Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen

Allgemeine Deutsche SpediteurbedingungenHaftungsfalle ADSpDie Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) beschränken die Haftung des Spediteurs im Vergleich zur Gesetzeslage. Zukünftig müssen Spediteure für bestimmte Fallsituationen aber befürchten, mit Vereinbarung der ADSp ihre Haftung zu erweitern.Schließt der Luftfrachtspediteur einen Vertrag über die Beförderung oder Transportorganisation eines Gutes per Flugzeug und finden auf diesen Vertrag die Haftungsbestimmungen des Montrealer Übereinkommens (MÜ) sowie ergänzend die Haftungsklauseln der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) Anwendung, kann es aus dem Zusammenspiel beider Regelungswerke ein böses Erwachen für den Luftfrachtspediteur geben. Denn der BGH legt in einem aktuellen Urteil die Ziffer 27.2 ADSp im Sinne eines Verzichts auf die Haftungshöchstsummen nach Art. 25 MÜ aus. Ging die Praxis bisher davon aus, dass der Luftfrachtspediteur bei Schäden an dem Luftfrachtgut nur mit 19 Sonderziehungsrechten pro Kilogramm haftet, ist nun in Fällen eines qualifizierten Verschuldens von einer unbegrenzten Haftung auszugehen. Das Speditionsgewerbe befürchtet nun, dass die Gerichte Ziffer 27 ADSp im Verhältnis zu ähnlichen gesetzlichen Vorschriften bei der Beförderung oder Versendung zur See, mit Binnenschiffen und Eisenbahnen im gleichen Sinne, nämlich einer Haftungserweiterung im Vergleich zu den gesetzlichen Haftungsbestimmungen, auslegen werden. Die Haftungsregeln des MÜ enthalten die Besonderheit, für Güterschäden keine Haftungsdurchbrechung bei qualifiziertem Verschulden des Luftfrachtführers zu kennen. Da in den Fällen des Selbsteintritts, der Sammelladungsspedition und insbesondere der Fixkostenspedition der Spediteur wie ein Luftfrachtführer haftet, ist danach auch seine gesetzliche Haftung undurchbrechbar, selbst dann, wenn er oder seine Mitarbeiter den Schaden vorsätzlich verursacht haben. Das MÜ selbst kennt jedoch zwei Möglichkeiten, zu einer höheren Haftung des Luftfrachtführers als 19 SZR/kg zu kommen; zum einen durch Eintragung einer Interessedeklaration im Luftfrachtbrief und Entrichtung des vereinbarten Zuschlags zur Fracht (Art. 22 Ziffer 3 MÜ) und zum anderen durch eine – zulasten des Luftfrachtführers stets mögliche – Vereinbarung höherer Haftungssummen oder eines Verzichts auf die Haftungshöchstsummen (Art. 25 MÜ).Ziffer 27 ADSp muss angepasst werdenSeit dem Inkrafttreten des MÜ wurde kontrovers diskutiert, ob die ADSp einen solchen Verzicht enthalten. Zuletzt konzentrierte sich die Diskussion auf die Frage, ob die Formulierung in Ziffer 27 ADSp, „die auf die vorstehenden Haftungsbefreiungen und -begrenzungen“ Bezug nimmt, auch auf die gesetzlichen Haftungsbestimmungen des MÜ Bezug nimmt. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 22. Juli 2010 in der Revisionssache I ZR 194/08 unter Hinweis auf die Ziffer 23.1.2 ADSp bejaht. Denn diese Klausel verweist auf die gesetzlichen Haftungsregelungen, die auf einen Transport mit einem Beförderungsmittel Anwendung finden, und macht diese damit selbst zum Inhalt der ADSp (siehe Kasten unten „BGH-Leitsatz“). Konsequenz dieser Auslegung: Ziffer 27.2 ADSp enthält einen Verzicht auf die Haftungshöchstsummen des MÜ für die Fälle, in denen dem Spediteur ein qualifiziertes Verschulden vorzuwerfen ist.Diese Situation ist misslich. Denn aus AGB-rechtlichen Gründen ist es erforderlich, dass die ADSp eine Haftungsklausel wie Ziffer 27 ADSp enthalten, die bei einem qualifizierten Verschulden sowie generell bei der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht die in den ADSp verankerten Haftungsbegrenzungen entfallen lassen. Ohne eine solche Klausel wären die Haftungsklauseln der ADSp unwirksam. In den ADSp kann daher auf diese Klausel nicht verzichtet werden; für die Zukunft muss sie aber inhaltlich überarbeitet werden. Denn es reicht nicht mehr aus, dass Ziffer 27 ADSp seinem Inhalt nach den in § 435 Handelsgesetzbuch (HGB) definierten Anforderungen an einen Wegfall der Haftungsbegrenzungen genügt. Die aktuelle BGH-Entscheidung macht deutlich, dass Ziffer 27 ADSp inhaltlich an das MÜ angepasst werden muss. Ähnliches gilt für internationale Eisenbahntransporte. Denn Art. 36 der Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM) zählt die Vorschriften auf, deren Haftungsbeschränkungen bei qualifiziertem Verschulden nicht anwendbar sind mit der Folge, dass die Art. 23 und 25 CIM mit den allgemeinen und bevorrechtigten Haftungsbefreiungsgründen anwendbar bleiben. Ziffer 27 ADSp könnte auch hier für Fälle eines qualifizierten Verschuldens so ausgelegt