Wörth. Fast schon im Minutentakt rollen die fertigen Lastwagen vom Band - in allen Farben, Größen und PS-Stärken. Nach einem extrem mauen Jahr florieren die Geschäfte im weltgrößten Lkw- Werk im südpfälzischen Wörth wieder. In dem Mercedes-Benz-Werk können theoretisch bis zu 470 Fahrzeuge produziert werden - am Tag! Neben Lastwagen werden hier auch andere Nutzfahrzeuge gebaut wie etwa der Unimog. Nach einem sehr schwachen Jahr 2009 ist das Werk nun wieder auf dem Weg zurück zu alter Stärke, wie Werkleiter Yaris Pürsün erzählt. Der Auftragseingang sei zuletzt stetig angestiegen.
2009 war ein düsteres Jahr für den Standort, der von der weltweiten Wirtschaftskrise genauso hart getroffen wurde wie alle anderen Fahrzeugbauer. Um 60 Prozent ging die Produktion zurück, in einzelnen Monaten sogar um 80 Prozent. «Wir hatten sogar einen Monat mit null Auftragseingang», sagt Pürsün. Und das an einem Standort, an dem rund 11 000 Mitarbeiter beschäftigt werden wollen.
Kurzarbeit, der Abbau von Arbeitszeitkonten und eine flexible Beschäftigung der Mitarbeiter zählten zu den Maßnahmen, die es Daimler erlaubten, ohne betriebsbedingte Kündigungen auszukommen. So mussten Facharbeiter dann auch mal den Rasen auf dem Werksgelände mähen oder in der Küche arbeiten. Alle hätten zusammengeholfen, sagt Pürsün, und spricht vom «Wörther Geist». «Mindestens 24 Monate hätten wir das durchgehalten.»
In diesem Frühjahr belebte sich die Nachfrage nach den Wörther Lkw aber wieder, seitdem hat sich der Auftragseingang sehr positiv entwickelt. Vom Boomjahr 2008 ist man weit entfernt, aber Pürsün nimmt als Vergleich die guten Jahre 2005 oder 2006. «In dieser Richtung sind wir unterwegs.»
Seit diesem Monat wird sogar samstags wieder gearbeitet, außerdem wurden die normalen Schichten um jeweils eine halbe Stunde verlängert. Pürsün will so erreichen, dass die Kunden nicht allzu lange auf ihren bestellten Lastwagen warten müssen. Der Markt ist hart umkämpft. Je ein Drittel der in Wörth produzierten Fahrzeuge geht auf den deutschen Markt, auf die europäischen Märkte und auf den weltweiten Markt. Stückzahlen nennt Daimler nicht, im absoluten Boomjahr 2008 sollen es aber sogar mehr als 100 000 Fahrzeuge gewesen sein.
Der Wörther Betriebsratschef Ulli Edelmann sagt, 2008 sei das beste Jahr in der Geschichte des Standortes gewesen, 2009 das schlechteste. «Dieses Jahr haben wir einen Mix.» Er ist zuversichtlich, dass die Stammbelegschaft des Werkes in absehbarer Zeit wachsen könnte. «Das hängt davon ab, wie sich das nächste Jahr entwickelt», sagt Edelmann.
Den Werkleiter Pürsün beschäftigt unterdessen vor allem auch das Thema Fachkräftemangel. Er glaubt, dass sich in den nächsten Jahren vor allem bei den Ingenieuren eine Lücke auftun wird, wenn nicht gegengesteuert wird. Dass der Lastwagenbauer in Wörth im vergangenen Jahr keine Entlassungen ausgesprochen hat, ist für Pürsün auch ein Signal in dieser Richtung. «Wir haben kein "Hire and Fire" wie in den USA», sagt Pürsün. Dort müssten die Mitarbeiter immer wieder neu angelernt werden. In Wörth nutzte man die Krise auch zur Weiterbildung der Mitarbeiter. (dpa)