Verlagerung auf die Schiene

Verlagerung auf die Schiene Die Bahn kommt immer öfter zum Zug Die Bahn hat mit einigen Nachteilen und Vorbehalten zu kämpfen. Warum eine Verlagerung auf die Schiene trotzdem gelingen kann, zeigten verschiedene Praxisbeispiele, die auf dem Schienengüterverkehrsforum vorgestellt wurden. Die Bahn wird interessanter. Diesen Eindruck vermittelt das Schienengüterverkehrsforum, zumindest, wenn man die von Jahr zu Jahr steigende Teilnehmerzahl als Maßstab nimmt. Bei der siebten Auflage des Forums verzeichneten die beiden Organisatoren – der BME (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – knapp unter 200 Anmeldungen. Aber auch in der Wirtschaft gibt es Anzeichen dafür, dass die Bahn als Transportmittel zunehmend gefragt ist. Der Papierhersteller Norske Skog Walsum ist ein Beispiel dafür. Bis Mitte 2013 wurden die bis zu 4,5 Tonnen schweren Papierrollen per LKW nach Großbritannien gebracht. Der Ärmelkanal wurde dann mit einer Fähre überquert. Doch seit gut einem halben Jahr kommt die Bahn zum Zuge. Und dass, obwohl die Ware jetzt drei Tage länger unterwegs ist. „Mit dem LKW hatten wir eine A-B-Verbindung. Jetzt liefern wir im A-D-Rhythmus aus“, sagte Frank Schneider, Leiter Logistik und Versand bei Norske Skog. Die jetzige Route: Die Papierrollen werden im Werk Walsum in Waggons verfrachtet. Von dort geht es im Einzelwagenverkehr nach Cuxhaven. DB Schenker Rail bedient diese Route fünf Mal täglich, sodass Norske Skog nicht auf eine Verbindung fixiert ist. Vom Cuxport aus fährt täglich ein Schiff nach Immingham. Dort geht die Ware entweder sofort weiter per LKW zum Kunden oder sie wird in einem Terminal zwischengelagert und der Transport erfolgt nach Abruf. Bahn-Lösung kostengünstiger Die längere Laufzeit ist nicht der einzige Nachteil der neuen Verbindung: „Das Risiko durch Beschädigungen ist auch größer, da die Rollen jetzt drei- bis viermal umgeschlagen werden müssen statt bislang nur einmal“, zählte Schneider ein weiteres Manko auf. Und bei Verzögerungen innerhalb der Transportkette sei auch eine Zustellung A-E/F möglich. Und doch hat er sich für die Bahn entschieden. „Die Auslieferung per Bahn ist um zwei Euro pro Tonne günstiger. Das hat auch den Vertrieb überzeugt“, nannte Schneider einen wichtigen Grund. Immerhin, bei einer Jahrestonnage von 30.000 Tonnen nach Großbritannien spart der Papierhersteller jährlich 60.000 Euro. Unter anderem liegt das daran, dass die Verladung und Ladungssicherung im Waggon weniger material- und personalintensiv ist. Angenehmer Nebeneffekt der neuen Lösung: Durch die Steigerung des Waggonausgangs um mehr als 30 Prozent konnte auch die vorhandene Werksbahn deutlich besser ausgelastet und somit eine Senkung der Fixkosten pro Verladeeinheit erreicht werden. Und bislang klappt auch alles reibungslos. Laut Schneider hat es weder gravierende Verspätungen gegeben noch einen Schaden beim Handling. Auch Danone und Ekol fahren Bahn Ein Unternehmen, das schon seit einigen Jahren Erfahrungen mit dem Transport per Bahn gemacht hat, ist Danone Waters. Von Lyon aus transportiert das Unternehmen Wasser der Marken Volvic und Evian nach Deutschland in die Läger Duisburg, Worms und Hockenheim. Zwischen Ende 2009 bis einschließlich 2012 ist es dem Unternehmen gelungen, insgesamt 26.000 LKW-Sendungen auf die Schiene zu verlagern. „Das entspricht 80 Prozent der Ware aus Frankreich zu unseren Lägern“, sagte Christoph Stegmann, Head of Logistics bei der Danone Waters Deutschland. Laut Stegmann wird sich die Wettbewerbssituation der Bahn gegenüber dem LKW weiter verbessern. Denn Personal und der Kraftstoffverbrauch seien die zwei großen Kostenfaktoren im Straßentransport. Genau diese würden sich jedoch in den kommenden Jahren stark verteuern. Ein Manko sieht Stegmann darin, dass die Züge leer nach Lyon zurückfahren. „Wir würden hier gerne Unternehmen finden, die mit uns kooperieren“, sagt er. Zwei Bedingungen sind dabei zu erfüllen: Zum einen sollte die kritische Masse bei mindestens 13 LKW-Sendungen pro Zug liegen, weil sich ansonsten der Aufwand nicht lohnt. Zum anderen schließt er eine Kooperation mit direkten Wettbewerbern aus, „weil keiner außer uns ein solches System betreibt und wir daher unsere Wettbewerber nicht daran teilhaben lassen wollen.