Hamburg. Für den Ausstieg aus Schweröl als dem wichtigsten Treibstoff im Weltseeverkehr hat sich erneut Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee ausgesprochen. Der Berliner Spitzenpolitiker sprach am Dienstagabend vor rund 330 Teilnehmern auf dem traditionellen Schifffahrtsessens des Nautischen Vereins zu Hamburg. Zwar sei das Seeschiff als umweltfreundliches Transportmittel anerkannt. Doch habe der Nimbus der Umweltfreundlichkeit Kratzer bekommen. Schweröl als Schiffstreibstoff sei inzwischen als klimaschädlich erkannt worden. An die Reeder gewandt, stellte Tiefensee fest: „Wir müssen wegkommen vom Schweröl.“ Erste Ansätze mit Seegebieten, in denen nur noch hochwertige – und damit klimafreundlichere – Destillate verbrannt würden, seien vollzogen. Doch dabei dürfe es nicht bleiben. Tiefensee räumte ein, dass dieser Kraftakt zum Ausstieg aus dem Schweröl nur auf internationaler Ebene vollzogen werden könne, schon um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen. Neben den Reedern sei aber auch die Mineralölwirtschaft gefordert, die in den kommenden Jahren entsprechende Produktionsumstellungen und technische Verbesserungen des Raffinerieprozesses vornimmt. Der Minister geht davon aus, dass die IMO in London in diesem Jahr die entsprechenden Weichenstellungen beschließt. Der deutschen Seeschifffahrt bescheinigte Tiefensee erneut eine Spitzenstellung auf Weltniveau. Doch diese zu halten, müssten wichtige Hausaufgaben gemacht werden. Dazu gehört für ihn auch, dass die Anstrengungen zur Gewinnung und Ausbildung des erforderlichen seemännischen Nachwuchses noch einmal forciert werden müssten. Dass die deutsche Handelsflotte diese Spitzenstellung halte, sei aber auch das Verdienst der deutschen Schifffahrtspolitik. Tiefensee nutzte die Gelegenheit, um an die Rückflaggungs-Zusagen der deutschen Reeder zu erinnern, die diese zuletzt auf der 5. Nationalen Maritimen Konferenz in Hamburg im Dezember 2006 gemacht hatten. Tiefensee wörtlich: „Ich erwarte, dass bis Ende diesen Jahres 500 Schiffe zurückgeflaggt sind, bis jetzt sind es 400.“ 2010 sollten dann 600 Schiffe unter die Flagge Schwarz-Rot-Gold gebracht sein. Gunther Kempf, Vorsitzender des Nautischen Vereins zu Hamburg, sieht als eine Folge des politisch gewollten Abkehrs vom Schweröl eine deutliche Kostensteigerung auf die Reedereien zukommen. Eine Verdoppelung der Preise gegenüber heute sei wahrscheinlich. Klar sei aber auch, dass diese Preissteigerungen „in jedem Fall an den Markt weitergegeben werden“, so Kempf. Auch das dürfe nicht übersehen werden: Die Ölindustrie werde diese Maßnahme mehr CO2 produzieren. Weitere Folgen seien erhebliche Investitionen sowohl in der Mineralölwirtschaft als auch bei den Reedereien aufgrund von technischen Anpassungen in den Schiffsantrieben. (eha)
Seeverkehrswirtschaft: Tiefensee fordert Ausstieg aus Schweröl
Schifffahrtsexperte Gunther Kempf rechnet mit deutlich höheren Treibstoffpreisen – Seetransporte werden sich langfristig verteuern