Schnellboot trifft Tanker

InterviewSchnellboot trifft TankerSeit dem 1. April 2011 befindet sich der NFZ-Vermieter Euro-Leasing nun komplett im Besitz des Münchner MAN-Konzerns. Geschäftsführer Ralf Faust äußert sich im Interview zu der Übernahme und gibt eine Einschätzung, wie sich die Transportbranche durch Telematik entwickeln wird. Herr Faust, sperren Sie jetzt in Sittensen zu und machen Sie sich auf nach München zu MAN?Ralf Faust: Das bin ich hier im Ort sogar schon beim Bäcker gefragt worden. Nein, der Standort, die Mitarbeiter, unsere Strukturen und auch unser Name – alles bleibt bestehen. Wir haben den Übernahmeprozess abgeschlossen und klare Strukturen geschaffen. Das betrifft beispielsweise die Gesellschafterstruktur und die Aufgabenbereiche. Jetzt gehen wir dynamisch in den Vertrieb.Sie sind dann künftig ein „Mittelständler“ im Konzern?Wir sind ein sehr lösungsorientierter Dienstleister, eingebettet in die Struktur eines Großkonzerns. Unsere Kompetenz unterstützt MAN auf dem Weg zu noch mehr Kundenorientierung. Unser Vermiet-Know-how ergänzt ideal das Dienstleistungs-Portfolio von MAN und schafft uns eine gewisse Freiheit im operativen Geschäft. Sie müssen sich das vorstellen wie mit einem Schnellboot und einem Tanker. Das Schnellboot hat frisch aufgetankt und begleitet den Tanker auf dem richtigen Weg. Es wäre ja unklug, das Schnellboot an den Haken zu nehmen und an Bord zu hieven.Hat MAN Sie als Ideengeber geholt?Wir werden schon als Innovationsschmiede gesehen. Ich sitze in Arbeitskreisen, in denen wir unser Know-how einbringen und in denen wir gemeinsam mit MAN Innovationen intensiv vorantreiben. Außerdem stehen wir beispielsweise dem MAN-Vertrieb beratend zur Seite. Durch die Übernahme von Euro-Leasing hat sich MAN unseren gesamten Erfahrungsschatz in Sachen Aufliegervermietung gesichert. Wir haben eine Flotte von über 8000 Aufliegern mit 2,7 Jahren Durchschnittsalter. Wir wissen, welche Anforderungen unsere Kunden an uns stellen, wir haben das Flottenmanagement dafür und wir haben die Prozessstrukturen. Andererseits sind unsere Kunden auch froh zu wissen, dass wir mit MAN Truck & Bus einen finanzstarken Mutterkonzern haben, der auch ihnen eine große Sicherheit bietet. MAN baut mit uns und diesem wachsenden Geschäftsfeld ihr Produktportfolio an Transportlösungen im Sinne unserer Kunden gezielt weiter aus. Das Motto von Euro-Leasing ist „Immer in Bewegung“. Wie umsetzungsfreudig ist hier ein Konzern?Unsere Innovationen sind gewollt. Wir haben einiges in der Schublade, was wir auch auf der Messe Transport Logistic in München vorstellen werden. Unter unserer Standleitung treten wir dort unter der Dachmarke MAN auf. Das zeigt, wie integriert wir hier bereits arbeiten. Wir werden auf der Messe beispielsweise eine Reparaturendabrechnung präsentieren, die besser, weil transparenter ist für unsere Kunden. Wir denken außerdem darüber nach, ob wir uns noch einen Tankkartenanbieter mit ins Boot holen und den Dieselpreis für den Mieter deckeln. Und im Sommer wollen wir neben unserem Callcenter unser Beschwerdemanagement gezielt ausbauen. Sie sehen, wir sind immer in Bewegung. Eine Richtung, die Sie relativ früh sehr konsequent eingeschlagen haben, ist die Telematik. Warum?Für mich liegt die Zukunft im Bereich