Langsam lichtet sich

Langsam lichtet sich der feine NebelFür die Lackierwerkstätten endet am 1. November die letzte Schonfrist. Um weitere 50 Prozent müssen dann die Emissionen runter. Nach sechsjähriger Vor- bereitung wird es nun Ernst. Mit dem zarten Pflänzchen Umweltschutz unter dem Arm gehen seit einiger Zeit nicht nur die Politiker hausieren. Auch die Industrie reckt immer deutlicher den grünen Daumen in die Höhe. Ab dem 1. November werden auch die Lackieranlagen in den Werkstätten umweltfreundlicher. Dann greift die nächste Stufe des 31. Bundesimmissionsschutzgesetzes (31. BImSchV), die noch strengere Umweltwerte für die Lackierbetriebe vorschreibt. 1999 sagte die EU den ozonfördernden Lösungsmitteln den Kampf an. Die Umweltfront zieht sich hierbei vor allem durch die lackverarbeitenden Unternehmen. Da sie am meisten mit den flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), die unter anderem beim Verarbeiten der lösungsmittelhaltigen Lacke freigesetzt werden, zu tun haben. Bis 2010 sollen die Emissionswerte von 1990 um 69 Prozent gesenkt werden. Betroffen sind hierbei Lackieranlagen zur Reparaturlackierung von Kraftfahrzeugen, Aufbauten oder Trailern, die nicht mehr als 15.000 Kilogramm Lösemittel pro Jahr verbrauchen – wozu die Mehrzahl der bundesweit zwischen 10.000 und 12.000 Instandsetzungs- und Lackierbetriebe zählt. Neuanlagen unterliegen schon länger den neuen Grenzwerten, die ab dem 1. November auch für die Altanlagen verbindlich sind. In den vergangenen zwei Jahren lagen diese Höchstmengen um 50 Prozent höher. Bis 2009 werden die Werkstätten nun überprüft, ob sie die neuen Vorgaben einhalten. Bei Neuanlagen schauen die Umweltämter bereits innerhalb des ersten halben Jahres nach Betriebsstart auf die veränderte Ökobilanz.Zwei Wege, die Ökobilanz aufzubessern Der Gesetzgeber gibt den Werkstätten dabei zwei Wahlmöglichkeiten, wie sie den VOC-Ausstoß zurückfahren können. Entweder die Werkstatt stellt sicher, dass sie die strikten Emissionsgrenzwerte für Abgase einhält und dazu die nötigen technischen Reinigungsanlagen installiert, oder das Unternehmen reduziert schrittweise den Einsatz von lösungsmittelhaltigen Lacken und VOC-freisetzenden Verfahren. Hierbei belegt die Firma anhand von Einkaufs- und Verbrauchsdaten, wie viel Lösungsmittel verwendet worden ist und erstellt somit ein Bild über ihre Emissionssituation. Hilfe beim Erstellen der Bilanz bietet unter anderem eine Softwareanwendung der Effizienz Agentur Nordrhein-Westfalen (siehe Tipp-Kasten S. 55). Nach dem Abgleich der Bilanz mit den erlaubten Höchstmengen wird ein Reduzierungsplan aufgelegt, mit dessen Vorgaben schrittweise die Umweltbelastung gemindert werden soll. Beim so genannten Typ A des Plans wird ein genauer Zielemissionswert vorgegeben. Der Typ B ist praxisnaher, da im vereinfachten Reduzierungsplan keine Lösemittelbilanz erstellt werden muss. Hier reicht der Nachweis, dass das Unternehmen statt konventioneller Lacke lösemittelarme Produkte und Verfahren verwendet und somit die Gesamtbilanz entlastet. Die entsprechenden VOC-Höchstwerte für die Produkte hat der Gesetzgeber genau vorgegeben (siehe Tabelle unten). Lösungsmittelreduzierte Alternativen Die Lackproduzenten, wie Sikkens, BASF oder Spies