“ Aber nicht nur die Industrie zeigt sich an der Bahn interessiert. Auch in der Spedition wirft man immer häufiger ein Auge auf den Schienengüterverkehr. Bestes Beispiel dafür ist die türkische Spedition Ekol. Das Unternehmen hat angekündigt, bis 2015 das intermodale Netzwerk auf ganz Europa auszudehnen. „Wir streben ein zweistelliges Wachstum mit rund 30 Prozent jährlich im europäischen Kombinierten Verkehr an“, hatte Frank Körber, Vize-Präsident International der Ekol GmbH, der VerkehrsRundschau bereits letzte Woche mitgeteilt (siehe VR 4/14, Seite 11). Auf dem Forum konkretisierte er das Vorhaben: So seien für 2014 unter anderem jeweils zwei Rundläufe die Woche zwischen Triest und Großbritannien, zwischen Triest und Leipzig über München, zwischen Kattowice und Köln und zwischen Köln und Großbritannien geplant (siehe auch Interview unten). Es tut sich also einiges auf der Schiene. Da würde es nicht verwundern, wenn bei der achten Auflage des Forums im nächsten Jahr die 200-Teilnehmer-Marke übersprungen wird. ❙❚■ Michael Cordes Interview Wollen Sie der größte KV-Spediteur Europas werden? Ambitionierte Ziele verfolgt die türkische Spedition Ekol im Kombinierten Verkehr (KV). Frank Körber, Vize-Präsident International von Ekol, zu den Vorteilen des KV und zur Strategie seines Unternehmens. Warum setzt Ekol auf den Kombinierten Verkehr (KV) und nicht auf den LKW-Transport? Frank Körber: Zum einen sind wir zwischen der Türkei und Westeuropa per Fähre und Zug schneller als der LKW. Auf der Straße benötigen wir zwischen acht und zehn Tagen. Mit unserer intermodalen Lösung haben wir die Strecke in fünf Tagen bewältigt. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Transportzeit mit Zug und Fähre deutlich planbarer ist als mit LKW. Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass es dem Kunden weniger um die Schnelligkeit geht, sondern ihm die Zuverlässigkeit viel wichtiger ist. Der Umweltaspekt muss und sollte natürlich auch erwähnt werden. Aus dem Transportgewerbe ist immer wieder der Vorwurf an die Bahn zu hören, sie sei nicht pünktlich. Diese Erfahrung hat Ekol offenbar nicht gemacht? Nein, bislang sind wir mit dem Service sehr zufrieden. Natürlich gibt es schon mal Verspätungen. Aber das hält sich in Grenzen. Die größere Herausforderung ist die Taktung im Hafen von Triest. Alle zwei Tage kommt eine unserer eigenen Fähren an, dann müssen die vorhandenen Volumen innerhalb von zwei Tagen mit unseren Blockzügen nach Köln, Ludwigshafen und Ostrava ablaufen beziehungsweise in kürzester Zeit auf die Fähre Richtung Türkei geladen werden. Vor diesem Hintergrund gibt es Überlegungen, die Anzahl der Fähren zu erhöhen. Ekol will im KV europaweit kräftig expandieren. Woher kommen all diese Kunden? Es sind viele Unternehmen dabei, die den Markt Türkei erobern oder aus der Türkei Waren nach Westeuropa exportieren wollen. Die Kunden stammen aus der Automobilindustrie, der Chemie, der Papierindustrie, der Textilbranche, fast-moving consumer goods und aus dem Baustoffgewerbe. Allerdings kommen auch immer mehr Anfragen aus unserem Kundenkreis, vergleichbare Services innerhalb Europas anzubieten. Wollen Sie der größte KV-Spediteur Europas werden? Es wäre jetzt unwahr zu sagen, das wollen wir auf gar keinen Fall. Wir haben zum Ziel, dass wir als KV-Dienstleister eine führende Rolle spielen wollen. Das beinhaltet auch, über entsprechende Lobby-Arbeit die Rahmenbedingungen für den KV in Europa zu verbessern. Wenn es dann am Ende die Nummer eins wird, wäre das schön, aber nicht notwendig. cd Trotz längerer Laufzeit zieht Papierhersteller Norske Skog Walsum die Bahn vor Danone sucht Kooperations- partner, um die Leerfahrten nach Lyon zu befüllen