechtsgrundlage nicht zulässig. "Sie benötigen einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand, der Ihnen erlaubt, die Informationen weiterzutragen: Und das wird in der Regel die Einwilligung des Arbeitnehmers sein." Bevor ein Unternehmer Informationen über einen Arbeitnehmer oder Ex-Arbeitnehmer weitergibt, müsste er also zuerst Rücksprache mit diesem halten und dessen Einwilligung einholen, dass man seine Informationen weitergeben darf - ganz egal, ob der Unternehmer einen entsprechenden Anruf erhält oder selbst aktiv ein anderes Unternehmen anrufen möchte. "Wenn personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers verarbeitet werden - darunter fällt auch die Informationsweitergabe -, gilt rechtlich, dass die Person darüber informiert werden muss. Das legt das Datenschutzrecht fest." Solange der Angestellte keine Einwilligung erteilt, darf ein Arbeitgeber oder Ex-Arbeitgeber entsprechende Daten nicht an einen Dritten weitergeben. Seltene Ausnahmen Allerdings gilt auch hier: keine Regel ohne Ausnahme. Wenn eine gesetzliche Auskunftspflicht bestehe, zum Beispiel gegenüber staatlichen Stellen wie der Arbeitsagentur, könne das Unternehmen ohne Rücksprache mit dem Arbeitnehmer Informationen weitergeben, sagt Zoglowek. Auch wenn ein Verhalten besonders geschäftsschädigend oder schwerwiegend war, also etwa einen Straftatbestand erfüllt hat, und es zugleich für das neue Arbeitsverhältnis von Relevanz ist, darf ein früherer Chef den künftigen warnen, ohne sich die Einwilligung holen zu müssen. Das ist aber immer eine Frage des Einzelfalls und einer Interessensabwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten des Arbeitnehmers und gleichwertigen schutzwürdigen Interessen anderer. "Es muss ein schutzwürdiges überwiegendes Interesse an der Informationsweitergabe bestehen. Informationen an den neuen Arbeitgeber weiterzugeben, ist also rechtlich kaum möglich, nur unter sehr strengen Voraussetzungen." Diese Informationen dürfen sich ausschließlich auf Leistung und Verhalten des Mitarbeiters während des Arbeitsverhältnisses beziehen und müssen der Wahrheit entsprechen. Kleinere Pflichtverletzungen im Arbeitsverhältnis zählen nicht dazu. Besser verzichten Das zeigt auch ein jüngeres Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom Juli 2022 (Aktenzeichen 6 Sa 54/22). In dem Fall hatte der Ex-Chef einer Arbeitnehmerin gegenüber dem neuen Arbeitgeber unter anderem behauptet, dass Angaben im Lebenslauf nicht stimmten und die Arbeitnehmerin wiederholt unentschuldigt bei der Arbeit gefehlt habe. Die Frau klagte auf Unterlassung und bekam recht. Der Ex-Arbeitgeber könnte mit Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen konfrontiert werden, wenn er ohne Rücksprache und Einwilligung des ehemaligen Arbeitnehmers Informationen weitergebe, hebt Zoglowek hervor. Eine Unterlassung bedeutet, dass der frühere Chef die entsprechenden Aussagen nicht mehr weiterverbreiten darf und im Zweifel auch widerrufen muss, wenn diese nicht den Tatsachen entsprechen. Ein Schadensersatzanspruch kommt zum Beispiel in Betracht, wenn der Angestellte aufgrund der Aussage des ehemaligen Arbeitgebers in der Probezeit gekündigt worden ist. "Ich würde grundsätzlich vor allem den Ex-Arbeitgebern empfehlen, lieber darauf zu verzichten, sich bei einem neuen Arbeitgeber meines früheren Angestellten zu melden. Es gibt keine gesetzliche Auskunftspflicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber. Es besteht auch keine vertragliche Beziehung zu diesem", erklärt Zoglowek.Vor allen Dingen sei das Risiko vorhanden, dass der Arbeitnehmer sich mit den genannten Mitteln wehre, wenn er von der Informationsweitergabe Kenntnis erlange. "Außerdem sollte der Arbeitgeber bedenken, dass sich solche Aktionen auch im Bewerbermarkt herumsprechen." Nachfrage im Bewerbungsgespräch? Auch ein künftiger Arbeitgeber, bei dem sich ein Bewerber zum Beispiel auf eine Stellenanzeige meldet, darf nicht ohne die Einwilligung des möglichen künftigen Angestellten Informationen über diesen einholen. Und diese Einwilligung muss freiwillig erfolgen, betont die Anwältin. Macht es daher Sinn, im Bewerbungs-gespräch zu fragen, ob man sich als potenzieller neuer Arbeitgeber über den Bewerber bei seinem jetzigen Chef erkundigen darf? Wenn der Bewerber etwa kein Zeugnis vorlegt, sei es nachvollziehbar, dass die Frage aufkäme, wieso dies der Fall sei, so die Anwältin. Und ob man das Zeugnis anfordern könne oder mit dem Ex-Arbeitgeber telefonieren dürfe. Bei Zeugnissen sei aber zu berücksichtigen, dass diese in der Praxis häufig keine Aussagekraft hätten, da sie oftmals im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs nach einer Kündigung entstanden und somit "erkauft" seien. Daher sei verständlich, dass der neue Arbeitgeber ein hohes Interesse daran habe, den Ex-Arbeitgeber anzurufen. "Grundsätzlich stellt sich aber die Frage, ob das bei Arbeitnehmern im hart umkämpften Bewerbermarkt so gut ankommt. Solch ein Verhalten kann auch den Eindruck von fehlendem Vertrauen erwecken." Mehr zum Thema finden Sie unter #Arbeitsrecht www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag

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