Warum hat ein Politiker im Lkw übernachtet?

Warum haben Sie demonstrativ mit einem EU-Politiker im Lkw übernachtet? Bei der Aktion ging es darum, auf den Mangel an sicheren und komfortablen Parkplätzen aufmerksam zu machen und dem für die Sozialvorschriften im Straßengüterverkehr zuständigen Berichterstatter im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments zu zeigen, wie es ist, die Nacht in der Fahrerkabine zu verbringen. Mitschläfer war Wim van de Camp, Abgeordneter der EVP-Fraktion. Van de Camp hatte im Frühjahr zum ersten EU-Mobilitätspaket vorgeschlagen, die Lenk- und Ruhezeiten von Lkw-Fahrern an strengere Parkplatzkriterien zu knüpfen. Was passt der IRU nicht an dem geplanten ersten EU-Mobilitätspaket? Die Debatte fokussiert sich zu sehr auf die Arbeitsbedingungen im Lkw, da gibt es kein Problem. Vielmehr sind es die Konditionen auf dem Parkplatz. Das Verbringen der regulären Wochenruhezeit sollte im Fahrzeug nur dann erlaubt sein, wenn ein Parkplatz mit entsprechenden Sicherheitsstandards und Komfort ausgestattet ist. Im Mai stimmt das EU-Parlament unter anderem über einen entsprechenden Vorschlag im Rahmen des ersten EU-Mobilitätspakets ab. Es gab 2017 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Demnach ist es grundsätzlich unzulässig, die vorgeschriebenen 45 Stunden in der Kabine zu verbringen. Wir wollen darauf hinweisen, dass ein sicherer Lkw-Parkplatz mit sanitären Anlagen, Shop und WLAN genauso gut ist wie ein Hotel. Statt dem Güterverkehrsgewerbe das Leben schwer zu machen, sollte die Politik sich dafür einsetzen, dass mehr solcher Lkw-Parkplätze entstehen. Welche Position hat ihr Mitschläfer? Herr von de Camp ist gegen ein generelles Verbot und will eine Ausnahmeregelung durchsetzen, die das Verbringen der regulären Ruhezeit im Fahrzeug in Verbindung mit einem gesicherten und komfortablen Parkplatz ausdrücklich erlaubt. Er hatte im EU-Parlament sogar vorgeschlagen, dass auch eine verkürzte Wochenruhezeit ausschließlich auf einem sicheren und mit den genannten Features ausgestatteten Lkw-Parkplatz stattzufinden hat. Das geht aus Sicht der IRU zu weit. Zumal wir einerseits keinen einheitlichen Standard für sichere Lkw-Parkplätze und auf der anderen Seite einen akuten Fahrermangel haben. Wir wollen durch das Sleep-in aufzeigen, dass die Arbeitsbedingungen im internationalen Straßengüterverkehr viel besser sind als ihr Ruf und das Schlafen im Lkw komfortabler ist, als viele annehmen. Wie ist das Sleep-in genau abgelaufen? Wir sind abends auf einen sehr gut ausgestatteten Rastplatz in Belgien gefahren, haben uns dort für die Nacht eingerichtet und am nächsten Morgen gemeinsam gefrühstückt. Es gibt Videos, die wir nun verbreiten wollen, um auf die Aktion und das Thema dahinter aufmerksam zu machen. Welche Reaktionen erhoffen Sie sich? Zunächst einmal mehr Aufmerksamkeit und positive Presse über den Berufsstand als Kraftfahrer. Ich hoffe, dass die IRU ihre Empfehlungen für die Abstimmung im EU-Parlament über Reformvorhaben im Straßengüterverkehr verdeutlichen konnte und die Abgeordneten sich sachlich und weniger emotional in die Debatte einschalten. Der Bedarf an Güterverkehr wird bis 2050 entsprechend der EU um 60 Prozent ansteigen, es sollte nicht primär um eine Verschärfung der Bestimmungen, sondern um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gehen. Die EU-Kommission will bis Ende 2018 einheitliche Anforderungen an sichere Lkw-Parkplätze erarbeiten. Die IRU engagiert sich aktiv an dieser Definition. Sleep-in im Lkw Der Weltdachverband der Straßentransportwirtschaft IRU hat in Belgien ein Sleep-in im Lkw veranstaltet. Die vom IRU-Repräsentanten Maedge initiierte Aktion wirbt dafür, dass die Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer verbessert werden und der Ausbau von entsprechend ausgestatteten Parkplätzen vorangetrieben wird. Die Verbringung der regulären Wochenruhezeit im Fahrzeug sollte daran geknüpft werden. Das erste EU-Mobilitätspaket sieht nämlich vor, dass dies unionsweit verboten wird. ag