Viel Lärm

"Wir erleben ein neues Zeitalter in der Logistik: Künstliche Intelligenz hilft, Warenströme neu zu organisieren, Verkehre effizienter zu machen und Emissionen zu reduzieren." Diese Worte stammen vom Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, geäußert anlässlich der Übergabe eines Förderbescheides in Höhe von 25 Millionen Euro für das Projekt "Silicon Economy Logistics Ecosystem (SELE). Das Projekt soll am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund als Alternativprogramm zum Silicon Valley entwickelt werden. Dabei soll eine "Silicon-Economy-Infrastruktur" geschaffen werden. Zudem will man eine Plattform inklusive einer Anwender-Community aufbauen mit Hardware- und Software-Komponenten, die allen Unternehmen offensteht. Seitens des IML bezeichnete man das Projekt als "größte Disruption seit dem Smartphone". Den Initiatoren schwebt ein Gegenentwurf zu den Plattformen von Amazon, Uber oder Alibaba vor. "Dabei wird die Transportlogistik eine bedeutende Rolle spielen", kündigt Michael ten Hompel, der Chef vom Fraunhofer IML, gegenüber der Verkehrs-Rundschau an. "Wir wollen vom Palettenschein über den E-Frachtbrief bis hin zur Plattform-Basistechnologie alles zur Verfügung stellen, damit gerade auch kleinere Dienstleister sie nutzen können: kostenlos und mit wenig Aufwand", so der Logistikprofessor. Er weiß sich der Unterstützung der großen Logistikdienstleister sicher: "Die kommen auf uns zu und sagen: Es muss jetzt mal ein Ende haben, wenn wir ein kleines Transportunternehmen in unser Netzwerk aufnehmen und damit große Software-Probleme verbunden sind." Champions League gegen Kreisklasse? Doch werden die 25 Millionen Euro tatsächlich reichen, um sich gegen Amazon & Co. durchzusetzen? Zum Vergleich: Amazon hat laut Ernst & Young alleine 2018 24,2 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert. Tritt da nicht Champions League gegen Kreisklasse an? Ten Hompel muss lachen über diesen Vergleich: "Für 25 Millionen Euro bekommen Sie auch schon einen guten Spieler", antwortet er augenzwinkernd. Um dann sein Konzept vorzustellen: Zum einen arbeiten beim Fraunhofer IML über 300 wissenschaftliche Mitarbeiter, die ihre Kompetenz einbringen können. Zudem schwebt ihm ein Modell vor wie bei der Software Linux. Dort hatten bei der Entwicklung einer attraktiven Alternative zu den Betriebssystemen etablierter Hersteller zahlreiche Wissenschaftler weltweit mitgewirkt. "Wir versuchen, dass internationale Entwickler-Communitys sich dieser Gemeinschaft anschließen. Wir sind optimistisch, dass es klappt, da es in dieser Open-Source-Richtung nichts Vergleichbares gibt", sagt der Professor. Aber ihm ist auch klar, dass diese 25 Millionen Euro nicht ausreichen. Zum einen rechnet er Förderungen wie die für das Blockchain-Institut (siehe Kasten) hinzu. Zum anderen sieht er die Notwendigkeit, dass weitere Fördergelder fließen müssen. "Von staatlicher Seite, aber auch von der Industrie", appelliert er gleichfalls an die Wirtschaft, sich zu engagieren. In fünf Jahren wird man sehen, ob dieses Konzept tatsächlich aufgeht. Denn dann sollen die Plattformkomponenten bereitstehen. Schon vorher sollen einzelne Angebote wie ein KI-Algorithmus für ETA-Services (estimated Time of Arrival) fertig werden. So weit vollmundige Ankündigungen. Laut trommeln kann man im Fraunhofer IML jedenfalls. Jetzt müssen diesen Geräuschen nur noch Taten folgen. Mehr zum Thema finden Sie unter #FraunhoferIML www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Viele Experten sehen die Gefahr, dass amerikanische oder chinesische Plattformanbieter den deutschen Logistikdienstleistern den Rang ablaufen, weil sie über entsprechende Technologien verfügen. Ein neues Forschungsprojekt soll hier jetzt ein Gegengewicht aufbauen. Auch NRW investiert in Forschung für Logistik Nicht nur die Bundesregierung fördert die Forschung neuer Technologien in der Logistik. Auch das Land Nordrhein-Westfalen hat einen bedeutsamen Betrag in Höhe von 7,7 Millionen Euro bereitgestellt, damit am Fraunhofer IML ein Blockchain-Institut aufgebaut werden kann. Mehr Automatisierung "Die Blockchain als Schlüsseltechnologie besitzt das Potenzial, Datenaustausch manipulationssicher zu gestalten und eine Vielzahl von Prozessen in der Wertschöpfungskette zu automatisieren und zukünftig zu autonomisieren", beschreibt Professor Michael Henke, Institutsleiter des Fraunhofer IML, die Bedeutung der Technologie. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart erhofft sich von dem neuen Institut, dass es "die Logistikbranche in NRW entscheidend voranbringt". cd

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