EU-Entsendeplattform: Die neuen Entsenderegeln

Durch die neue EU-Entsenderichtlinie (2020/1057) vom 2. Februar 2022 kommen auf Güterkraftverkehrs-Betriebe und Kraftwagenspeditionen neue Pflichten zu, die Lkw-Fahrer beschäftigen und Gütertransporte innerhalb der EU erbringen. Allerdings muss der Bundesgesetzgeber diese erst noch in nationales Recht umsetzen. Darauf verweist Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL). Mit der neuen EU-Entsenderichtlinie werden entsendende Unternehmen dazu verpflichtet, ihren Fahrern die im Gastland vorgeschriebenen Entgelte (Mindestlohn) zu bezahlen. Um die Umsetzung der neuen Regelungen entsprechend zu dokumentieren, müssen die entsendenden Betriebe zuerst ein EU-Login-Konto erstellen (https://ecas.ec.europa.eu/cas/eim/external/register.cgi). Im nächsten Schritt gilt es, sich auf der neuen EU-Entsendeplattform anzumelden (www.postingdeclaration.eu) und dort spezifische Daten einzugeben und Dokumente hochzuladen. Wer muss die neuen Entsenderegelungen umsetzen? Die neuen Regelungen zur Entsendung gelten für Kraftfahrer, die bei einem in einem EU-Mitgliedstaat niedergelassenen Unternehmen beschäftigt sind. Sie gelten laut Olligschläger aber nicht für Beschäftigte in Unternehmen aus Drittstaaten (zum Beispiel UK, Ukraine). Ausgenommen von den im Artikel dargestellten Neuerungen ist Olligschläger zufolge vermutlich auch der Werkverkehr, weil dieser nicht auf der Grundlage eines Beförderungsvertrags durchgeführt wird. Welche Transportarten sind auf der neuen Entsendeplattform zu melden? Auf der neuen Entsendeplattform müssen nicht alle Verkehre gemeldet werden, sagt der BWVL-Hauptgeschäftsführer. "Zuerst sollte ein Transportunternehmen also klären, ob es sich überhaupt um einen anmeldepflichtigen Entsendetransport handelt oder ob dieser in die Ausnahmeregelungen fällt." Gemeldet werden müssen laut Olligschläger auf jeden Fall Kabotage- und Cross-Trade-Fahrten. Kabotage ist eine Binnenbeförderung durch ein nicht dort ansässiges Güterkraftverkehrsunternehmen beziehungsweise eine Kraftwagenspedition. Cross-Trade sind grenzüberschreitende Transporte ohne Bezug zum Niederlassungsstaat des Transportunternehmens. Wenn etwa ein polnisches Unternehmen Güter in Deutschland aufnimmt und nach Frankreich transportiert, fehlt es an einem Bezug zum Niederlassungsmitgliedstaat. Deshalb handelt es sich um einen Cross-Trade-Verkehr und es gelten die entsprechenden Entsenderegelungen. Dies gilt auch entsprechend für die Leerfahrten in den genannten Fallkonstellationen. Welche Verkehre müssen nicht auf der EU-Entsendeplattform gemeldet werden? Nicht auf der Entsendeplattform gemeldet werden müssen Transitverkehre, sprich, hier wird der Staat lediglich durchfahren, es findet auch keine Be- oder Entladung und auch keine Kabotage statt. Auch bilaterale Beförderungen müssen laut Olligschläger nicht auf der Entsendeplattform gemeldet werden. Im Sinne der Richtlinie bedeutet eine bilaterale Beförderung die Verbringung von Gütern auf Grundlage eines Beförderungsvertrags vom Niederlassungs-Mitgliedstaat des Transportunternehmens in einen anderen Mitgliedstaat oder ein Drittland oder umgekehrt. Welche Pflichten haben Unternehmen vor der Entsendung? - Den Behörden des Mitgliedstaates, in den der Fahrer entsandt wird, eine Entsendeerklärung vorlegen; - Spätestens zu Beginn der Entsendung; - Über die mehrsprachige öffentliche Schnittstelle (www.postingdeclaration.eu), die mit dem Binnenmarktinformationssystem (IMI) verbunden ist. Welche Informationen muss die Entsendemeldung enthalten? - Die Identität des Betreibers, zumindest in Form der Nummer der Gemeinschaftslizenz, sofern diese Nummer verfügbar ist; - die Kontaktdaten eines Verkehrsleiters oder einer anderen Kontaktperson im