Berlin. Wieder hangelt sich der Bahn-Tarifkonflikt ein Stückchen weiter. Ohne Vorwarnung wollen die Lokführer, die in der Gewerkschaft GDL organisiert sind, künftig die Arbeit niederlegen. Aber erst einmal gab es am Montag eine Verlängerung der Entwarnung - um einen Tag. Zwar läuft ein Ultimatum der Gewerkschaft am Dienstag aus, doch streiken will sie frühestens wieder am Mittwoch. Damit ist abermals etwas Zeit gewonnen worden, die aber offensichtlich keiner der Beteiligten nutzen will. Drei Monate nach den ersten Warnstreiks sind Bahn und GDL von einer Lösung so weit entfernt wie am Anfang. „Das heißt, Sie könnten zum Bahnhof kommen und es könnte Ihnen passieren, dass die Züge stehen“, beschreibt der stellvertretende GDL-Vorsitzende Günther Kinscher das Szenario. Die Gewerkschaft hat ihre Streiktaktik geändert. Sie will die Bahn der Möglichkeit berauben, sich auf Arbeitsniederlegungen vorzubereiten. Am Freitag hatte das Unternehmen mit einem Notfahrplan bundesweit einen Schienenverkehr auf Sparflamme aufrechterhalten. Zwar fielen damit mehr Züge aus, als das der dreistündige Streik der GDL im Nahverkehr erzwungen hätte. Dieser Effekt habe sich aber nur dadurch ergeben, dass das Arbeitsgericht Chemnitz Streiks im Güter- und Personenfernverkehr erst wenige Stunden vor Streikbeginn im Eilverfahren verboten hatte. Auf die nächsten Streikaktionen hätte sich die Bahn besser einstellen können. Jetzt sagt der GDL-Mann Kinscher: „Wir werden unsere Mannschaften kurzfristig informieren. Wir werden das ganz kurzfristig organisieren.“ Um Wirkung zu erzielen, müsse der Streik die Kunden treffen. „Das tut uns außerordentlich leid, wir bitten aber trotzdem um Verständnis. Es bleibt uns kein anderes Mittel.“ Das Verständnis, das viele Bahnkunden Umfragen zufolge zu Beginn der Auseinandersetzung noch zeigten, könnte schnell dahin sein, wenn die Gewerkschaft ihren Konfrontationskurs fortsetzt. Die angedrohten Streiks im Regionalverkehr würden vor allem die Berufspendler treffen. Aber auch Fernreisende und der Güterverkehr sind trotz des bis auf weiteres gültigen Streikverbots im nicht vor Unbill geschützt. Da die verschiedenen Züge oft auf denselben Gleisen fahren, könnten stehengelassene Bahnen den übrigen Verkehr behindern. „Wegen der Komplexität des Bahnsystems könnte ein Streik im Regionalverkehr auch Auswirkungen auf den Fern- und Güterverkehr haben“, sagte ein Bahnsprecher. Vor diesem Hintergrund besitzt die GDL trotz der umstrittenen gerichtlichen Beschränkung weiterhin eine spürbare Kampfkraft. Die Bahn sieht dennoch keinen Anlass nachzugeben. Verhandlungsführerin Margret Suckale hält das Angebot der Bahn für gut genug. Die 4,5 Prozent mehr Geld, die die beiden anderen Gewerkschaften erstritten, seien ihr letztes Wort. Zusatzverdienste will der Konzern nur gegen Mehrarbeit ermöglichen. Eine Sonderrolle der Lokführer dürfe es nicht geben. Die GDL wiederum beharrte auf einem eigenständigen Tarifvertrag - wie gehabt. Zeichen für eine Annäherung ließen sich am Montag nicht ausmachen. (dpa/sb)
Wenig Hoffnung im Bahn-Tarifkonflikt
GDL kündigt Streiks ohne Vorwarnung an: Gewerkschaft will Klagen der Deutschen Bahn unterlaufen