Trends in der Baulogistik

Trends in der BaulogistikSorgenkind wird zum EckpfeilerVolle Auftragsbücher: Den Baufirmen geht es derzeit gut. Dennoch gibt es noch viele offene Baustellen. Eine Schwachstelle und zugleich ein Trend in der Baulogistik ist die bessere Organisation der Baustelle. Hier könnte sich ein Aufgabenfeld für Spediteure ergeben.Ausgerechnet die Bauwirtschaft. Jahrelang ging es mit dieser Branche bergab. Die Zahl der Beschäftigten verringerte sich zwischen 1993 und 2010 um die Hälfte von ehedem 1,4 Millionen auf 715.837 im Jahre 2010. Die Bauinvestitionen brachen zwar nicht so stark ein, waren aber in diesem Zeitraum ebenfalls rückläufig um satte 12,7 Prozent auf 213,2 Milliarden Euro. Und jetzt entwickelt sich dieses Sorgenkind der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr auch zur Überraschung der Experten zu einem wichtigen Eckpfeiler, der die Konjunktur in Deutschland stützt. „Die deutsche Baukonjunktur hat sich trotz europäischer Schuldenkrise und anhaltender Verunsicherung der Finanzmärkte günstiger entwickelt als noch im Frühjahr erwartet“, sagt Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Daher haben sein Verband und auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) ihre Umsatzprognose nach oben korrigiert, und zwar auf nominal etwa sieben Prozent (real fünf Prozent). Zu Jahresanfang rechnete der Hauptverband noch mit einer Stagnation, schloss sogar einen Umsatzrückgang von bis zu einem Prozent nicht aus.Boom im Wohnungsbau Damit würde die Baubranche stärker zulegen als das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Je nach Institut wird für 2011 ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt zwischen 2,8 und 3,3 Prozent vorausgesagt. Hauptgrund für die positive Entwicklung 2011 ist der Aufschwung im Wohnungsbau. Bis August 2011 stieg die Zahl der genehmigten Neubauwohnungen um mehr als 23 Prozent. Für 2011 erwartet der Hauptverband einen Anstieg der Fertigstellungszahlen auf 170.000 Wohneinheiten (ohne Umbauten) nach 150.000 im Jahr zuvor. Als Gründe für den Boom im Wohnungsbau nennt Bauer den Rückgang der Arbeitslosigkeit, ein relativ niedriges Zinsniveau, aber auch das wieder erwachte Interesse vieler Anleger am Wohneigentum. Daher erwartet der Hauptverband in diesem Segment ein Umsatzplus für 2011 von nominal zwölf Prozent. Aber auch im Wirtschaftsbau geht es aufwärts. Im ersten Halbjahr gab es zweistellige Zuwächse (bemessen nach umbautem Raum). Mittlerweile flacht sich das Wachstum ab, aber für das Jahr 2011 rechnen beide Verbände mit einem Plus von nominal neun Prozent.Nicht mithalten kann bei diesem Tempo der öffentliche Bau. Die Sparmaßnahmen und das Auslaufen der Konjunkturprogramme machen sich bemerkbar. „Daher erwarten wir im öffentlichen Bau nur eine Stabilisierung der Umsätze (+0,4 Prozent)“, sagt Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des ZDB. Für 2012 wagen die Bauverbände noch keine Vorhersage. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geht in seiner Prognose davon aus, dass die Branche immerhin noch um zwei Prozent zulegen kann – wobei dieser Zuwachs nicht zuletzt auf Auftragsüberhängen aus diesem Jahr beruht.Neben der wirtschaftlichen Entwicklung in diesem Gewerbe spielt für die Speditionen und Transporteure aber eine weitere wichtige Rolle, wie sich die Logistik im Baugewerbe entwickelt. Ein Thema, das in anderen Branchen wie im Handel oder in der Automobil- und Chemieindustrie ganz oben auf der Agenda steht, über das man in der Baubranche jedoch relativ wenig hört.Just in time kann auch die BaubrancheLiegt das vielleicht daran, dass sich Logistikkonzepte in der Bauwirtschaft nicht umsetzen lassen? Dieser These widerspricht Professor Josef Zimmermann. „Just-in-time-Konzepte, wie sie in der Autoindustrie immer wieder hervorgehoben werden, gibt es in der Baubranche bereits seit Jahrzehnten“, sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung an der Technischen Universität (TU) in München. Er nennt das Beispiel der Betonlieferung: Dieser muss gleich verarbeitet werden, weil er sonst erhärtet. Vom Prozess her unterscheidet sich hier nichts von einem Jit-Konzept in der Autoindustrie, nur das hier nicht das Ziel laute, Lagerkosten einzusparen. „Aber genau mit diesem Problem kämpfen auch viele Baustellen, gerade