Hecker, haben sich seit einigen Jahren auf die neue Situation eingestellt und entsprechend die Zusammensetzung der Produkte verändert. Produzierten die deutschen Hersteller im Jahr 1997 fast 35.000 Tonnen lösemittelarme Dispersionslacke, waren es 2006 schon zweieinhalbmal so viele, nämlich 91.715 Tonnen. Insgesamt erhöhten die rund 230 Lackfabriken innerhalb von zehn Jahren ihre Produktion von umweltschonenden Lacken von knapp 186.000 Tonnen auf fast 235.000 Tonnen. Die zunehmende Verwendung der ökologischen Lacke sparte laut einer Rechnung des Deutschen Lackinstitutes in den vergangenen zehn Jahren rund 1,4 Millionen Tonnen Lösungsmittel ein. Die lösungsmittelarmen wässrigen Lacke sind dabei vor allem in den PKW-Werkstätten verbreitet. Im NFZ-Bereich vertraut man oftmals noch den Lacken nach konventioneller Mischung. Die Umstellung auf Wasserlacke hat für die Firma, sowohl was die Arbeitsmittel (neue Spritzpistolen, Ablüft- und Reinigungshilfen werden benötigt) als auch was die Handhabung betrifft, Konsequenzen.Das Team von Dieter Ondratschek vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stutt-gart hat das Verhalten von Wasserlacken in der Metall- und Holzverarbeitung untersucht. Tipps im Umgang mit WasserlackenSo rät der Fachmann, die Wasserlacke nicht zu stark abkühlen zu lassen und am besten bei Raumtemperatur zu verarbeiten. Zudem sollte nur die tatsächlich benötigte Menge aufgetragen werden, da die Dauer bis zum Erreichen eines bestimmten Trocknungsgrads überproportional mit der Lackschichtdicke wächst. Grundsätzlich ist die Abdunstung von Wasserlackschichten problematischer als bei Lösemittellacksystemen. Deshalb sollten optimale Ablüftbedingungen geschaffen werden. Zudem neigen die Wasserlackschichten zur Hautbildung, was das Austreten des Wassers zusätzlich erschweren kann. Die lackierten Teile einer ausreichend starken Luftströmung auszusetzen, verringert die Trocknungszeit, so der Rat des Experten.Aber die Wasserlacke sind mehr als nur umweltschonend. Eine Studie der Universität Karlsruhe und des Landesinnungsverbandes des Maler- und Lackiererhandwerks Baden-Württemberg kam zu dem Ergebnis, dass diese Produkte nicht nur die Emission nahezu halbieren, sondern auch Materialkosten einsparen helfen. Außen vor bei der Diskussion um neue Grenzwerte sind die Oldtimer-Freunde. Denn wer seinem LKW-Veteranen neuen Glanz verleihen will, kann selbst entscheiden, ob er zum Ökolack greift. ❙❚■ Rocco SwantuschAuch für Altanlagen gelten ab dem 1. November strengere Vorgaben im Umgang mit LackenTippUnter folgendem Link finden Unternehmen eine von der Effizienz Agentur NRW entwickelte Excel-Tabelle. Diese hilft bei der Aufstellung der betriebsspezifischen Lösemittelbilanz und einem Reduzierungsplan.www.efanrw.de/index.php?sid=257Anno 1912: Mit feinen Pinselstrichen wurde die Karosserie verschönert. Trocknungszeit: 6 Wochen Höchstwerte für die VOC-Konformen StoffeEinsatzstoffWerkzeugreinigerVorreinigungsmittelSpachtelWaschprimerHaftgrundierungGrundierfüllerVOC-Wert (g/l)850200250780540 (1)540 (1)EinsatzstoffSchleiffüllerNass-in-NassfüllerEinschicht-Uni-DecklackBasislackKlarlackSpezialprodukteVOC-Wert (g/l)540 (1)540 (2)420420420 (3)840 (3), (4)

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