Arjen Kraaij, designierter CEO der TIP Group, erklärt, warum das Flottenmanagement zum zentralen Hebel für Liquidität und Nachhaltigkeit wird – und deswegen Chefsache sein sollte.
Im Dezember tritt Arjen Kraaij als CEO der TIP Group offiziell die Nachfolge von Bob Fast an. Seiner Ansicht nach, verändert sich der Blick auf das Flottenmanagement grundlegend: Von der operativen Kostenstelle zum strategischen Steuerungsinstrument.
Flotte wird zum strategischen Kapitalhebel
„Wer seine Flotte nicht mehr als reine Kostenstelle betrachtet, sondern als strategisches Instrument, kann Kapital für Wachstum freisetzen“, sagt Kraaij. Jede Entscheidung im Flottenmanagement habe heute unmittelbare Auswirkungen auf die Finanzierungsstruktur, das Risikoprofil, die ESG-Bewertung und letztlich auf die Kapitalrendite. „In vielen Unternehmen zählen die Flottenkosten zu den größten Ausgabenposten. Schon kleine Optimierungen können das Gesamtergebnis spürbar verändern“, so Kraaij. Deshalb begreift er das Flottenmanagement heute als eine unternehmensweite Aufgabe, „vom Fuhrparkleiter bis zum Vorstand.“
Anschaffungs- und Wartungskosten steigen
Über Jahre galt das Flottenmanagement als berechenbare Funktion. „Die Margen waren stabil, die Lieferantenbeziehungen verlässlich und die Kostenentwicklung planbar“, erinnert sich Kraaij. „Doch das hat sich grundlegend geändert.“ Heute steigen die Preise für Zugmaschinen und Auflieger deutlich an; in manchen Segmenten um 30 bis 40 Prozent, wie der TIP-CEO anmerkt. Elektro-Lkw kosteten zwei- bis dreimal so viel wie Dieselfahrzeuge, und Wartungskapazitäten würden knapp.
„Man kann nicht mehr einfach zum Händler gehen und fünf neue Zugmaschinen bestellen“, erklärt Kraaij. Unternehmen müssten heute bei jeder Entscheidung sorgfältig abwägen, welche Finanzierungsform wirtschaftlich sinnvoll ist, wie sich Liquidität und Bilanzstruktur optimieren lassen und wie Wartung sowie Verfügbarkeit effizient organisiert werden können. „Unternehmen, die auf Kapitalrendite oder Return-on-Assets achten, haben gute Gründe, ihre Bilanz schlank zu halten, denn der gleiche Gewinn lässt sich mit weniger gebundenem Kapital erzielen“, betont Kraaij.
Zur Person: Arjen Kraaij
Arjen Kraaij kam 1997 zu TIP. Er besitzt einen MBA der Erasmus-Universität Rotterdam und war für den Nutzfahrzeugvermieter in zahlreichen Schlüsselpositionen tätig – unter anderem als General Manager für Osteuropa, Vice President Business Development (M&A), Chief Commercial Officer (CCO) und seit 2021 als stellvertretender CEO. In diesen Rollen hat Arjen Kraaij bedeutende Transformationen innerhalb der TIP Group vorangetrieben: Er leitete die Übernahmen von PEMA und Trailer Wizards und erweiterte das Kanada-Geschäft bis zu dessen Verkauf im letzten Jahr. Als stellvertretender CEO nahm er zudem eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der „Strategie 2030“ ein, die die Weichen für die Zukunft des Unternehmens stellt. Im Dezember 2025 tritt Arjen Kraaij als CEO der TIP Group offiziell die Nachfolge von Bob Fast an, der das Unternehmen über zwei Jahrzehnte geführt hat und als Vorsitzender in den Aufsichtsrat wechselt.
Digitalisierung verknüpft Betrieb und Bilanz
Immer mehr Transporteure und Spediteure suchen demnach Wege, ihre Flotten außerhalb der Bilanz zu finanzieren, etwa über Leasing-, Miet- oder Pay-per-Use-Modelle. Das schaffe Liquidität, senke Risiken und ermögliche, die Flottengröße flexibel an den Bedarf anzupassen. Gleichzeitig sorge die zunehmende Digitalisierung für eine engere Verbindung zwischen operativem Betrieb und finanziellen Ergebnissen. „Daten aus Telematik und Wartungssystemen werden zu einem echten Hebel für Optimierungen“, betont Kraaij. „Performance-Monitoring, vorausschauende Wartung und Analysen zum Lebenszyklus verbessern nicht nur die Verfügbarkeit und Kostenkontrolle, sondern auch die Kapitalplanung.“
TIP ist einer der führenden herstellerunabhängigen Vermieter und Dienstleister für die Transport- und Logistikbranche
Auch das Thema Nachhaltigkeit sei zu einem integralen Bestandteil des Flottenmanagements geworden und das nicht nur aus regulatorischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen. „Die Einbeziehung von ESG-Kriterien ist mittlerweile selbstverständlich,“ so Kraaij. „Sie zeigt, wie eng wirtschaftliche und ökologische Ziele miteinander verbunden sind.“
Beispiel Generalüberholung gebrauchter Auflieger. „Refurbishment ist heute keine Werkstatt-, sondern eine Managemententscheidung“, betont Kraaij. „Angesichts hoher Anschaffungs- und Finanzierungskosten ist die Aufarbeitung von Bestandsfahrzeugen eine wirtschaftlichere Alternative zum Neukauf und reduziert zugleich CO₂-Emissionen, die bei der Produktion entstehen.“
Sale-and-Rentback als Liquiditätshebel
Auch TIP bietet diese Option an, etwa in Form einer Kombination eines Refurbishments mit einer Sale-&-Rentback-Lösung. „Dabei kaufen wir die sechs- bis siebenjährigen Aufliegern unserer Kunden an, arbeiten sie auf und vermieten sie zu fixen monatlichen Raten wieder an unsere Kunden zurück. Investitions- und Zinsaufwand sinken, während Kapital für andere Prioritäten frei bleibt“, erklärt Kraaij“.
Refurbishment-Konzepte könnten darüber hinaus ebenso in langfristige Mietverträge integriert werden. So seien Kosten und Leistung über den gesamten Lebenszyklus in die Mietraten mit einkalkuliert und für Kunden besser planbar.
Flottenmanagement wird Chef-Disziplin
Für Kraaij steht fest: „Flottenmanagement bedeutet heute weit mehr als Fahrzeuge zu kaufen, zu warten und zu verkaufen. Es umfasst Kapitalstrategie, Risikomanagement und regulatorische Planung als Teil eines umfassenden Flottenmanagement-Ansatzes. Damit ist es zu einer strategischen Disziplin geworden, die auf die Agenda von CEO und CFO gehört.“
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