werden, dass Art 23 und 25 CIM nicht anzuwenden sind. Auch bei Seebeförderungen und internationalen Binnenschiffstransporten könnte Ziffer 27 ADSp im Sinne einer Haftungserweiterung verstanden werden. Denn § 660 HGB und Art. 21 des Budapester Übereinkommens über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) sind im Vergleich zu Ziffer 27 ADSp so ausgestaltet, dass die Haftungsbeschränkungen nicht bei einem qualifizierten Verschulden der Leute (Mitarbeiter) und eingesetzten Unterfrachtführer (Subunternehmer) entfallen, sondern nur dann, wenn dem Beförderer, also der Unternehmensleitung selbst, ein qualifiziertes Verschulden vorzuwerfen ist. Da in Ziffer 23 ADSp auch auf diese gesetzlichen Bestimmungen, die die Zurechnung des Verhaltens dritter Personen regeln, verwiesen wird, ist davon auszugehen, dass die Gerichte zukünftig auch in diesen Fällen Ziffer 27 ADSp im Sinne einer Haftungserweiterung auslegen werden. Auswirkungen in der PraxisWenn Ziffer 27 ADSp bei Seebeförderungen und grenzüberschreitenden Luft-, Bahn- und Binnenschiffstransporten als Haftungserweiterung angesehen wird, ist es für die beschriebenen Fallsituationen möglich, dass der Spediteur gegenüber seinem Vertragspartner einer unbegrenzten Haftung unterliegt. Lediglich im Bereich rein innerdeutsches Transportrecht (ohne See) und des internationalen Straßengüterverkehrs bleibt alles beim Alten, da Art. 29 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) seinerseits auf § 435 HGB verweist und Ziffer 27 ADSp im Vergleich zu § 435 HGB keine Haftungserweiterung enthält.Sollte der Schaden bei ausführenden Frachtführern oder Verfrachtern eingetreten sein, wäre der Spediteur im Regress gegen den Schadensstifter zudem an die nach Gesetz geltenden gewichtsbezogenen Haftungsbegrenzungen gebunden, wenn er im Vertrag mit den von ihm eingesetzten Subunternehmern keine Haftungserweiterung vereinbart hat. Die Differenz ginge dann zu seinen Lasten.Tipp für die PraxisDas BGH-Urteil zu Ziffer 27 ADSp wird eine Überarbeitung dieser Klausel notwendig machen. Bis dahin ist jedem nach den ADSp arbeitenden Spediteur zu raten, bereits bei der Einbeziehung der ADSp in den Vertrag seinen Kunden darauf hinzuweisen, dass mit der Vereinbarung der Ziffer 27 ADSp keine Haftungserweiterungen verbunden sein sollen. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) e.V. hat hierzu bereits eine unverbindliche Formulierungshilfe (siehe Kasten oben „Formulierungsvorschlag“) erarbeitet, die jeder Spediteur auf seinen Briefbögen oder sonstigen Schriftstücken übernehmen kann. Darüber hinaus kann sich jeder Spediteur überlegen, ob er seine Auftraggeber nicht per Kundenbrief darüber unterrichtet, dass Ziffer 27 ADSp nicht als Haftungserweiterung gelten soll. Schließlich sollte er Vorsorge dafür treffen, dass bei neuen Vertragabschlüssen eine solche Klarstellung erfolgt. Nur so lassen sich die Auswirkungen dieser BGH-Rechtsprechung mildern und nur so bleiben die ADSp, was sie sein wollen: Ein Klauselwerk, das die Haftungsrisiken des Spediteurs einschränkt und nicht erweitert. ❙❚■ Rechtsanwalt Hubert Valder ist Justiziar des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV)Vorsicht Falle: Spediteure müssen in bestimmten Fällen befürchten, mit Vereinbarung der ADSp ihre Haftung zu erweiternAllgemeine Deutsche SpediteurbedingungenDadurch, dass in Nr. 23.1.2 ADSp auf den „gesetzlich festgelegten Haftungshöchstbetrag“ verwiesen wird, ist auch die in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ angeordnete Haftungsbegrenzung zu einer „vorstehenden Haftungsbegrenzung“ im Sinne von Nr. 27 ADSp geworden, auf die sich der Luftfrachtführer bei Vorliegen der Voraussetzungen für ein qualifiziertes Verschulden nicht berufen kann (Nr. 27.2. ADSp).Der DSLV empfiehlt folgenden ADSp-Hinweis zur unverbindlichen Anwendung:„Wir arbeiten ausschließlich auf Grundlage der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen, jeweils neuster Fassung. Diese beschränken in Ziffer 23 ADSp die gesetzliche Haftung für Güterschäden nach § 431 HGB, für Schäden im speditionellen Gewahrsam auf 5,- Euro/kg; bei multimodalen Transporten unter Einschluss einer Seebeförderung auf 2 SZR/kg sowie ferner je Schadenfall bzw. -ereignis auf 1 Mio. bzw. 2 Mio. Euro oder 2 SZR/kg, je nachdem welcher Betrag höher ist. Ergänzend wird vereinbart, dass Ziffer 27 ADSp weder die Haftung des Spediteurs noch die Zurechnung des Verschuldens von Leuten oder sonstigen Dritten abweichend von gesetzlichen Vorschriften wie Art. 25 MÜ, Art. 36 CIM, Art. 21 CMNI, § 660 HGB zugunsten des Auftraggebers erweitert.

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