Dienstleistungen für Transportlösungen. Die Total Costs of Ownership nehmen bei unseren Kunden an Bedeutung zu. Dafür müssen sie aber ihre Kostenstruktur transparent darstellen. Telematik hilft, Kontroll-instrumente im Fuhrparkmanagement unserer Kunden zu installieren. Sie wissen dann, wie viel Cent pro Tonnenkilometer auf sie zukommen. Um diese Daten zur Verfügung stellen zu können, haben wir 2007 die Telematik als Standard eingeführt. Manchmal stellt man fest, dass das Wissen über die Kalkulation und Steuerung von Kosten bei den Transportunternehmern oft noch nicht so ausgeprägt ist, wie es notwendig wäre.Das ist ein Lernprozess. Die Krise hat dazu geführt, dass jeder seine eigenen Prozesse untersuchen musste, um zu überleben. Nur wer seine Kosten kennt, weiß wie hoch seine Frachtrate sein muss und wo sein Deckungsbeitrag liegt. Das ist bei einigen angekommen, bei anderen nicht. Wir selber agieren bei den Kunden immer stärker als Berater, wenn es darum geht, geschäftlich erfolgreich zu sein. Das wird sich in den nächsten Jahren noch stark entwickeln. Bei allen Herstellern gibt es hierzu entsprechende Strategien. Wir alle werden am Ende des Tages Mobilität verkaufen. Und zwar immer öfter in Form einer monatlichen Rate und weniger in Form von Investitionen.Was Telematik betrifft, sind Unternehmer manchmal verunsichert angesichts der vielen Systeme und Anbieter. Wir selbst sind abgerückt von der These, dass es eine Kühlgeräte-, eine Auflieger- und eine Zugmaschinentelematik geben muss. Wir müssen über eine einzige SIM-Karte kommunizieren können. Das dauert zwar noch, aber es gibt bereits eine starke Annäherung. T-Systems ist zum Beispiel für die Struktur der Schmitz-Cargobull-Telematik verantwortlich, aber auch für die Telematik von MAN. Das kann man intelligent zusammenfügen. Die Mobilfunkprovider haben gelernt, dass die Hardware irgendwann ein Produkt der Fahrzeughersteller sein wird wie die Klimaanlage oder das ABS. Insellösungen wird es nicht mehr geben. Im nächsten Schritt ist es dann nicht mehr nur entscheidend, die Daten zu kennen, sondern wie sie die Prozesswelt unserer Kunden beeinflussen. Es bringt nichts zu wissen, dass die Bremse kaputt ist, wenn sich daran keine Aktivität anschließt. In der Werkstatt muss der Schaden schnell und effektiv behoben werden. Die größten Einsparpotenziale durch Telematik be-obachten wir übrigens momentan bei 7,5- und 12-Tonnern. Welche Veränderungen wird es bei den Daten selber geben?Sie haben immer die Parameter der Telematik, wie sie heute ist. Diese Daten werden sich nicht verändern. Allerdings wird es eine andere Sichtweise auf diese Daten geben. Die Unternehmen haben Mischfuhrparks, eigene, bei verschiedenen Firmen gemietete Fahrzeuge, Subunternehmer. Alle diese Daten muss der Entscheider sehen, ohne sich durch fünf Portale zu arbeiten. Er muss auf einen Blick wissen, bin ich im positiven Bereich, erreiche ich meinen Deckungsbeitrag?Wie stellen Sie sich mit MAN hinsichtlich Telematik auf?Das Thema steht bei MAN ganz oben auf der Tagesordnung. Neues dazu wird auf der Messe Transport Logistic vorgestellt. Auch hier stehen wir beratend zur Verfügung.Wird es ein gemeinsames Werkstatt- und Servicekonzept von MAN und Euro-Leasing geben?Wir rücken zusammen. Wir arbeiten