Montag, 4. Juli 2011 – während die Amerikaner ihren 235. Unabhängigkeitstag feiern, büßt ein Münchner Unternehmen nach 253 Jahren Eigenständigkeit endgültig seine Freiheit ein. Volkswagen übernimmt die Aktienmehrheit bei MAN. Ein Übernahmepoker, der nach 14 Jahren nun sein Ende gefunden hat und die Karten im Nutzfahrzeugmarkt neu mischt. Volkswagen katapultiert sich mit diesem Coup an die Spitze des deutschen LKW-Marktes. Die drei Wolfsburger Marken VW, Scania und MAN übernehmen von Mercedes-Benz die Marktführerschaft sowohl im schweren als auch im mittleren und leichten Segment.
Trotz Freiheitsverlust ein Gewinn? Auf den ersten Blick sicherlich nicht für die NFZ-Flottenbetreiber. Denn nun beherrschen Daimler und VW mit zusammen rund 60 Prozent Marktanteil endgültig den deutschen Markt für Lastkraftwagen. Es verwundert, dass das Kartellamt einer weiteren Konzentration auf dem sowieso schon oligopolistischen NFZ-Markt wohl zustimmen wird. Industriepolitisch gesehen macht der Zusammensschluss wiederum Sinn. Deutschland verfügt nun neben Daimler über einen weiteren Nutzfahrzeughersteller, der im Weltmarkt Akzente setzen kann. Gerade im Kampf um die Marktanteile in den BRIC-Staaten spielen Größe und Finanzkraft eine wichtige Rolle, vor allem wenn die deutschen Anbieter gegen die chinesischen Produzenten auf Dauer bestehen wollen. Und von starken heimischen Herstellern profitieren wiederum auch die hiesigen Transport- und Speditionsunternehmen.
Dennoch braucht das Münchner Traditionsunternehmen weiterhin ein gewisses Maß an unternehmerischer Eigenständigkeit. Nur so ist gewährleistet, dass Kundenwünsche schnell in Lösungen verwandelt werden und sich nicht in den komplexen Konzernstrukturen verlieren. In der Vergangenheit hat VW mit Marken wie Audi bewiesen, dass ein solcher Weg möglich ist. Also doch: Freiheit für MAN.
Andre Kranke, stellv. Chefredakteur der VerkehrsRundschau