Verkehr im Visier der Klimapolitik

Die EU will ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um "mindestens 40 Prozent" reduzieren. Darauf haben sich die Regierungschefs der Union in der vergangenen Woche verständigt. Dazu soll auch der Verkehr einen angemessenen Beitrag leisten. In den letzten Jahren, in denen die Industrie ihre Emissionen bereits um fast ein Fünftel gesenkt hat, sind die Emissionen des Straßen-, vor allem aber des Luftverkehrs weiter gestiegen. Personenwagen brauchen zwar pro Kilometer heute zehn Prozent weniger Sprit als vor 20 Jahren, bei LKW sind es sogar fast 30 Prozent, wegen der gestiegenen Fahrleistung stiegen die Emissionen des Straßenverkehrs im gleichen Zeitraum aber um mehr als 10 Prozent an. Die Anreize zur Senkung der Emissionen sind auch nur gering. Die Hersteller von PKW und leichten Nutzfahrzeugen müssen zwar Grenzwerte für den CO2-Ausstoß einhalten, haben aber keinen Einfluss darauf, wie viel gefahren wird. Die Regierungschefs der EU haben deswegen noch einmal darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten den Verkehr in den Emissionshandel (ETS) einbeziehen können. Diese Möglichkeit besteht bereits nach den geltenden Vorschriften der EU, aber kein Mitgliedstaat hat bislang davon Gebrauch gemacht. Nach 2030 bekommen die Regierungen dafür jedoch einen zusätzlichen Anreiz. Von 2020 bis 2030 muss die Industrie, die bereits jetzt vom ETS erfasst wird, ihre Emissionen um 43 Prozent reduzieren, alle anderen Sektoren (Non-ETS) um 30 Prozent. Die Mitgliedstaaten erhalten jedoch eine "Flexibilität", um das ETS auf Non-ETS-Sektoren auszudehnen. Für den Verkehr ist das eine interessante Option, wenn der bisherige ETS-Sektor seine Emissionen stärker senken kann als 43 Prozent. Dann würden Emissionssteigerungen des Verkehrs - oder von Teilen des Verkehrs - nicht im Non-ETS-Sektor zu Buche schlagen. Welche Auswirkungen eine Einbeziehung des Verkehrs in das ETS auf dessen Emissionen hätte, hat das Institut Cambridge Econometrics im Auftrag der Nichtregierungsorganisation Transport & Umwelt untersucht. Die Forscher gehen davon aus, dass die Verkehrsteilnehmer nicht direkt am Emissionshandel teilnehmen müssen, sondern die Anbieter von Benzin und Diesel. Diese müssten die Kosten für die Emissionsrechte über den Preis an die Verbraucher weiterreichen (siehe Kasten). Wird der Sprit teurer, wird weniger verbraucht und die Emissionen gehen zurück. Teurer Sprit alleine reicht nicht Zu unterscheiden sind kurz- und langfristige Auswirkungen. Kurzfristig könnten nur die wenigsten Verkehrsteilnehmer auf höhere Preise reagieren, heißt es in der Studie. Ein um 10 Prozent höherer Preis würde kurzfristig zu einem Rückgang der Nachfrage von nur 2 Prozent führen. Die meisten Autofahrer und Spediteure können kurzfristig weder substanziell weniger fahren noch sparsamere Fahrzeuge anschaffen. Als wahrscheinlichstes Szenario geht die Studie davon aus, dass die Industrie mittelfristig effizientere Fahrzeuge entwickeln wird, die sich an vorgegebene Grenzwerte halten müssen. Das Szenario berücksichtigt jedoch keine vom Gesetzgeber vorgegebenen CO2-Grenzwerte für LKW. Eine Einbeziehung des Straßengüterverkehrs wäre deswegen auch dann eine politische Versuchung, wenn man sich beim Personenverkehr weiter darauf verlassen würde, dass die Hersteller den Spritverbrauch drosseln. Emissionshandel Emissionshandel im Verkehr Das Institut Cambridge Econometrics hat untersucht, welche Auswirkungen eine Einbeziehung des Verkehrs in den Emissionshandel hätte. Der Effekt des Emissionshandels auf den Benzinpreis hängt davon ab, wie teuer die Emissionsrechte sind, die die Mineralölgesellschaften bezahlen müssten. Die Studie untersuchte drei Szenarien:- Anstieg des Preises von gegenwärtig rund 5 Euro je Tonne CO2 auf knapp 20 Euro,- Verdoppelung des Preises auf 10 Euro- Verknappung der Emissionsrechte und Preisanstieg auf über 200 EuroIn den ersten beiden Szenarien würde der Preis für Benzin und Diesel nur um wenige Cent steigen, nur im dritten Szenario käme es zu einem signifikanten Preisschub von 38 Prozent. Nur in diesem Szenario würden die CO2-Emissionen deutlich um 23 Prozent zurückgehen. Das wäre nach Ansicht der Autoren aber weniger, als durch eine strengere Regulierung der PKW erreicht würde. Durch eine deutliche Senkung der Emissionen für neue PKW auf 60 Gramm pro Kilometer bis 2030, das ist weniger als die Hälfte des heutigen Ausstoßes, würden die CO2-Emissionen um 26 Prozent sinken.tw