Brüssel. Die europäische Automobilindustrie erwartet von der Politik schnelle und eindeutige Entscheidungen im Hinblick auf die Abgasgrenzwerte und die damit verbundenen Testmethoden. In einer Erklärung bedauerte der Dachverband der Branche ACEA am Freitag, dass „die Krise einer einzelnen Firma“, Zweifel an der modernen Dieseltechnologie geweckt habe. Dieselmotoren seien ein Kernelement der Strategie, mit der die Branche die europäischen Klimaschutzvorgaben erreichen wolle.
„Jede Begrenzung für Dieselfahrzeuge hätte schwerwiegende Konsequenzen für die Fähigkeit aller Hersteller, ihre Klimaziele zu erreichen, zumal alternative Antriebe bislang kaum vom Markt angenommen werden“, heißt es in der Erklärung. ACEA-Präsident Carlos Ghosn sagte nach einer Sitzung des ACEA-Präsidiums, an der auch VW-Chef Matthias Müller teilnahm, die Industrie brauche schnell Klarheit über die Einführung neuer Abgastests.
Die Abgeordneten der grünen Fraktion im Europäischen Parlament hatten am Vortag einen Antrag eingereicht, um gegen die neuen Tests zur Überprüfung von Stickoxiden und anderen Schadstoffen, auf die sich die Mitgliedsstaaten Ende Oktober verständigt hatten, das Veto des Parlamentes einzureichen. Der zuständige Ausschuss des Ministerrates hatte am 28. Oktober beschlossen, dass die bei den neuen Tests (RDE) gemessenen Werte, die gesetzlichen Grenzwerte in einer Übergangsperiode bis 2020 um mehr als das Doppelte überschreiten dürfen, danach noch um 50 Prozent. Das halten nicht nur die Grünen für zu hoch. Es erscheint deswegen möglich, dass sich der Umweltausschuss am 14. Dezember gegen das neue Testverfahren ausspricht. Dann müssten sich die Umweltminister damit befassen. Für ein Veto des Parlamentes, über das im Januar abgestimmt werden könnte, müsste sich die Mehrheit der Mitglieder des Parlamentes aussprechen.
ACEA-Generalsekretär Erik Jonnaert mahnte „mehr Kohärenz“ in der Klima- und Abgaspolitik der EU an. Die Autolobby geht davon aus, dass es zwischen dem Klimaschutz und der Luftreinhaltung einen Zielkonflikt gibt: Dieselfahrzeuge brauchen zwar weniger Kraftstoff und stoßen deswegen weniger Treibhausgas pro Kilometer aus, sie erzeugen aber mehr Stickoxide und gesundheitsschädliche Partikel als Benzinmotoren. Die EU habe die Diesel-Option für den Klimaschutz bislang unterstützt, sagte Jonnaert. 17 Mitgliedsstaaten würden den Kauf von Dieselfahrzeugen sogar mit besonderen Anreizen fördern. Die Politik dürfe jetzt „keine widersprüchlichen Signale“ aussenden und Zweifel an den Prioritäten aufkommen lassen. Es gehe darum, klare Regeln aufzustellen, die die Hersteller zu vertretbaren Kosten einhalten könnten und die das Vertrauen der Verbraucher wieder herstellen.
Jonnaert sprach sich erneut gegen feste Obergrenzen für den CO2-Ausstoß von schweren Nutzfahrzeugen aus. Der Einsatz von effizienten Fahrzeugen werde im Gütertransport „durch den Markt sichergestellt“, weil der Treibstoffverbrauch ein wichtiger Kosten- und Wettbewerbsfaktor sei. Die Branche sei außerdem „auf einem guten Weg“, den Kraftstoffverbrauch bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. (tw)