Wagenladungsverkehr schreibt Verluste

Die Wirtschaft brummt. Die Nachfrage nach Transportkapazitäten ist so gut wie seit Jahren nicht mehr. "Wer jetzt kein Geld verdient, ist selbst schuld", ist ein Ausspruch, den man derzeit häufig aus dem Speditionsgewerbe hört. Die SBB Cargo, die Güterverkehrstochter der Schweizerischen Bundesbahn (SBB), hat 2017 rote Zahlen geschrieben. 37 Millionen Schweizer Franken (31,6 Millionen Euro) betrug der operative Verlust. Ist die SBB Cargo also selber schuld? Mengen brechen um 14,5 Prozent ein Zumindest sind die Umstände für die SBB Cargo nicht so einfach. Das verwundert, ist das Unternehmen doch in einem Land tätig, das als so bahnfreundlich gilt wie kein anderes in Europa. Ein Land, in dem gerade ein Jahrhundertprojekt fertiggestellt wurde - der Gotthard-Basistunnel -, in dem eine Lkw-Maut gilt, deren Höhe die deutsche Gebühr um ein Vielfaches übersteigt und die auf allen Straßen erhoben wird. Aber es gibt Entwicklungen im Markt, denen man sich nicht entziehen kann. "Unsere Verluste beruhen vor allem auf einem starken Rückgang im Einzel-Wagenladungsverkehr", nannte SBB-Cargo-Chef Nicolas Perrin die Ursache für den finanziellen Verlust. Um 14,5 Prozent seien die Mengen 2017 eingebrochen im Vergleich zum Vorjahr. Im System-Wagenladungsverkehr, bei dem Waggons zwischen Wirtschaftszentren gefahren werden, betrug der Rückgang nur 0,8 Prozent. Perrin führt den Einbruch auf Marktveränderungen in der Schweiz zurück: "Das Wachstum erzeugen hierzulande die Finanzbranche und die pharmazeutische Industrie. Die haben jedoch kaum Ladungen für uns." Hinzu komme, dass die Ansprüche bezüglich Schnelligkeit im Handel sowie bei Paket- und Postdiensten zunehmen würden und der Wagenladungsverkehr (WLV) hier nicht mithalten könnte mit dem Angebot der Straße. Außerdem steht vor allem im Einzel-WLV der Aufwand in keinem Verhältnis mehr zum Ertrag. "Heute werden 90 Prozent der Wagen über etwa die Hälfte der 344 Bedienpunkte transportiert", sagte Perrin. Die Ressourcen gerade für den Einzel-Wagenladungsverkehr seien zu groß angelegt. "Im Durchschnitt werden dort aber nur zwei Wagen pro Tag abgeholt. Das rechnet sich nicht ökonomisch und ist auch kein großer ökologischer Vorteil mehr gegenüber dem Lkw", so der SBB-Cargo-Chef. "Im Binnenverkehr wollen wir spätestens 2020 schwarze Zahlen schreiben", sagte Perrin. Auch soll SBB Cargo fit für Partner werden, die das Geschäft in Zukunft strategisch mitgestalten. Deshalb hat das Unternehmen jetzt einen Sanierungs- und Entwicklungsplan erarbeitet. Es stärkt den System-Wagenladungsverkehr für die effiziente Versorgung der Wirtschaftsräume. Im Einzel-WLV werde man die vorhandenen Verkehre zusammen mit den Kunden genau analysieren und dann entscheiden, ob sich eine Bedienung noch lohnt. "Wir müssen mehr Mengen an anderen Standorten bündeln oder auch Waren im Kombinierten Verkehr verschicken", nannte Perrin zwei Alternativen für den Fall, dass eine Bedienung aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll ist. Personal wird um ein Drittel verringert Teil der Sanierung ist auch der Abbau von Personal. Bis 2023 will SBB Cargo von derzeit 2200 Mitarbeitern um 800 auf 1400 schrumpfen. Verkraften müssen er und sein Haus auch, dass die jährlich 25 Millionen Schweizer Franken, die die Schweiz bis vor drei Jahren SBB Cargo gewährt hat, jährlich verringert wurden und ab dem nächsten Jahr komplett wegfallen. Perrin sieht keine negativen Effekte der Sparmaßnahmen bei SBB für den europäischen WLV. Die SBB ist eines von sechs Mitgliedern bei X-Rail, einem Verbund, der den europäischen WLV optimieren will. Auch in vielen anderen Ländern Europas haben die Bahnen Probleme mit dem WLV, weshalb Perrin diesen Markt mit einer "gewissen Sorge" beobachtet. "Es braucht ein gutes Zusammenspiel, auch eine technologische Entwicklung, um konkurrenzfähig zu sein gegenüber dem Lkw", sagte Perrin. Im Straßengüterverkehr würden innovative Projekte laufen, "da fließen viele Gelder". "Wenn wir darauf keine Antworten haben, müssen wir aufpassen, dass wir technologisch nicht abgehängt werden", sagte Perrin. Er sieht vor allem in der Automation und Digitalisierung ein Feld, bei dem sich Bahnen stärker engagieren müssen. Zusätzliche Impulse erhofft sich Perrin auch von einer Beteiligung anderer Unternehmen an SBB Cargo (siehe Kasten). Da gilt die Tochter SBB Cargo International als gelungenes Beispiel. SBB Cargo International konnte das Ergebnis 2017 verbessern trotz eines mehrwöchigen Streckenunterbrechung in Rastatt. An dem Unternehmen ist die Hupac beteiligt. Die Mehrheit an SBB Cargo soll aber die SBB behalten. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Railcargo www.verkehrsrundschau.de/dossiers Loslösung von der SBB SBB Cargo sucht Partner Das Vorbild ist SBB Cargo International: Für die Tochter der SBB Cargo haben die Schweizer mit Hupac einen Partner gefunden. Und das Konzept geht auf: Acht Millionen Schweizer Franken Gewinn hat das Unternehmen 2017 erwirtschaftet. In der zweiten Jahreshälfte 2018 soll die Suche für einen Partner der SBB Cargo beginnen. Der Schweizer Bundesrat hatte beschlossen, SBB Cargo stärker aus dem Konzern herauszulösen."Wir suchen Partner, die mit ins Risiko gehen, aber auch Kapital und Know-how liefern", sagte Nicolas Perrin gegenüber der VerkehrsRundschau. Auch ausländische und somit deutsche Unternehmen kämen infrage."Aber den Bezug zur Schweiz und die Verankerung im Schweizer Markt wollen wir behalten", so Perrin. cd