Luftfrachtsendungen

Luftfrachtsendungen Worauf eigentlich zu achten wäre Bei Luftfrachtsendungen muss vom Absender bis zum Flugzeug die Fracht vor unbefugtem Zugang geschützt werden. Schwachpunkt ist hier oftmals der Vorlauf per LKW. Es sind acht knackige Punkte. Bindend ausgewiesen, schwarz auf weiß, in der Transporteurserklärung zur Einhaltung von Sicherheitsverfahren bei der Luftfrachtbeförderung. Vorgeschrieben ist danach eine „Schulung des Sicherheitsbewusstseins“ für all jene, die Cargo- und Luftpostsendungen transportieren. Sie müssen dafür sorgen, dass die Frachträume ihrer Fahrzeuge jederzeit versiegelt oder verschlossen sind. Das Mitführen von Ausweis und Führerschein ist Pflicht. Außerplanmäßige Stopps zwischen Abholung der Waren und deren Ablieferung sind untersagt. Und hat ein LKW eine Planenabdeckung, muss diese mit TIR-Seilen gesichert sein. So geht es weiter, Punkt für Punkt, auf einer ganzen DIN-A4-Seite. Damit ist die Transportsicherheit gewährleistet – auf dem Papier. Dass die Praxis oftmals anders aussieht, weiß jeder in der Branche. Etwa dann, wenn im Nahverkehr ein Abholer zehn verschiedene Ladestellen hat. Dann müsste er laut Vorschrift nach jedem Stopp den Laderaum seines Fahrzeugs per Vorhängeschloss verschließen oder anderweitig versiegeln. Ein zeitlicher Aufwand, den viele scheuen. „Die Schwachstelle innerhalb der gesamten Sicherheitskette ist der Abholungsprozess, also die Schnittstelle zwischen lokalem Trucker und Bekanntem Versender“, weiß Ralph Diringer aus Erfahrung. Da würden Verlader oftmals zu wenig drauf achten, ob der Fahrer die notwendige Schulung durchlaufen hat oder das Fahrzeug bei Ankunft vorschriftsmäßig abgeschlossen war, sagt der Luftfrachtchef von Streck Transport. „So reiht sich oftmals ein kleiner Fehler an den anderen.“ Weshalb der Manager dafür plädiert, das bestehende Regelwerk konsequenter umzusetzen. Manches störende Haar in der Sicherheitssuppe hat auch Norbert Claus entdeckt, Leiter der Trucker Akademie in Ottobrunn. Das Problem, sagt der Manager, seien nicht die großen Spediteure, die selbst den Status des Reglementierten Beauftragten hätten. Doch bei manchen der von ihnen eingesetzten Subunternehmen hapere es an vielerlei Dingen. Etwa an sprachlichen Voraussetzungen bei einigen Fahrern aus Osteuropa, die kein Deutsch verstehen. „Dann wissen sie auch nicht, was in den Sendungsbegleitdokumenten steht und was sie eigentlich transportieren“, kritisiert Claus. Es könnten ja auch Gefahrgüter sein, die auf einem LKW nicht nebeneinander gestapelt werden dürfen. Zu welchen grotesken Situationen Sprachbarrieren mitunter führen können, zeigt dieser Fall: So wunderte sich kürzlich ein Bodenabfertiger in Frankfurt, dass eine für den frühen Morgen angekündigte Luftfrachtsendung aus Nürnberg nicht eingetroffen war. Des Rätsels Lösung: Die beiden ungarischen Fahrer standen noch in den Mittagsstunden mit ihrem LKW auf dem Parkplatz des Lieferanten in Nürnberg. Sie waren davon ausgegangen, dass die Packstücke per Gabelstapler zu ihrem Fahrzeug gebracht werden würden. Claus weist auf ein anderes Problem speziell bei osteuropäischen Truckern hin: Sie können sich gegenüber den Verladern bisweilen nicht ausweisen, weil sie keine Dokumente dabeihaben. Ein klarer Verstoß gegen die Sicherheitsregel der Transporteurserklärung. Handelt es sich um Subunternehmer von Großspeditionen, „brauchst du schon mal einen halben Tag, bis du dort den Zuständigen am Telefon erwischst, der die Identität des Fahrers schließlich bestätigen kann“. Erschwerend hinzu komme, dass die Großlogistiker gar nicht die erforderliche Manpower hätten, um ihre Trucker gemäß der Transporteurserklärung zu auditieren und in puncto Einhaltung der Sicherheitsstandards vor Ort zu kontrollieren. Dieses Defizit bestätigt Rüdiger Suhrke, Mitinhaber und Geschäftsführer des Hamburger Handlingagenten THS Aircargo Services GmbH. „Die haben weder die Kapazitäten noch die nötige Zeit, um ihre Heerschar von Subs wirkungsvoll zu überprüfen.“ Mehr Sicherheit durch IT-Überwachung Dass die Schnittstellen bei der Luftfrachtsicherheit „immer das größte Problem“ sind, bestätigt Alex Schindler, Leiter der Rechtsabteilung beim Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Immer dann, wenn Waren von einer Hand in eine andere übergingen, sei die Kette erhöht fehleranfällig, so Schindler. Ob weitere Richtlinien, neue Erlasse oder Bestimmungen das änderten, bezweifelt er. Schindler wörtlich: „Die entscheidende Frage ist doch, ob immer mehr Bürokratie die Luftfrachtsicherheit wirklich erhöht.