Wunsch und Wirklichkeit

Verbrauchswerte für Pkw gibt es schon lange - und ebenso lange waren sie praxisfremd und meist viel zu niedrig. Beim Lkw gab es bislang keine Normverbräuche und damit auch keine Grundlage, über künftige Verbrauchsreduzierungen zu sprechen. Die Euro-Normen definierten nur Maximalwerte für Kohlenmonoxid (CO), Kohlenwasserstoff (HC), Stickoxide (NOx) sowie Feststoffe (Ruß), die allerdings realitätsfern mit ausgebautem Motor auf Prüfständen gemessen wurden. Über tatsächliche Verbrauchswerte und CO2-Emissionen erlauben diese Prüfverfahren kaum Aussagen. Das Problem beim Lkw: Nichts ist vergleichbar. Trotz fallweise gleicher Antriebsstränge zeigt eine 4x2-Sattelzugmaschine natürlich ein anderes Verbrauchsverhalten als ein 6x2-Fahrmischer oder ein 8x4-Kipper. Und natürlich ergeben sich bei ein und demselben Fahrzeug andere Werte beim Einsatz im Fernverkehr oder der Warendistribution in der Stadt. Sich damit abfinden, wollte die EU allerdings auch nicht. Die Lösung war Vecto. Das neue Tool gilt ab Januar 2019 und ist damit akut fürs Transportgewerbe - auch wenn sich bis dato kaum ein Kunde damit auseinandersetzt. Der Begriff steht für "Vehicle Energy Consumption Calculation Tool" - einen Algorithmus, der es über gemessene Werte ermöglicht, den Verbrauch eines Nutzfahrzeugs auf Basis einiger bekannter und gemessener Grundmodelle zu errechnen. Will heißen: Auch wenn Vecto viel "rechnet", stammen die Basiswerte aus echten Messungen. So wurden - von den Herstellern - unter anderem die Luftwiderstände der Kabinenvariante gemessen, ebenso Reifenrollwiderstand sowie Verbrauchskennlinien einzelner Antriebsstränge. Auf Basis dieser gigantischen Datenerhebung bekommt ab Januar 2019 jedes neu produzierte Nutzfahrzeug ein Zertifikat mit entsprechenden Verbrauchs- und CO2-Daten. Aktuell fehlen noch ein paar (wesentliche) Prüf- und Testdetails, die von der EU-Kommission bis Herbst nachgereicht werden. Das Monitoring startet dennoch mit den vier häufigsten Nutzfahrzeugklassen - insgesamt sind elf definiert. Auf Basis dieser Werte sollen dann die CO2-Emissionen bis 2025 um 15, bis 2030 um 30 Prozent sinken (im Vergleich zu den aktuell festgelegten Flottenwerten). Damit das alles auch funktioniert, droht die EU-Kommission gleich mit Sanktionen: Hersteller, die das Limit reißen, müssen von 2026 an 6800 Euro je verfehltem Gramm CO2 (Basis: Transportleistung in tkm) und verkauftem Fahrzeug zahlen. Volvo Trucks bietet seinen Kunden bereits jetzt Verbrauchswerte und CO2-Emissionen auf Basis Vecto. Da noch nicht alle Details fixiert sind, erst mal unverbindlich. Dennoch ist es interessant, die Analyse mit den Werten zu vergleichen, die ein weitgehend identisches Fahrzeug im Profitest der VerkehrsRundschau erreicht: Das Fahrzeug: Volvo FH 500, 4x2 Sattelzugmaschine, Nutzlast 26,5 t Vecto BAB Verbrauch 41,1 l/100 km bei 78,5 km/h Vecto Landstraße Verbrauch 30,8 l/100 km bei 60,4 km/h VR-Test BAB Verbrauch 29,3 l/100 km bei 79,5 km/h VR-Test Landstraße Verbrauch 24,4 l/100 km bei 60,5 km/h Der Vergleich der Vecto-Ergebnisse mit den entsprechenden Testergebnissen der VR zeigen - vorbehaltlich der ausstehenden Detailänderungen -, dass Vecto bei in etwa gleichem Tempo generell ein deutlich höheres Verbrauchsniveau ausweist. Bleiben am Ende des Tages zwei Botschaften: 1. Der Kunde kann sich freuen, dass sein Lkw deutlich weniger braucht. 2. Die Hersteller werden wohl ihre Ziele zur Verbrauchsreduzierung bis 2025 beziehungsweise 2030 locker erfüllen ... Mehr zum Thema finden Sie in der VR-Testdatenbank www.verkehrsrundschau-plus.de