Niederlassungsmitgliedstaat, die für die Verbindung mit den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats, in dem die Dienstleistungen erbracht werden, sowie für die Übermittlung und Entgegennahme von Unterlagen oder Mitteilungen zuständig ist; - die Identität des Fahrers, die Anschrift des Wohnsitzes und die Nummer seines Führerscheins; - das Datum des Beginns des Arbeitsvertrags des Fahrers und das auf ihn anwendbare Recht; - das vorgesehene Anfangs- und Enddatum der Entsendung; - die amtlichen Kennzeichen der Kraftfahrzeuge; - die erbrachten Verkehrsleistungen (z. B. Güterverkehr, grenzüberschreitender Verkehr oder Kabotage). Welche Unterlagen muss der Fahrer während der Entsendung mitführen? - die Entsendungserklärung in Papieroder elektronischer Form; - den Nachweis über die im Aufnahmemitgliedstaat durchgeführten Beförderungen, z. B. einen elektronischen Frachtbrief (E-CMR); - die Aufzeichnungen des Fahrtenschreibers (insbesondere die Ländersymbole der Mitgliedstaaten, in denen der Fahrer Beförderungen durchgeführt hat). Welche administrativen Pflichten hat ein Unternehmen nach der Entsendung? Wenn die Unternehmen von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in den die Entsendung erfolgte, dazu aufgefordert werden, bestimmte Dokumente vorzulegen, muss dies spätestens nach acht Wochen über die öffentliche Schnittstelle des IMI erfolgen. Hierbei kann es sich beispielsweise handeln um: - Fahrtenschreiberaufzeichnungen; - Frachtbriefe; - Unterlagen über die Vergütung des Fahrers für den Entsendungszeitraum; - den Arbeitsvertrag; - Zeiterfassungsbögen für die Arbeit des Fahrers; - Nachweise über die Zahlung der Vergütung für den Fahrer. Wichtig: Die Behörden der Mitgliedstaaten dürfen Olligschläger zufolge den Betreibern keine zusätzlichen Verwaltungsanforderungen auferlegen, die über die in der Richtlinie festgelegten Anforderungen hinausgehen, um zu überprüfen, ob die Unternehmen die Richtlinie einhalten. Wo und ab wann gelten die neuen Regeln? Die EU-Richtlinie sollte von den EU-Mitgliedstaaten bis zum 2. Februar 2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Frist verstreichen lassen. Solange Deutschland die EU-Entsenderichtlinie nicht umgesetzt hat, besteht also eine unklare Rechtslage. Trotzdem empfiehlt es sich laut Olligschläger für deutsche Güterkraftverkehrsunternehmen, die ins EU-Ausland fahren, die Anforderungen der neuen EU-Entsenderichtlinie jetzt schon umzusetzen. Entfällt mit der neuen EU-Entsende-Richtlinie die A1-Bescheinigung? Olligschläger vermutet, dass die bisherige A1-Bescheinigung im Zuge der neuen EU-Entsendeplattform nicht entfallen wird und auch weiterhin beachtet werden muss. Welche Bußgelder gibt es bei Verstößen und ab wann kontrolliert wer? Die Bußgelder sind nach wie vor nicht harmonisiert. Sprich: es gelten die nationalen Bestimmungen. Haften Auftraggeber/Verlader bei Verstößen des Güterkraftverkehrsunternehmers gegen die Entsende-Bestimmungen? Dies ist nach bisheriger Rechtlage laut Olligschläger nicht der Fall. In Kürze Die neue EU-Entsenderichtlinie ist seit 2. Februar 2022 in Kraft. Noch hat sie der deutsche Gesetzgeber nicht in nationales Recht umgesetzt. Trotzdem sollten Güterkraftverkehrsbetriebe, die grenzüberschreitende Verkehre durchführen, die Neuerungen nun umsetzen. VR plus Online Achtung, es ändert sich noch viel mehr! Im Zuge des neuen EU-Mobilitätspakets 1 gelten seit 2. Februar 2022 für Unternehmen im Straßengüterverkehr für die Entsendung von Kraftfahrern neue Regeln. Aufgrund ihrer Komplexität passen diese nicht in diesen Artikel. Mehr Informationen zu diesem Thema finden unsere Abonnenten daher kostenlos auf dem Profiportal VR plus. eh www.verkehrsrundschau.de/plus/entsendeplattform

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