gemeinsam an dem Thema MAN Service Complete. Hier bringen wir unser Know-how im Bereich Trailer und Ersatzteileinkauf für Trailer ein. Wir kennen die Knotenpunkte, an denen der meiste Service in Europa für Trailer benötigt wird. Der Ansatz, Truck und Trailer zusammen zu warten, ist absolut sinnvoll.Denken Sie auch daran, LKW-Fahrer zu überlassen?Wir diskutieren das gerade sehr intensiv. Aber unsere Kunden haben bereits ein großes Problem, qualifizierte Fahrer auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Ich stelle mir jetzt die Frage, wie kommen wir an gutes Personal, das wir vermieten können, wenn es nicht schon bereits vom Kunden eingestellt wurde? Zum Zweiten ist die Arbeitnehmerüberlassung mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Wir haben das Thema im Fokus. Wenn man Mobilität anbietet, dann spielt der Fahrer und sein Einfluss auf effizientes Fahren eine zentrale Rolle.Wie werden sich die Marken MAN Rental und Euro-Leasing voneinander abheben?Nach Außen werden wir ein Erscheinungsbild haben. Euro-Leasing bildet die Mobilität von MAN ab. Wer ein Fahrzeug mieten möchte, bekommt von uns einen Vertrag, unter dem Euro-Leasing steht. Im Logo steht wie gehabt MAN Rental drüber. Der Kunde kann beim Kauf und beim Mietkauf eines Fahrzeugs alles selber spezifizieren. Bei der Miete sieht das anders aus. Hier erhält er ein Standardfahrzeug, immer mit Wartungsvertrag und immer mit Telematik an Bord. ❙❚■ Birgit Bauer, Rocco SwantuschRalf Faust (M) im Gespräch mit den VerkehrsRundschau-Redakteuren Rocco Swantusch und Birgit Bauer„Telematik-Daten werden die Prozesswelt der Unternehmen beeinflussen“, ist sich Ralf Faust sicher InterviewEuro-Leasing-Chef Ralf Faust: Mobilität künftig in Form monatlicher Raten verkaufen Euro-LeasingRalf Faust Der Vorsitzende der Euro-Leasing-Geschäftsführung hat bei Schmitz Cargobull eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht, bevor er bei dem Trailerhersteller in den Vertrieb ging und die firmeneigene Vermietgesellschaft leitete. Nachdem diese von CTR übernommen worden war, führte er den Bereich Operations/Technik. 1997 wechselte Faust als Vertriebs- und Technikmanager zur Euro-Leasing GmbH. Seit 2009 ist Faust auch verantwortlich für MAN Rental.Nach der ÜbernahmeSeit 1. April 2011 ist die Euro-Leasing GmbH, Sittensen, eine 100 prozentige Tochter der MAN Truck & Bus AG. 50,1 Prozent der Anteile hatte MAN bereits seit Ende 2009 gehalten. Jetzt gaben die Euro-Leasing-Eigner ihre restlichen Anteile an den Hersteller ab. Euro-Leasing hat als Fullservice-Provider für Fuhrparkmanagement in der Mietflotte 3200 LKW, 8300 Auflieger und Anhänger. Außerdem betreibt das Unternehmen die Dienstleistungsmarke MAN Rental, über die Zugmaschinen und Verteiler-LKW vermietet werden. Gegründet wurde die Euro-Leasing GmbH 1997. Der Umsatz lag 2010 bei 160 Millionen Euro. Euro-Leasing beschäftigt über 130 Mitarbeiter und verfügt über 16 deutsche Niederlassungen sowie Töchter in Dänemark und Polen. VitaInterview

Schnellboot trifft Tanker

Transfrigoroute-Branchendialog

Cyber-Sicherheit

MEISTGELESEN

Kühne+Nagel reagiert auf schwaches Marktumfeld mit Sparprogramm

Deutscher Logistikpreis 2025: Strauss gewinnt

Erste Testfahrt mit dem neuen Mercedes-Benz eActros 400

NEWSLETTER