wenn es sich um Großprojekte in Innenstädten handelt, wo es wenig Platz gibt und nicht nur die Anwohner, sondern der gesamte Verkehr unter einer unkoordinierten Anlieferung leiden kann“, sagt Zimmermann. Der Wissenschaftler ist davon überzeugt, dass der Stellenwert der Logistik in der Bauwirtschaft zunehmen wird. „Letztlich ist sich zwar jeder der Beteiligten bewusst, dass die Logistik eine hohe Bedeutung hat“, sagt Zimmermann. Generell jedoch werde der Prozessplanung und -steuerung in der Baubranche nicht der Stellenwert eingeräumt wie in anderen Branchen und wie es notwendig wäre, um Kosten zu sparen. Dabei sieht er angesichts der geringen Margen im Bau eine zwingende Notwendigkeit, sich stärker dem Thema Logistik zu widmen. In die gleiche Richtung geht ein weiterer Trend, den Zimmermann prognostiziert: „Der Vorfertigungsgrad in der Branche ist noch zu gering.“ Ein steigender Vorfertigungsgrad würde die Qualität im Bau verbessern, so Zimmermann, weil die Rahmenbedingungen für die Anfertigung von Bauelementen auf einer Baustelle ungünstig seien. „Wenn wir diese Optimierung realisieren wollen, dann muss der Logistik eine viel größere Aufmerksamkeit zuteil-werden“, sagt der Experte. Entweder müsse dazu mehr Platz für die Lagerung der Fertigteile geschaffen werden. Oder die Fertigteile müssten just in time zur Baustelle kommen, was seiner Ansicht nach die kostengünstigere Variante wäre. Neues Potenzial für Speditionen?Zimmermann sieht dabei durchaus ein Potenzial für die Spediteure und Logistiker. Zwar würden die Bauherren nach wie vor die Planung solcher Prozesse steuern. „Aber wir müssen an der Qualität der Steuerung arbeiten. Hier könnte die Bauwirtschaft sicher von Speditionsunternehmen lernen, die sich mit der Steuerung von Logistikprozessen befasst haben.“ Zimmermann sieht in einem intensiveren Austausch einen Hebel, um die Kosten und die Qualität bei Bauprozessen weiter zu optimieren.Bestätigt wird Zimmermann durch die Ergebnisse einer Studie mit dem Titel „Logistik in der Bauwirtschaft“, die sein Lehrstuhl und der Lehrstuhl für Fördertechnik, Materialfluss, Logistik an der TU München mit Unterstützung von Bayern Innovativ herausgebracht haben. Demnach sehen die befragten Bauunternehmen in der Organisation der Baustelle und der Koordination der Gewerke das höchste Verbesserungspotenzial. Das durchschnittliche Einsparvolumen wird auf 11 Prozent bei der Organisation der Baustelle beziffert und auf 10,3 Prozent bei der Koordination der Gewerke. ❙❚■ Michael CordesDie Bauwirtschaft: Wichtige Stütze der Konjunktur 2011 branchen-spezialTrends in der BaulogistikEin wichtiger Auftraggeber für das TransportgewerbeViele Aufträge erhält die Transportbranche von Baufirmen. Wie wichtig die Bauwirtschaft ist, lässt sich der Statistik entnehmen: Demnach sind ein Drittel aller Güter, die in Deutschland befördert werden, der Baubranche zuzurechnen. Da jedoch diese Waren eher über kurze Wege transportiert werden, ist der Anteil der Gütergruppe „Steine und Erden“ bei der Verkehrsleistung mit etwa 13 Prozent nicht so hoch.Der LKW hat bei Transporten für die Bauwirtschaft eine besonders starke Position. 93 Prozent aller Tonnen, die unter die Rubrik „Steine und Erden“ fallen, werden auf der Straße bewegt. Bei der Verkehrsleistung beträgt der Anteil immerhin noch 77 Prozent. Zu berücksichtigen ist dabei, dass erfahrungsgemäß der Anteil des Werkverkehrs bei Bautransporten sehr hoch ist. Konkrete Werte dazu gibt es nicht.Durch eine Umstellung in der statistischen Erfassung wird künftig die Gütergruppe „Steine und Erden“ nicht mehr separat ausgewiesen, sondern gemeinsam mit „Bergbau und Erze“ erfasst. Außerdem gibt es die Position „Sekundärrohstoffe, Abfälle“, in der sich auch Transporte für die Bauwirtschaft befinden dürften. Beiden Gruppierungen wird für 2011 in der Kurzfristprognose von Intraplan/Ratzenberger ein überdurchschnittliches Wachstum vorhergesagt: 10,2 Prozent mehr bei der Verkehrsleistung für „Erze, Steine und Erden, Bergbau“ und 9,4 Prozent mehr bei „Sekundärrohstoffe, Abfälle“. Für 2012 fällt die Prognose in diesen beiden Rubriken mit jeweils 2,7 Prozent aber deutlich geringer aus. cdGut zu tun: Bau-LKW sind 2011 gefragtStatistik: Überdurchschnittliches Wachstum 2011

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