Berlin. Gewartet hat er lange genug. Bahnchef Hartmut Mehdorn drängt es nach der ersehnten Weichenstellung der Politik mit Macht voran in Richtung Börse. "Wir haben überhaupt keine Zeit, uns in Freude zurückzulehnen", lautet seine nüchterne Vorgabe. Binnen weniger Monate sollen jetzt die Vorbereitungen hochlaufen, damit die Ankunft am Kapitalmarkt noch in diesem Herbst möglich wird. Erklärtes Ziel: letztlich die Liga der Großen, der Deutsche Aktien-Index (DAX). In Abstimmung mit dem Bund als Eigentümer müssen dafür aber erst die Bedingungen geschaffen werden - von einem Privatisierungsvertrag bis zur Bildung der neuen Tochter für den Personen- und Güterverkehr, die an die Börse kommen soll. Und auch künftige Anleger warten noch auf die genauen Konditionen, zu denen sie einmal Anteile kaufen könnten. "Jetzt geht es darum, die Ware ins Schaufenster zu stellen", sagt Mehdorn. Und der Bund als bisheriger Alleineigentümer macht ebenfalls Tempo. Nur zwei Tage nach der Einigung der Koalitionsspitzen segnete das Kabinett am Mittwoch das Börsenkonzept für den letzten großen Staatskonzern ab. Demnach sollen 24,9 Prozent der Transportsparten verkauft werden - vom Nahverkehr über die ICE bis zu den globalen Logistikaktivitäten der Spedition Schenker. Der Mutterkonzern mit Gleisnetz, Bahnhöfen und Energieversorgung bleibt in der Hand des Bundes, der auch das entscheidende Wort in allen Aufsichtsgremien behält. Da der Staat so Gewährsträger bleibe, sei das kein Nachteil für Investoren, meint Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Unter Anlegerschützern hält sich die Begeisterung über die 24,9- Prozent-Schranke, auf der die SPD besteht, jedoch in Grenzen. Zwar sei es ein Schritt in die richtige Richtung. Die Bahn drohe dadurch aber ein "politisches Unternehmen" zu bleiben, kritisiert Lothar Gries, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). "Ein Investor soll investieren, aber nicht mitreden dürfen." Eine Aktie für Privatanleger wäre die Bahn daher zumindest vorerst kaum. Und risikolos sei es für Aktionäre ohnehin nicht. "Logistikunternehmen stehen in sehr starkem internationalen Wettbewerb". Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der auf etwa ein Drittel des frischen Geldes für seinen Etat hoffen kann, hat jedenfalls schon mit dem Werben begonnen. Vor allem Investoren mit längerfristigen Zielen sei bewusst, dass die Bahn "die am besten aufgestellte" in Europa sei. Mit ersten Interessenten habe er bereits gesprochen, ließ der Minister wissen. Und taxierte den zu erwartenden Emissionserlös auf sechs bis acht Milliarden Euro. Mit exakten Wertschätzungen hält sich aber auch Mehdorn zurück. Dass die Krise auf den Immobilien- und Finanzmärkten die Stimmung für den Börsenaspiranten verderben könnte, glaube er aber nicht. Intern ist der Vorstandsvorsitzende ebenfalls auf Motivationskurs. Formal sollen Aufsichtsrat und Hauptversammlung bald die Gründung der Börsentochter beschließen - eine Firma namens "DB Mobility Logistics AG" war sicherheitshalber im Februar ins Handelsregister eingetragen worden. Den Gewerkschaften Transnet und GDBA sagte Mehdorn rasch Arbeitsplatzgarantien bis 2023 zu. Und bei einer Konferenz in einem früheren Busdepot schwor der Bahnchef gerade 1200 Führungskräfte auf den künftigen Kurs ein. Dass Börsenluft den Konzern nach 14 Jahren Sanierung verändern werde, sei sicher: "Ich denke, es wird sich für die Bahn eine neue Welt eröffnen."
Mehdorns "neue Welt": Bahn bringt sich als Börsenaspirant in Stellung
Bahnchef Hartmut Mehdorn drängt es nach der ersehnten Weichenstellung der Politik mit Macht voran in Richtung Börse. "Wir haben überhaupt keine Zeit, uns in Freude zurückzulehnen", lautet seine nüchterne Vorgabe. Ein Hintergrundbericht.