Calau. Wind und Wetter sind für Jutta Pudenz kein Problem. Die bundesweit einzige Postfrau, die per Spreewaldkahn Briefe und Päckchen zu den Kunden bringt, hat dazu eine pragmatische Einstellung: "Über Wetter sollte man als Zusteller nicht nachdenken, sondern sich richtig anziehen." Dies gilt für die 58-Jährige vor allem, wenn sie im Sommerhalbjahr den Postkahn mit Muskelkraft über die schmalen Spreearme in der brandenburgischen Lagunenlandschaft südöstlich von Berlin stakt. Doch diesmal ist alles anders.
Anfang April legt Pudenz nach 20 Jahren die Leinen für ihre letzte Kahnsaison als märkische "Christel von der Post" los. Es ist zugleich der Beginn ihres langen Abschieds von der Deutschen Post. "Im Februar nächsten Jahres gehe ich in Altersteilzeit", erzählt sie. Aber Wehmut will bei ihr nicht aufkommen. "Bis dahin ist noch viel Zeit, und ich habe noch allerhand zu tun."
Den Arbeitstag beginnt die quirlige Frau um 7.30 Uhr im Zustellstützpunkt der Post im Gewerbegebiet Calau. Dort stellt Pudenz bis 9.30 Uhr vorsortierte Briefe, Päckchen, Pakete und andere Sendungen für ihre Tour zusammen. Dann belädt sie das gelbe Postauto und fährt in die Spreewaldstadt Lübbenau. "Dort verteile ich die Sendungen an die Haushalte meines Zustellbezirkes 10." Im Winter ist sie nur mit dem Auto zu den Postkunden unterwegs, über eine Straße auch im benachbarten Inseldorf Lehde.
1100 Kahnkilometer pro Saison
Aber in der Sommersaison schiebt Pudenz zusätzlich den gelben Postkahn mit dem Rudel, wie die lange Holzstange genannt wird, von Lübbenau nach Lehde und zurück. Auf der Insel beliefert sie etwa 80 Lehdscher Postkunden und legt pro Tour acht Kilometer zurück, etwa 1100 Kilometer in der Saison. "Diese Kahntouren haben mir meist viel Spaß gemacht", blickt Pudenz zurück. Die Qualifikation dafür holte sie sich 1991, als sie das Staken des Aluminiumkahns lernte, den Fährmannsnachweis ablegte und die Fahrerlaubnisprüfung bestand.
Die freundliche Kahnfrau wird oft von Touristen angesprochen und gibt ihnen schlagfertig Antwort. "Im Alltag empfinde ich diese Popularität als normal", sagt die 58-Jährige, die mit ihrem Mann im Lübbenauer Ortsteil Klein Radden wohnt. "Aber wenn mich im Urlaub fremde Menschen im Ausland ansprechen und sagen "Wir kennen Sie aus dem Fernsehen, Sie sind doch die Kahnpostfrau aus dem Spreewald", dann merke ich, dass meine Arbeit etwas Besonderes ist."
Schon seit mehr als 100 Jahren werden vom Frühjahr bis zum Herbst Haushalte im Spreewald übers Wasser mit Briefen und Paketen versorgt. Diese Tradition solle im nächsten Jahr nach dem Weggang von Pudenz fortgeführt werden, versichert ein Postsprecher: "Für sie wird es eine Nachfolgerin geben." (dpa)