Der Ruf nach einem spürbaren Abbau bürokratischer Hürden wird in Deutschland immer lauter – insbesondere im Verkehrs- und Infrastrukturbereich. Drei aktuelle Entwicklungen zeigen, wie unterschiedlich die Ansätze sind, aber auch, wie dringlich das Thema ist.
Sachsen: Kretschmer fordert Bürokratie-Moratorium
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht in der übermäßigen Regelungsdichte ein zentrales Hemmnis für Investitionen und Innovationen. Die Deutschen müssten bereit sein, überschüssigen Ballast abzuwerfen, den es an ganz vielen Stellen gebe, sagte er der Deutschen Presse-Agentur nach einem Besuch auf der Baustelle des Halbleiterkonzerns Infineon in Dresden. Er erklärte: „Ich weiß nicht, ob das im Klein-Klein gelingt oder ob wir nicht hier eine generelle Lösung brauchen.“
Kretschmer schlägt ein Moratorium vor, das für mehrere Jahre keine neuen Vorschriften zulässt und bestehende Regelungen auf das europäische Mindestmaß zurückführt. Deutschland liege bei vielen Vorschriften über dem europäischen Recht, was Vorhaben teuer, langsamer und schwieriger macht.
Die Smart Power Fab von Infineon, ein Milliardenprojekt mit geplanter Fertigstellung 2026, dient ihm als Beispiel für effiziente Umsetzung trotz komplexer Rahmenbedingungen. „So geht das nicht“, betonte Kretschmer mit Blick auf die aktuelle Überregulierung. Das Projekt soll bis zu 1000 neue Arbeitsplätze schaffen und ist laut Infineon-Geschäftsführer Raik Brettschneider „ein starkes Bekenntnis zum Standort Dresden und zur Zukunft der europäischen Mikroelektronik“.
Brandenburg: Vereinfachte Vergaben als Signal für Entbürokratisierung
Ein konkreter Schritt in Richtung Bürokratieabbau kommt aus Brandenburg. Dort wurden die Wertgrenzen für öffentliche Auftragsvergaben deutlich angehoben: Bauleistungen können nun bis zu einem Volumen von 1 Millionen Euro freihändig vergeben werden, Direktaufträge sind bis 100.000 Euro möglich.
Robert Momberg, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, freut sich über die Maßnahme: „Der Bauindustrieverband Ost begrüßt die von der Landesregierung Brandenburg beschlossene Anhebung der Wertgrenzen für öffentliche Auftragsvergaben ausdrücklich. Die heute in Kraft tretenden Vereinfachungen sind ein erster, aber wesentlicher Schritt hin zu einem spürbaren Bürokratieabbau im Vergabewesen.“ Gerade vor dem Hintergrund stagnierender Baukonjunktur sei es entscheidend, dass öffentliche Mittel schneller in konkrete Projekte fließen. "[Damit] wird ein wichtiger Impuls gesetzt, um das Planen und Bauen in Brandenburg effizienter zu gestalten. Besonders im Kontext des geplanten Sondervermögens des Bundes für die Infrastruktur ist es nun entscheidend, dass die zur Verfügung stehenden Mittel auch tatsächlich und zügig auf die Straße kommen", sagt Momberg.
Bayern: Kritik an EU-Plänen zur Altfahrzeugverordnung
Während Brandenburg auf Vereinfachung setzt, warnt Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) vor neuen bürokratischen Belastungen durch Brüssel. Die geplante EU-Altfahrzeugverordnung sieht vor, dass bei jedem Eigentümerwechsel ein Nachweis über die Verkehrstüchtigkeit des Fahrzeugs erbracht werden muss. Bernreiter kritisiert: „Eine Nachweispflicht würde neue Kosten für die Bürger und mehr Aufwand für die Behörden bedeuten, aber keinerlei Mehrwert schaffen. Es reicht! Brüssel sollte beim Abbau von Bürokratie Vollgas geben und bei Eingriffen in die Eigentumsrechte schleunigst auf die Bremse treten!“
Allein in Bayern wurden 2023 rund 1,53 Millionen Fahrzeuge außer Betrieb gesetzt. Der Minister warnt davor, dass Fahrzeuge durch die geplante Regelung vorschnell als „Altfahrzeuge“ deklariert und damit entwertet würden. „Ich hoffe, dass die Europaabgeordneten hier den Blinker in Richtung Verbraucherschutz setzen und neue Bürokratie ausbremsen“, so Bernreiter.
Fazit: Bürokratieabbau als Standortfaktor
Ob durch vereinfachte Vergabeverfahren, politische Appelle oder Kritik an EU-Vorhaben – der Bürokratieabbau bleibt ein zentrales Thema für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Beispiele aus Sachsen, Brandenburg und Bayern zeigen: Es braucht sowohl strukturelle Reformen als auch pragmatische Lösungen, um Planungs- und Investitionsprozesse zu beschleunigen. Nur so lassen sich Infrastrukturprojekte effizient umsetzen und wirtschaftliche Potenziale heben.