Preisbremsen kommen

So teuer war Energie noch nie. „Unsere Stromkosten lagen im vergangenen Jahr bei 600.000 Euro und unsere Gaskosten bei 100.000 Euro“, sagt Ulf Tonne, Mitglied des Vorstandes von Grieshaber Logistics in Bad Säckingen. Und wenn das Speditions- und Logistikunternehmen seit diesem Jahr den Strom nicht zu Spottmarktpreisen einkaufen würde, hätten sich seine Stromkosten in 2023 sogar noch verfünffacht. Regeln hängen von Energieverbrauch ab Um die Energiekosten zu drosseln, nutze Grieshaber Logistics aber auch die jüngst vom Bundeskabinett beschlossene Gaspreisbremse, erklärt der Mittelständler. „Der maximale Gaspreis liegt mit sieben Cent je Kilowattstunde deutlich unter den von uns für 2023 vertraglich vereinbarten Bezugspreisen“, erklärt er. „Ohne die neue Gaspreisbremse würden sich unsere Kosten von 100.000 Euro bei gleichem Verbrauch wie in 2022 auf eine Million Euro pro Jahr erhöhen.“ Was Tonne freut: „Nach unseren aktuellen Kenntnissen ist die Umsetzung für unser Unternehmen sehr praktikabel.“ Doch Vorsicht: Nicht für jedes Unternehmen ist die Umsetzung so unkompliziert, weil der Gesetzgeber für die Nutzung der Energiepreisbremsen ein klares Regelwerk definiert hat. Das zeigen die Ausführungen von Ulrike Beland, Referatsleiterin Ökonomische Fragen der Energie- und Klimapolitik der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Grundvoraussetzung ist, dass das Unternehmen erstmal weiß, in welche ‚Gruppe‘ es fällt“, erklärt sie. „Denn die Höhe des Preisdeckels und die damit verbundenen Anforderungen hängen ganz maßgeblich davon ab, wie viel Strom, Gas und Wärme das Unternehmen jährlich verbraucht.“ Der Gesetzgeber unterscheide hier nach zwei Gruppen (siehe Grafik auf Seite 21). So gelte für die Gruppe 1 jeweils ein „Brutto-Arbeitspreis“ inklusive aller staatlich induzierten Preisbestandteile und sämtlicher Steuern. Sprich zum Arbeitspreis kommen noch Netzentgelte, Energiesteuer, Gasumlagen und CO2-Kosten dazu. Und für die Gruppe 2 gelte der „Netto-Arbeitspreis.“ Für Unternehmen, die jährlich maximal 1,5 Millionen Kilowattstunden (kWh) Gas und maximal 30.000 kWh Strom verbrauchen, ist das Prozedere einfach. Sie bekommen einen Bruttopreis garantiert und 80 Prozent des Verbrauchs werden bezuschusst. „Ist eine Firma aber über dieser Verbrauchsgrenze, erhält sie einen Nettopreis garantiert, der ein gutes Stück niedriger ist“, sagt Beland. Allerdings sei dies auch der Arbeitspreis, aus dem etliche Ausgaben wie Steuern und Umlagen herausgerechnet wurden, und man erhalte auch nur 70 Prozent seines Verbrauchs bezuschusst; für 30 Prozent des Verbrauchs gelten hingegen die regulären Marktpreise. Sprich: Für kleinere Betriebe gibt es beim Gas einen Preisdeckel von brutto 12 Cent/kWh; und bei größeren einen Preisdeckel von netto 7 Cent/kWh. Vereinfachtes Modell gilt für Kleinere Beim Strom liegt der Preisdeckel hingegen bei brutto 40 Cent pro kWh für kleinere Betriebe sowie bei netto 13 Cent pro kWh für größere Unternehmen. „Die Preise sind also nach wie vor deutlich über dem Niveau von vor der Energiekrise, es wird auf einem relativ hohen Niveau gedeckelt“, erklärt Beland. „Und es wird nur ein bestimmter Prozentsatz ersetzt.“ Das ist das Grundmodell der neuen Energiepreisbremsen. Der Vorteil ist: Firmen mit jährlich weniger als 30.000 kWh Strom- bzw. 1,5 Millionen kWh Gasverbrauch müssten nichts dafür tun. Der Versorger rechne den Zuschuss auf Basis der gedeckelten Preise aus und schreibe dann dem Unternehmer ab März 2023 automatisch den Preisrabatt rückwirkend zum 1. Januar 2023 gut. Die Krux ist: Dieses vereinfachte Modell gilt nicht für größere Betriebe. Aufpassen müssen beispielsweise auch Firmen mit erhöhtem Strombedarf, die etwa in der Kühllogistik tätig sind oder aber auch über größere Logistikimmobilien verfügen. Für sie gelten deutlich kompliziertere Voraussetzungen, wenn sie die Preisbremsen in Anspruch nehmen wollen. Die Zuschüsse der Preisbremsen erhält das Unternehmen nur unter ganz klar definierten Prämissen. So müsse der Unternehmer, erklärt Beland, dafür zunächst seine krisenbedingten Energiemehrkosten ermitteln, sprich, die Differenz aus dem aktuellen Strom-/Gaspreis und dem Preis von 2021 vor der Energiekrise. Und richtig komplex wird es, wenn ein Unternehmer monatlich über 150.000 Euro Beihilfe für Strom und Gas erhält – und zwar für seinen gesamten Unternehmensverbund, also inklusive aller seiner Betriebsstätten – um seine Energiekosten zu mindern. Dann entspricht das rund zwei Millionen Euro Zuschuss im Jahr, der ersten wichtigen Beihilfe-Grenze. Dann gelten wiederum neue Zuschussgrenzen für die Unternehmen. Konkret müssen diese ab vier Millionen Euro Zuschuss nachweisen, dass sie im Jahr 2023 gegenüber dem Jahr 2021 einen Gewinnrückgang hatten. Wenn ein Unternehmen diesen nicht nachweisen kann, kann es nicht mehr alsvier Millionen Euro an Zuschüssen bekommen“, sagt Beland. Im Extremfall könne es sogar so sein, dass ein Unternehmer bereits gewährte Zuschüsse im Nachhinein zurückzahlen muss. Besondere Pflichten für Energieintensive Damit nicht genug: Ab jährlich zwei Millionen Euro Energie-Zuschussgeldern sind die Unternehmen zum Arbeitsplatzerhalt verpflichtet. Sprich: Sie müssen zusichern, etwa über den Nachweis von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen, dass sie bis zum 30. April 2025 90 Prozent ihrer Beschäftigtenzahl erhalten. Und wer jährlich sogar 25 Millionen Euro an Energie-Zuschussgeldern erhält, darf gar nicht oder nur eingeschränkt Boni und Dividenden ausschütten. Um sich abzusichern, sollten Unternehmen die Gesetze kennen und Kontakt zu ihrem Versorger aufnehmen, um zusätzliche Informationen zu bekommen, rät Beland. eh

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