Rostock. Langsam schwebt am 100 Meter hohen Kran ein 600 Tonnen schwerer Wohnblock. Arbeiter am Boden geben der Kranführerin hoch oben zentimetergenaue Anweisung. Beim Absetzen auf dem Deck des vorerst letzten Containerschiffs, das in der Nordic-Werft in Rostock-Warnemünde gebaut wird, darf kein Kratzer am Schiffsrumpf oder an der Wohnraumsektion entstehen. Bis zu 30 Seeleute können darin wohnen, es gibt sogar einen kleinen Swimmingpool.
Routiniert geht den Werftbeschäftigten am Freitagmorgen die Arbeit von der Hand, der Bau von Schiffen, insbesondere von Containerschiffen, hat eine lange Tradition in Warnemünde. Mehr als fraglich ist derzeit aber, ob diese Tradition weiter gepflegt werden kann. Letztlich wären alle froh - nicht nur in Warnemünde - wenn die Arbeit überhaupt weitergehen könnte.
Rund 200 Leute sind an dem 220 Meter langen und rund 7000 Tonnen schweren Schiff beschäftigt, dass noch zur Zeit der Wadan-Werft von der Laeisz-Reederei bestellt worden war. Aber im Zuge der Insolvenz im Juni 2009 wurde der Auftrag storniert. Monatelang lag ein halber Schiffsrumpf vor der Werft. Neuer Auftraggeber ist die Hammonia Reederei in Hamburg. "Wir sind im Zeitplan, das Schiff wird Ende Mai fertig", sagt der Leiter der Fertigung in Warnemünde, Manfred Kucharzak.
Vor der Insolvenz, die nach Expertenansicht sowohl durch die weltwirtschaftliche Lage als auch Fehler des Managements verursacht wurde, waren an den beiden Standorten in Warnemünde und Wismar rund 2400 Mitarbeiter beschäftigt. "Gegenwärtig sind es an den beiden Standorten 851 Mitarbeiter, davon 89 Auszubildende", sagt Firmensprecherin Tina Mentner. In Wismar entsteht gerade für 100 Millionen Euro ein Spezialtanker für den russischen Bergbau-Konzern Norilsk Nickel.
Für das im September 2011 beginnende Ausbildungsjahr möchte Nordic Yards 30 neue Auszubildende für beide Standorte einstellen. Sie sollen Konstruktionsmechaniker, Anlagenmechaniker und Betriebselektriker werden. Die jungen Menschen sind für Kucharzak ein Indiz dafür, dass es mit der Werft an der Warnow unter Führung des Eigentümers Witali Jussufow gut weitergeht.
Die Arbeiten für den nächsten und bislang letzten großen Auftrag, eine Transformatoren-Plattform für einen Nordsee-Windpark, sollen im Frühjahr beginnen. "Auch hier sollen rund 7000 Tonnen Stahl verbaut werden, da gibt es dann bis 2012 Arbeit für gut 400 Leute", sagt Kucharzak. Nordic beteilige sich auch an kleineren Ausschreibungen, um die Leute in Arbeit zu halten. Die Zukunft der Warnemünder Werft werde aber eher in Richtung Windenergie gehen.
Noch warten viele ehemalige Wadan-Beschäftigte darauf, dass es auch für sie weitergeht. Wie viele Arbeiter noch im Wartestand sind, ist nicht bekannt. Doch Kucharzak sagt, dass bei den Leuten, die noch draußen sind und keine Arbeit gefunden haben, die Stimmung mehr als gedämpft ist. Ende Juli 2010 waren die Transfer-Gesellschaften ausgelaufen. (dpa)