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Reportage: Bei Bahnstreik droht größter Güterdrehscheibe bei Hamburg Stillstand

30.07.2007 14:34 Uhr
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Harte Arbeit: Rangierer verbindet zwei Güterwaggons
© Foto: Deutsche Bahn AG

Wenn die Lokomotivführer mit ihren Streikabsichten ernst machen, stehen auf Deutschlands größten Rangierbahnhof die Güterzüge still: Täglich 340 Stück.

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Hamburg/Maschen. Wie von Geisterhand bewegt rollen unzählige Güterwagen über das Gleisgewirr des größten deutschen Rangierbahnhofs in Maschen bei Hamburg. Die von Lokomotiven über einen Ablaufhügel geschobenen Wagenschlangen werden zu neuen Zügen sortiert und von Bahnarbeitern für ihre Fahrt quer durch Deutschland und Europa zusammengekuppelt. 340 Züge mit bis zu 5000 Wagen werden täglich in Maschen abgefertigt. Der drohende Streik der Lokomotivführer könnte die Güterdrehscheibe, von der ganz Norddeutschland samt des Hamburger Hafens bedient wird, lahm legen. Dies sei ein „Super-Gau“ für die Bahn und die Industrie, sagen Eisenbahner hinter vorgehaltener Hand. Offen will kaum einer der 250 Bahner in Maschen die Forderung der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) nach 31 Prozent mehr Lohn - begründet mit dem anstrengenden Job des Fahrpersonals - kritisieren. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt jedoch, dass viele Eisenbahner kräftig anpacken müssen, ehe die Lokomotivführer ihre Züge zur Fahrt Richtung München, Basel oder Belgien in Bewegung setzen können. Nur eine „Teamleistung im Verbund“ halte das System Eisenbahn in Bewegung, betont der Bahnkonzern, der von einem Sondertarif für Lokführer nichts wissen will. Die GDL will den Nettoverdienst der Lokführer von rund 1500 Euro kräftig angehoben sehen. Rangierer leben gefährlich Einen gefährlichen Job im Bahnbetrieb haben die Rangierer, deren Handwerk sich seit Start des Eisenbahnzeitalters kaum verändert hat. „Da muss man höllisch aufpassen“, meint ein Bahner. Auf den Gleisen und zwischen den Waggons kuppeln sie Züge an – und auseinander. „Ich mache 30 Züge pro Schicht“, sagt Rangierer Burkhard Komnick in Maschen. 39 Kilo wiegt die Kupplung der Güterwagen, die er wuchten muss. „Die Arbeit ist körperlich schwer.“ Zu schaffen mache Schnee im Winter und Hitze im Sommer. „Die Waggons heizen sich auf und strahlen zusätzliche Wärme ab.“ Bis zu 700 Meter lang sind die Züge, an denen Komnick entlang läuft. „Wann ist man gut bezahlt?“, meint der 49-Jährige mit Blick auf den Tarifstreit. „Wir freuen uns auf alle Fälle, dass es 4,5 Prozent mehr gibt“, sagt er zu dem Tarifabschluss, den die DB mit den anderen beiden Gewerkschaften geschlossen hat. Je nach Umfang der Nacht- und Wochenendschichten bringt der Familienvater, der seit 24 Jahren bei der Bahn ist, 1700 bis 1800 Euro netto nach Hause. Wie so mancher ist er von der Reichsbahn aus Ostdeutschland nach Maschen gekommen. Über das Verteilen der Güterwagen auf die richtigen Gleise wacht Christian Möller (51) als so genannter „Bergmeister“. Von einem hohen Stellwerk aus blickt er auf den Ablaufberg, von wo die Wagen über automatisch gesteuerte Weichen und Wagenbremsen rollen. Trotz moderner Technik muss Möller binnen Sekunden reagieren und die Bremsen nachsteuern, wenn Wagen zu schnell oder zu langsam auf die abgestellten Züge zurollen. „Nervös zu werden kann man sich da nicht erlauben“, meint er. Nötig seien viel Erfahrung mit den verschiedenen Wagentypen und der Computertechnik. Für seine vor allem in den Nachtstunden intensive Arbeit erhält Möller rund 1500 Euro netto. Unterwegs entstandene Schäden an Waggons werden in Maschen in einem Wagenwerk behoben. „Vom Prinzip her gibt es hier fast nur schwere Arbeiten“, meint Schlosser Uwe Lang (41). „Bei Güterwagen gibt es nur schwere Teile.“ Um pünktlich zur Frühschicht in der Reparaturhalle zu stehen, klingelt bei Lang um 3.15 Uhr der Wecker. Von der Reichsbahn aus Berlin ist er nach Maschen gekommen. „Von den Aufstiegsmöglichkeiten habe ich das Ende der Fahnenstange erreicht, auch vom Lohn her.“ 1400 bis 1500 Euro erhält er netto. Ob es im Tarifstreit der Lokführer tatsächlich zum Streik kommt, müssen die nächsten Tage zeigen. Über Anträge auf einstweilige Verfügungen der Bahn und der GDL entscheiden Arbeitsgerichte. Spätestens bis zum 6. August will die GDL das Ergebnis ihrer Urabstimmung über unbefristete Streiks bekannt geben.

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