Mehr Lagerhaltung und steigende Frachtraten

München. Verzögerungen in der Lieferkette gibt es nicht nur in der Autoindustrie, sondern auch in vielen anderen Branchen. Die Chemieindustrie ist ebenfalls betroffen, wie Teil 1 unserer Umfrage gezeigt hat. Auch wenn es offenbar den Logistikdienstleistern gelingt, diese Engpässe zum Teil abzufedern. Die Chemieproduzenten erkennen jedoch, dass ein erheblicher Druck auf den Lieferketten lastet. Und die Logistikverantwortlichen reagieren: Lesen Sie, welche Ausweichszenarien sie entwickeln und welche Folgen die Engpässe auf die Entwicklung der Frachtraten haben: Bei BASF verfolgt man die Strategie, in den Märkten zu produzieren, in denen auch die BASF-Kunden aktiv sind. „Dies erhöht unsere Resilienz gegenüber Unterbrechungen von Lieferketten und sonstigen Handelsbarrieren. Wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Lieferketten robuster zu machen, um Unterbrechungen der Lieferketten zu vermeiden“, heißt es aus dem Chemiekonzern. Als Maßnahmen zur Risikominderung werden die geografische Diversifizierung des BASF-Lieferantenportfolios, die Optimierung der Rohstoffbestände und die weitere Verbesserung der Transparenz und Planung der BASF-Lieferkette zum Beispiel durch Digitalisierung aufgezählt. Auch bei Lanxess sieht man Verbesserungsbedarf: „Auch in Zukunft arbeiten wir kontinuierlich daran, unserer Lieferketten noch robuster zu machen. Dazu greifen unterschiedliche Faktoren ineinander. Multisourcing sowie wenn möglich lokales Sourcing von Rohstoffen und Energie an unseren weltweiten Standorten spielen dabei eine entscheidende Rolle“, sagt Logistikmanager Beermann. Um auf unvorhergesehene Ereignisse, die sich immer häufiger einstellen würden, schnell reagieren zu können, komme es laut Beermann auf ein agiles strategisches Risikomanagement an. Und er fügt hinzu: „Schließlich sind vertrauensvolle und langfristige Beziehungen zu unseren Lieferanten und Dienstleistern von höchster Bedeutung – das hat sich in der aktuellen Situation eindrucksvoll gezeigt.“ Eine Aussage, die verdeutlicht, dass die Logistikketten sehr wohl unter Druck standen respektive immer noch stehen. Für den Kunststoffhersteller stehen in Bezug auf die Funktionsfähigkeit von Lieferketten die Gewährleistung einer Versorgungssicherheit und Flexibilität ganz oben. „So haben wir beispielsweise alternative Bezugsquellen, um möglichst flexibel auf Ausfälle und Transportkapazitätsengpässe reagieren zu können und beziehen vieles bereits heute regional und lokal“, teilt das Unternehmen mit. Dass die Chemiekunden hingegen ihre Beschaffungsstrategie grundsätzlich umkrempeln oder überdenken, dass kann Hoyer-Manager Essinger zum jetzigen Zeitpunkt nur vereinzelt erkennen. Aber: „Wir erwarten ein stärkeres Risikomonitoring der Lieferketten in der Chemieindustrie, um potentielle Ausfälle und Engpässe früh zu erkennen und gegenzusteuern.“ Die Kundschaft plane mit mehr Lagerungsmöglichkeiten, um auch zukünftig gestresste Lieferketten besser abfedern zu können. „Regionales Sourcing wird kurzfristig an Bedeutung gewinnen“, nennt er eine Folge der Engpässe. Noch mit einem weiteren Trend rechnet er: mehr Transparenz in der Lieferkette. „Das ist ein zentrales Thema, um die Transportqualität und -sicherheit zu erhöhen.“ Sein Unternehmen sieht er gut gewappnet: „Über unsere Smart-Logistics-Lösungen kann und wird der Großteil unserer Equipmentflotte nachverfolgt.“ Essinger hat die Erfahrung gemacht, dass Kunden insbesondere proaktive Informationsbereitstellung schätzen, wenn eine Abweichung von der geplanten Transportabwicklung zu erwarten sei, beispielsweise eine Verschiebung der ETAs. Durch Corona wäre es dann zu einer noch stärkeren Nachfrage nach dieser Lieferkettentransparenz gekommen. Deshalb geht er davon aus, dass in branchenspezifischen Arbeitsgruppen unter Einbindung von Technologiepartnern der Fokus auf die Erhöhung der Lieferkettentransparenz gelegt werde. Und welche Konsequenzen zieht Hoyer nun aus den Engpässen bei den Lieferketten und den Rohstoffen? „Wir arbeiten mit den höchsten Qualitätsansprüchen und kooperieren sehr eng und vertrauensvoll mit unseren Kunden“, sagt Essinger. Das bedeutet auch, dass Hoyer mit seinen Dienstleistern einen sehr engen Austausch pflegt, um die aktuelle Situation bestmöglich zu begegnen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch: „Wegen außerordentlicher Kostensteigerungen – Stichwort Fahrermangel, exorbitante Steigerung der Seefrachtraten – haben wir in einigen Geschäftsbereichen die Preise erhöht“, so der Hoyer-Manager. Und man strebe nach kontinuierlichen Netzwerkoptimierungen, weiteren Partnerschaften und operativen Verbesserungen, um den Service und die Kapazitäten bestmöglich am Markt einzusetzen. (cd) Wollen Sie wissen, welche Veränderungen in den globalen Lieferketten aufgrund der Lieferengpässe zu erwarten sind? Dann lesen Sie dazu ein Interview mit Professorin Lisandra Flach. Die Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft in München hat zusammen mit ihrem Team gerade eine Studie erstellt mit dem Titel „Internationale Wertschöpfungsketten – Reformbedarf und Möglichkeiten“.

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