Hamburg. Wer die Freihafen-Elbbrücke im Hamburger Hafen passiert kann sie nicht übersehen: die mitten im Elbestrom an den Dalben liegenden, beschäftigungslosen Frachter. Von Aufliegern spricht die Schifffahrt in diesem Fall. Dabei unterscheidet die Schiffsklassifikationsgesellschaft „Germanischer Lloyd" (GL) in sogenannte „warme" oder „kalte Auflieger".
Beim warmen Aufliegen wird das Schiff nur für maximal drei Monate aus der Fahrt genommen, um dann eine Anschlussverwendung zu bekommen. Die zentralen Aggregate werden auf Stand-by-Betrieb gehalten, Teile der Besatzung verbleiben an Bord. Beim „kalten Aufliegen" wird das Schiff gewissermaßen für eine unbefristete Zeit stillgelegt, die Aggregate werden deaktiviert. Um das Schiff dann wieder in Fahrt zu bringen, ist eine längere Vorlaufzeit vonnöten. Auflieger sind in der Trampschifffahrt nichts Unnormales, da oftmals zwischen dem Auslaufen einer Charter und einer entsprechenden Anschluss-Charter Tage oder auch wenige Wochen verstreichen können.
Die Reeder suchen sich für das Aufliegen der Schiffe möglichst kostengünstige „Parkplätze" in den Häfen. Im Hamburger Hafen beispielsweise stehen an öffentlichen Liegeplätzen rund 17 zur Verfügung. Mitte 2009, auf dem Höhepunkt der letzten Schifffahrtskrise, waren diese Liegeplätze allesamt belegt. Einige Terminalbetreiber boten den Reedern auch Liegeplätze an ihren Anlagen an. Die Nutzung von öffentlichen Liegeplätzen, oder privaten Kaimauern ist für die Reeder stets mit Kosten verbunden.
Großcontainerschiffe üben erheblichen Druck auf kleinere Schiffe aus
Auffällig ist bei den aktuell im Hamburger Hafen anzutreffenden Schiffsaufliegern, dass es sich dabei ausnahmslos um kleinere Schiffe handelt. Ob es Zufall ist, oder nicht: Tatsache ist, dass derzeit in der Containerschifffahrt aufgrund der hohen Anzahl von in Fahrt gesetzten Großcontainerschiffen ein erheblicher Druck auf die kleineren Schiffe ausgeübt wird. Fachleute sprechen sogar von einer regelrechten Verdrängung. Unter den Frachtern, die derzeit auf der Norderelbe vertäut liegen, ist zum Beispiel der 2005 auf der Papenburger Meyer-Werft für die Hansa Hamburg Shipping International gebaute Containerfrachter „Reinbek". Der Frachter ist Teil einer Vierer-Serie, die damals speziell für die Feeder-Schifffahrt gebaut wurden. Rund 1600 TEU kann der Frachter transportieren. Zu seinen technischen Besonderheiten gehören die höchste Eisklasse sowie die besondere Luken-Konstruktion, die ein schnelles Be- und Entladen der Schiffe gewährleistet. Direkter Nachbar der „Reinbek" an den Dalben ist die 37.800 Tonnen tragende „Cap Vilano" , ein 2006 gebauter, mit eigenen Bordkranen ausgerüsteter Trockenfrachter. Sein Haupteinsatzgebiet ist die Nordsee-Region.
HPA: "Eher eine zufällige Häufung"
Bei der Hamburg Port Authority (HPA) sieht man in der größeren Anzahl von Schiffslaufliegern im Elbe-Hafen „eher eine zufällige Häufung", sagt Hafenkapitän Jörg Pollmann gegenüber der VerkehrsRundschau. Er geht daher auch von einem eher „kurzfristigen" Verbleib der Frachter im Hafen bis zur nächsten Anschlusscharter aus. Zudem weist er darauf hin, dass auch technische Arbeiten an den Schiffen die Reedereien dazu veranlasst haben könnten, die Schiffe kurzfristig zu parken.
Auch im Rotterdamer Hafen sieht man derzeit keine Wiederholung der Auflieger-Szenarien, wie sie ab Spätherbst 2008 auftraten. „Uns liegen keine Erkentnisse dazu vor", erklärte Tie Schellekens, Sprecher beim Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) gegenüber der VerkehrsRundschau. (eha)