“ Als deutlich wirksameres Mittel plädiert er für mehr IT-Security. Durch die elektronische Abbildung des Warenflusses würde die Kette gläsern, Fehlerquellen könnten so konsequent ausgeschlossen werden. Ein Ansatz, der in der Praxis seinen Elchtest bestanden hat. In diesem Fall bei Suhrkes THS Aircargo Services. „Scope“ heißt hierfür das Zauberwort. Es ist ein von der Düsseldorfer IT-Schmiede Riege Software International entwickeltes elektronisches System, das die Angaben von Verladern und Spediteuren mit der EU-Datenbank automatisch abgleicht. Und nicht nur diese, sondern den gesamten Prüfpfad, also die Übereinstimmung des Sendungsablaufs mit allen in der EU-Transporteurserklärung genannten Sicherheitsbestimmungen. Bei Abweichungen müssen die Packstücke nachkontrolliert werden. Gleiches gilt, wenn aus Brüssel eine Warnung kommt. Dort steht ein zentraler EU-Server, in dem sämtliche Bekannten Versender und Reglementierten Beauftragten gespeichert sind. „Scope meldet uns automatisch zurück, falls die Sendung von einem Verlader oder Transporteur stammt, der nicht auf der offiziellen EU-Liste steht“, sagt Suhrke. Kommt diese Warnung als Rückmeldung, müssen die Packstücke geröntgt oder physisch nachkontrolliert werden. Seit Ende vergangenen Jahres läuft das Programm bei der THS. Die Ergebnisse bisher: Scope habe, resümiert der Firmenchef, die Sendungssicherheit drastisch erhöht sowie die Wartezeiten der Fahrer zwecks Abladung ihrer Waren am Frachtterminal der THS deutlich verkürzt. Gut für sein Unternehmen und die LKW-Transporteure: Beide Seiten melden einen messbaren Anstieg der Produktivität. ❙❚■ Heiner Siegmund, freier Journalist Die Schnittstelle Lager-Transporteur ist oftmals eine Schwachstellein der Luftfrachtsicherheitskette Röntgenanlage für Luftfracht Luftfrachtsendungen Anzeige Luftfrachtsendungen „Die RBs müssen die Trucker akribisch auditieren“ Worauf im Umgang mit Subunternehmen zu achten ist. Im Gespräch mit Rüdiger Suhrke, Mitinhaber und Geschäftsführer des Hamburger Luftfrachtabfertigers THS Aircargo Services GmbH. Herr Suhrke, Trucking sei die Schwachstelle innerhalb der Sicherheitskette für Cargo, wird oftmals gesagt. Korrekt oder falsch? Rüdiger Suhrke: Wenn dies stimmen würde, dann dürfte es im Prinzip keine Reglementierten Beauftragten (RB) mehr geben. Was Sie wie erläutern? Jeder RB muss seine Trucker gemäß der EU-Transporteurserklärung 185/2010 kontrollieren. In dem Dokument sind die Sicherheitsverpflichtungen des Truckers bei Luftfahrttransporten im Detail aufgelistet enthalten. Verstößt der Subunternehmer gegen die Vorschriften, haftet sein Reglementierter Beauftragter. Schließlich werden die Transporteure von ihren Reglementierten Beauftragten zugelassen und nicht vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA). Daher liegt die Haftung, sollte es zu Regelverstößen gegen die Transporteurserklärung kommen, letztlich immer beim RB. Nehmen Reglementierte Beauftragte damit indirekt hoheitliche Aufgaben wahr? Schließlich sind sie zur Kontrolle ihrer Transporteure ja gesetzlich verpflichtet. Das ist in der Tat so, denn die RBs müssen die Trucker akribisch auditieren, jeden Tag aufs Neue für die Einhaltung der Regeln sorgen, die Firmen unangemeldet kontrollieren. Unabhängig davon kann das LBA zusätzlich natürlich ebenfalls Inspektionen durchführen. Wie soll das bei ausländischen Fuhrunternehmen funktionieren, die auf dem deutschen Markt tätig sind? Eine schwierige Sache, denn in unseren Nachbarländern gelten teilweise unterschiedliche Sicherheitsgesetze und Bestimmungen. Etwa bei den Schulungsverordnungen. Unklar ist zum Beispiel auch, welches Recht ein deutscher RB hat, seine ausländischen Transporteure vor Ort zu auditieren. Laut EU-Transporteurserklärung müsste er das eigentlich machen. Aber ist das in Polen, Österreich oder Tschechien de facto wirklich umsetzbar? Da habe ich meine Zweifel, weil mögliche nationale Gesetze dem entgegenstehen könnten. Das sind völlig ungeklärte Alltäglichkeiten, mit denen sich die Reglementierten Beauftragten immer wieder neu herumschlagen müssen. hs Interview Rüdiger Suhrke